31, USA/GB 2016 • 102 Min • Regie & Drehbuch: Rob Zombie • Mit: Sheri Moon Zombie, Jeff Daniel Phillips, Lawrence Hilton-Jacobs, Meg Foster, Malcolm McDowell, Richard Brake • Kamera: David Daniel • Musik: John 5 • FSK: ab 18 Jahren • Verleih: Tiberius Film • Kinostart: 27.10.2016 • Website
Holy. Shit. Und die Betonung liegt eindeutig auf letzterem: Heilig ist an Rob Zombies Survival-Exploitation „31“ nämlich gar nichts – bescheiden und wahrhaft grenzwertig dagegen Einiges. Der Industrial-Rocker und Regisseur polarisierender Genre-Kultstreifen wie „Haus der 1000 Leichen“ (2003) oder „The Devil´s Rejects“ (2005) macht in seinem neuesten Werk keine Gefangenen, auch nicht bei seinem Publikum. So darf man seine reichlich charakterlosen Charaktere gleich zu Beginn beim Sex oder Stuhlgang beobachten, während Sheri Moon Zombie (die Ehefrau des Auteurs) einem notgeilen Tankwart stimulierend zur Hand geht. Aber es geht natürlich noch weiter: Im Verlauf des Szenarios (Handlung wäre hier der falsche Begriff) gibt es noch Hakenkreuze galore, die Toraufschrift von KZs an Türen und eine Ansprache des Führers im Originalton. Wem das noch nicht reicht, muss außerdem einen Witz über einen Blowjob durch ein Neugeborenes überstehen – nicht bloß unter den hiesigen Jugendschutzbeauftragten dürften ungläubig die Köpfe geschüttelt werden.
Für eine Gruppe von Jahrmarkts-Mitarbeitern verläuft die Halloween-Nacht des Jahres 1976 alles andere als vorhersehbar: Auf einer dunklen Landstraße wird ihr Wohnwagen von einer Horde Psycho-Clowns (in Ermangelung einer besseren Beschreibung) brutal überfallen und ein Teil des Teams abgeschlachtet. Die Überlebenden Charly (Sheri Moon Zombie), Roscoe (Jeff Daniel Phillips), Panda (Lawrence Hilton-Jacobs), Venus (Meg Foster) und Levon (Kevin Jackson) finden sich gefesselt an einem unbehaglichen Platz wieder, an dem der grotesk gekleidete Father Murder (Malcolm McDowell) zusammen mit zwei nicht minder auffälligen Damen ein Spiel ausruft – nein, „Monopoly“ ist es nicht! Den unfreiwilligen Gästen wird schnell klargemacht, dass sie als Beute während einer erbarmungslosen Menschenjagd herhalten sollen und ihre einzige Chance auf Freiheit darin besteht, zwölf Stunden in dem unübersichtlichen Labyrinth zu überstehen. Die sinistren Zeitgenossen Sick-Head, Schizo-Head, Psycho-Head, Death-Head, Sex-Head und Doom-Head sind ihnen bereits blutlechzend auf den Fersen …
Ursprünglich hatte Rob Zombie sich ja vorgenommen, nach seinem insgesamt recht mauen Spuk „Lords of Salem“ (2012) dem Horror zunächst den Rücken zu kehren und endlich sein Herzprojekt – einen Hockey-Film! – in Angriff zu nehmen. Doch nachdem dieser Traum im Sand verlaufen ist, blieb der Schuster doch bei seinen Leisten: „31“ ist nach dem relativ zahmen Vorgänger und den kontrovers aufgenommenen „Halloween“-Neuauflagen eine glasklare Rückkehr zu den Grindhouse-Wurzeln Zombies. Hier trifft thematisch die Stephen-King-Adaption „Running Man“ (1987) auf den hysterischen Terror eines Tobe Hooper – nur durch die sehr gewöhnungsbedürftige Brille des Regisseurs und Autoren zusätzlich verzerrt und von nahezu jeglichem Tiefgang und glaubwürdigen Narrativ befreit. „31“ ist Trash und will auch gar nichts anderes sein. Für Fans gedreht und teilweise durch Crowdfunding auch von Fans finanziert, hangelt sich Zombie von einem blutigen Zweikampf zum nächsten. Langeweile kommt dabei selten auf, und wer ohnehin auf inhaltliche Erklärungen (warum legt der ominöse Geheimbund so viel Wert auf das Spiel, wer sind die Veranstalter, wodurch findet die Überwachung der Spieler statt, was treiben die Spieler in den stundenlangen Zeitlücken zwischen den Kämpfen?), ansprechende Dialoge (Fuck! Shit! Bitch! Repeat!) oder sympathisch gezeichnete Protagonisten pfeift, könnte auf einem sehr niedrigen Niveau auf seine Kosten kommen. Vorausgesetzt, man kann und möchte die eingangs angeführten Geschmacklosigkeiten und andere peinliche Momente einfach so runterschlucken.
Dass Rob Zombie in „31“ nicht mit Blut und Gewalt geizt, zeigt bereits sein jüngster Konflikt mit der US-Freigabebehörde MPAA auf, die dem Film in seiner Urfassung das kommerziell tödliche NC-17-Siegel (keine Freigabe unter 17 Jahren) aufdrücken wollte. Zweimal musste der Regisseur die Schere ansetzen, um doch noch ein R-Rating aus dem Stoff herauszuschneiden. Die nun vorliegende Version ist in der Tat noch immer nicht zimperlich, aber im Vergleich auch nicht wesentlich härter als einige von Zombies früheren Arbeiten. Das ganz große Splatter-Feuerwerk bleibt aus – das nur als Warnung an die Gorehounds!
In Anbetracht des geringen Budgets mussten auch inszenatorisch einige Abstriche gemacht werden: Auch wenn der filmemachende Rockstar bereits seit seinen Musikvideos weiß, wie man mit wenig Geld schicke Bilder erzeugen kann, hinterlassen vor allem die billig wirkende Ausstattung und (bewusst?) wackelige Kameraarbeit einen faden Nachgeschmack in dem ohnehin teils ranzigen Brei. Der mit allen Mitteln auf Nihilismus und Sadismus gekämmte „31“ dürfte von Hardcore-Fans als weiterer – mehr oder weniger – gelungener Eintrag ins Rob-Zombie-Universum gewertet werden, während wohl die Mehrheit der Kinogänger arge Schwierigkeiten mit kleinwüchsigen Hitler-Fetischisten oder mordenden, „Hänschen klein“-singenden Transvestiten haben dürfte. In einer späten Szene entfährt einer verzweifelten Protagonistin ein „What the fuck is going on?!“ – das habe ich mich allerdings schon viel früher gefragt.
Schließen wir die Rezension zu diesem stumpfen Machwerk aber doch mit dem klaren Highlight ab: Als gesprächiger Killer Doom-Head hinterlässt der aus Nebenrollen bekannte Richard Brake eine beängstigende Duftmarke. Mich würde es nicht wundern, wenn Quentin Tarantino den Mimen in Zukunft ebenfalls für sich entdeckt.
Trailer