Fantasy Island, USA 2020 • 110 Min • Regie: Jeff Wadlow • Mit: Lucy Hale, Maggie Q, Michael Peña, Austin Stowell, Portia Doubleday, Ryan Hansen, Jimmy O. Yang, Michael Rooker • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 20.02.2020 • Website
Handlung
Fünf Fremde gewinnen einen Trip zur Fantasy Island, der Insel des geheimnisvollen Mr. Roarke (Michael Peña), der ihre innigsten Träume zu erfüllen verspricht. Auf der paradiesischen Insel angekommen, erklärt Roarke den noch skeptischen Gästen die unumstößlichen Regeln. Obwohl der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, hat jeder nur einen Wunsch, der zur Realität werden kann. Außerdem muss die Fantasie bis zu ihrem natürlichen Ende ausgelebt werden, einschließlich aller möglichen Konsequenzen. So unwahrscheinlich es erscheint, hält Roarke, was er verspricht. Die beiden feierlustigen Stiefbrüder J. D. (Ryan Hansen) und Brax (Jimmy O. Yang) wünschen sich einfach "alles" und bekommen die Poolparty ihres Lebens mit zahlreichen heißen Frauen und Männern, Drogen und einem eigenen Waffenarsenal; Ex-Polizist Patrick (Austin Stowell) möchte Soldat sein und wird Teil einer Geiselbefreiungsmission; Melanie (Lucy Hale) wünscht sich Rache an dem Mädchen, das sie zu Schulzeiten gemobbt hat; die traumatisierte Gwen (Maggie Q) hat den komplexesten Wunsch und möchte eine zweite Chance, ihr Leben anders zu gestalten. Auch diese Fantasie geht auf wundersame Weise in Erfüllung. Doch nichts im Leben ist geschenkt und jede Fantasie hat auch ihre Schattenseiten, wie die fünf Gäste von Mr. Roarke sehr schnell feststellen. Es gibt jedoch kein Zurück mehr und schon bald geht es für die Beteiligten um Leben und Tod, denn die Insel verlangt ihre Opfer.
Kritik
Wenn ein Studio beschließt, einen Film vor Kinostart der Presse nicht zu zeigen, gibt es in aller Regel jeden Grund, das Schlimmste zu befürchten. In Anbetracht dieser gesenkten Erwartungen entpuppt sich Fantasy Island als ein überraschend kurzweiliger, abstrus-alberner, harmloser Spaß, der die Zuschauer mit flottem Tempo und einer sich stets entfaltenden Geschichte über den Großteil seiner Laufzeit bei Laune hält. Erst gegen Ende bricht er unter der Last seiner Logiklücken und hanebüchenen Erklärungen zusammen.
Fantasy Island basiert auf der gleichnamigen Kultserie aus den Siebzigern und Achtzigern, in der Ricardo Montalbán Michael Peñas Rolle als makellos in Weiß gekleideter Mr. Roarke verkörperte. Die Serie schaffte es erst mehrere Jahre nach ihrem eigentlichen Ende ins deutsche Fernsehen und das Format war so beliebt, dass ZDF sogar eine kurzlebige eigene Version unter dem Titel "Insel der Träume" produzierte. Trotz gelegentlicher Verweise auf die Vorlage, ist diese für die Zuschauer des Films kaum von Belang, denn sein junges Zielpublikum war noch gar nicht auf der Welt, als die beiden Serien liefen. Fantasy Island ist vor allen Dingen die neuste Produktion von Hollywoods erfolgreichster Horrorschmiede Blumhouse. Diese hat sich seit Jahren auf kostengünstig produzierte, mainstreamtaugliche Genrefilme meist junger Filmemacher spezialisiert und feiert mit diesem Konzept einen Hit nach dem anderen. Qualitativ gibt es bei Blumhouse große Schwankungen. Für jeden aufrichtig guten Film wie Get Out oder Insidious gibt es auch Rohrkrepierer wie The Gallows oder Ouija.
Auch Fantasy-Island-Regisseur Jeff Wadlow hat vor zwei Jahren für Blumhouse den unsäglichen Horrorstreifen Wahrheit oder Pflicht verbrochen, in dem ebenfalls "Pretty Little Liars"-Star Lucy Hale die Hauptrolle gespielt hat. Sein zweiter Anlauf ist zwar noch keine vollwertige Wiedergutmachung dieser vergeudeten Lebenszeit und leidet zum Teil immer noch unter gleichen Problemen, stellt aber insgesamt eine deutliche Verbesserung dar. Fantasy Island nimmt das grobe Grundgerüst der Serie und trimmt es auf Grusel. Seine horrorlastigen Elemente, wie die entstellten, geisterhaften Erscheinungen, die auf der Suche nach einem billigen Jump Scare immer wieder hinter den Protagonisten auftauchen, wirken abgedroschen. Viel besser funktioniert der Film, wenn er die Fantasien der Inselgäste getreu dem Spruch "Sei vorsichtig, was du dir wünschst" ausspielt. Durch vier verschiedene solcher Traumszenarien bietet er in der ersten Filmhälfte viel Abwechslung und sorgt für reichlich Neugier, denn man fragt sich zwangsläufig, wann und wie es für jeden jeweils schiefgehen wird. Und das tut es natürlich, denn wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es das üblicherweise auch nicht. Diese Weisheit kennen die Inselgäste, bis auf die skeptische Gwen, die als einzige von Anfang an ihren Verstand einzusetzen scheint, offenbar nicht. Roarke lullt die anderen in ein falsches Gefühl der Sicherheit und Aufregung ein, obwohl sogar ein kurzer Blick auf seine Helfer verrät, dass sie offenbar als Statisten für einen Horrorfilm besetzt worden sind.
Wer echten Horror sucht, dem wird Fantasy Island zu zahm sein. Einige sichtbare Schnitte sprechen dafür, dass der Film ursprünglich für eine höhere Altersfreigabe gedreht wurde. Ein Genrefilm braucht nicht zwingend ein R-Rating, um extrem unterhaltsam zu sein, wie Happy Deathday und sein Sequel erst kürzlich bewiesen haben, doch ungeschickt platzierte grobe Schnitte hinterlassen keinen guten Eindruck.
Am meisten macht Fantasy Island Spaß, wenn die Protagonisten, wie auch die Zuschauer, keine Ahnung haben, was gerade abgeht, während ihre Idylle ihnen entgleitet und aus einem Traum schnell ein Albtraum wird. Den Übergang schafft der Film mal mehr, mal weniger gut. Während einige ihre Fantasie lange Zeit auskosten dürfen, bevor sie ihren Tribut fordert, gehen die Träume anderer schon auf Anhieb schief. Eine neue Wende kommt, wenn die eigentlich separaten Fantasien zusammenlaufen.
Der Film wandelt auf dem schmalen Grat der Absurdität zwischen kurzweiliger Unterhaltung und ungläubigem Augenverdrehen. Tatsächlich schafft er es lange Zeit, auf der richtigen Seite zu bleiben. Im dritten Akt macht er jedoch den Fehler, einen weiteren haarsträubenden Twist draufzusetzen und dann zu versuchen, alles zu erklären. Er müht sich so redlich ab, keine Fragen offen zu lassen, dass man beinahe erwartet, dass die Drehbuchautoren gleich für eine Frage-Antwort-Runde auf der Leinwand erscheinen. Stattdessen taucht im Film ein leicht dubios wirkender Michael Rooker als Erklärbär auf. Ich bin der Letzte, der sich über Rookers Präsenz in irgendeinem Film beschweren würde, doch sein Charakter ist hier lediglich auf Deus-ex-Machina und Exposition reduziert. Dennoch macht es mehr Spaß, ihm zuzuschauen als den meisten anderen Darstellern des Films. Lucy Hale scheint mit ihrer Rolle zuweilen überfordert zu sein, Maggie Q wechselt nur zwischen wehmütigen und besorgten Blicken, und Ryan Hansen spielt auch 13 Jahre nach dem (ersten) Ende von "Veronica Mars" immer noch Dick Casablancas.
Der Film zerrt gegen Ende immer weiter an jeglicher marginaler Glaubwürdigkeit, die er zumindest innerhalb seines irrwitzigen Konstrukts noch hatte. Die flotte, unbeschwerte Leichtfüßigkeit wird unter dieser Erklärungsnot und dem Bestreben, den Zuschauern immer wieder den Boden unter den Füßen wegziehen, von Schwerfälligkeit verdrängt.
Um Fantasy Island in vollen Zügen zu genießen, muss man es den hauchdünnen Charakteren gleichtun, den gesunden Menschenverstand außen vor lassen und sich auf die chaotische Mischung aus Butterfly Effect, "Lost" und Teuflisch mit Brendan Fraser (minus beabsichtigten Humor) einlassen. Der Streifen erfüllt leider nicht die Fantasie von einem wirklich runden Kinoerlebnis, indem er sich selbst am Schluss torpediert. Vertritt man jedoch die Meinung, dass der Weg das Ziel ist, dann kann man 110 Minuten auch schlechter investieren.
Fazit
Fantasy Island bereitet deutlich mehr Spaß als er bei seiner abstrusen Handlung, eindimensionalen Charakteren und einigen Horrortricks aus der Mottenkiste vielleicht sollte. Doch solange sich der Film selbst nicht allzu ernst nimmt und man es als Zuschauer auch nicht tut, wird man gut unterhalten und mit offenen Fragen und Wendungen bei Stange gehalten. Erst als er auf Biegen und Brechen versucht, alles zu erklären und dabei cleverer zu sein als er eigentlich ist, wird es eher anstrengend.