USA 2013 • 118 Min. • Regie: Carl Rinsch • Drehbuch: Chris Morgan, Hossein Amini • Mit: Keanu Reeves, Hiroyuki Sanada, Kô Shibasaki, Tadanobu Asano, Rinko Kikuchi, Cary-Hiroyuki Tagawa, Min Tanaka • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 30.01.2014 • Deutsche Website
Handlung
Japan zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Fürst Asano (Min Tanaka) bereitet seinen Hof für den Besuch von Shôgun Tsunayoshi (Cary-Hiroyuki Tagawa) und Fürst Kira (Tadanobu Asano) vor. Kurz nach Ankunft seiner Gäste wird Asano Opfer einer Intrige Kiras. Durch den Fluch einer Hexe (Rinko Kikuchi) geht er auf den unbewaffneten Fürsten Kira mit dem Schwert los. Auf dieses Verbrechen steht der Tod. Nach dem Ableben ihres Herrn werden die ihm treu untergebenen Samurai in den Stand von Ronin (herrenlose Samurai) degradiert, die dadurch sämtliche Privilegien des Samurai-Stands verlieren. Fürst Kira übernimmt den Hof und zwingt Asanos Tochter Mika (Kô Shibasaki) zur Heirat. Die ehemaligen Samurai schickt er in die Verbannung. Doch ihr Anführer Ôishi (Hiroyuki Sanada) sinnt auf Rache für seinen hintergangenen Fürsten. Dafür benötigen er und seine Gefährten jedoch die Hilfe vom Halbblut Kai (Keanu Reeves), der zu Asanos Zeiten von den Samurai aufgrund seiner Herkunft ausgeschlossen wurde. Fürst Asano hatte ihn dennoch aufgenommen und großgezogen. Getrieben von dem Willen nach Gerechtigkeit, planen die 47 Ronin einen Angriff auf Kiras Festung. Für Kai steht noch mehr auf dem Spiel – er will unter allen Umständen Fürstentochter Mika befreien, in die er sich unsterblich verliebt hat.
Kritik
Willkommen zur knapp zweistündigen Lehrveranstaltung „Einstieg in die Geschichte und Kultur Japans“ – made in Hollywood. Die Legende der 47 Ronin ist in Japan besser unter dem Titel „Chûshingura“ bekannt, was so viel wie „das loyale Gefolge“ bedeutet. Sie wurde mehrfach in Japan verfilmt und ist eine Art historisches Heiligtum. Im Mittelpunkt steht die bedingungslose Treue der Samurai ihrem Herrn gegenüber, die selbst den Tod des Fürsten überdauert. Die Geschichte ist so tief in das japanische Bewusstsein verwurzelt, dass es sogar ein eigenes Festival (Gishisai) zum Gedenken an die loyalen 47 Samurai gibt. Keine leichte Aufgabe also, diese tief in die japanische Kultur verwurzelte Geschichte als nicht japanisches Studio originalgetreu nachzuerzählen. Dennoch hat Carl Rinsch mit 47 Ronin ein Hollywood-Debüt gewagt.
Rinsch hat einen großen Wert auf Authentizität in Bezug auf die Umsetzung der Originallegende gelegt. Die Story dürfte damit vor allem eingefleischte Freunde der Historie ansprechen. Diejenigen, die eher weniger mit solchen Stoffen anfangen können, dürften ihre Schwierigkeiten haben. Das könnte auch ein Grund für das Scheitern an den US-Kinokassen sein. Und das ist wirklich schade. Denn Carl Rinsch hat eine gute Balance zwischen dem Original und unterstützenden Zusatzelementen in der Neuinterpretation gefunden. Für seinen ersten Spielfilm mit einer anspruchsvollen Vorlage ist das keine schlechte Leistung. Schon gar nicht, wenn man sich vorher als Werbe- und Kurzfilmregisseur einen Namen gemacht hat.
Mit 47 Ronin hat Rinsch ein opulentes 3-D-Abenteuer geschaffen, das durch seine aufwendig gefilmten Bilder beeindruckt. Die Detailtreue der Handlungsorte, die den Zuschauer ins Japan Anfang des 18. Jahrhunderts eintauchen lässt, kombiniert mit moderner Produktionstechnik verleiht dem Film das Flair eines modernen Samurai-Films. Beeindruckend daran ist vor allem, dass er das schafft, ohne auch nur eine Szene in Japan gedreht zu haben. Der Großteil der Bilder entstand in Studios in Budapest und Großbritannien. Der vornehmlich japanisch besetzte Cast und die realistische Gestik und Mimik der Schauspieler tragen ihr Übriges zum Flair des Films bei. Stars wie Hiroyuki Sanada, Tadanobu Asano und Rinku Kikuchi haben in zahlreichen japanischen – sowie internationalen – Produktionen mitgewirkt.
Lediglich Keanu Reeves passt nicht ganz in das Bild der Chûshingura und des klassischen Samurai-Films. Das Einflechten des „Halbbluts“ Kai in die Story mag streng genommen nicht in den Kontext der Geschichte passen. Dadurch dass die Haupthandlung des Originals jedoch nicht in ihrer Grundidee gestört wird, kann dieser Umstand weitestgehend verziehen werden. Außerdem wird die unterwürfige Rolle Kais deutlich gemacht, ohne dass die Außenseiterfigur am Ende zum glorifizierten Superhelden avanciert, so wie es Hollywood normalerweise am liebsten zeigt. Und genau das kommt wiederum der Glaubwürdigkeit des Films zugute. Abgesehen von der Handlung wurde Reeves offensichtlich als Identifikationshilfe für den westlichen Zuschauer mit in den Film eingebaut. Er spielt dabei wohlgemerkt nicht die Hauptrolle, sondern ist viel mehr ein Antriebsmotor für die Handlung. Und diese Aufgabe übernimmt er schauspielerisch gekonnt.
Auf übertriebene technische Effektspielereien wurde verzichtet. Man ist der Zeit, in der der Film spielt, treu geblieben. Es wurden hier und da Wesen der japanischen Mythen- und Sagenwelt mit in den Plot eingebaut, andere wurden neu hinzugefügt. Die Mischung ist dabei auch technisch im Großen und Ganzen gelungen. Auf den Kampf gegen den Oger auf der Insel der Holländer hätte man allerdings gern verzichten können. Darüber hinaus sind vor allem die Kampfszenen gelungen, die durch spannende Kamerafahrten und den 3-D-Effekt noch mal imposanter wirken. In anderen Szenen sind die 3-D-Bilder jedoch weniger hilfreich und eher überflüssig als nützlich. So wird in den erzählenden Parts kaum bis gar keinen Gebrauch von den Möglichkeiten dieser Technik gemacht. Der Film hätte also mit kleinen Abstrichen auch gut ohne 3-D in die Kinos kommen können. Außerdem hätte man in diesem speziellen Fall so einen Teil der enormen Produktionskosten von über 175 Millionen US-Dollar einsparen können.
Fazit
Mit 47 Ronin hat Carl Rinsch ein opulentes Spielfilmdebüt im klassischen Stil des Samurai-Films geschaffen. Bis auf ein paar Abstriche ist es gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Hollywood- und klassischen Elementen des japanischen Films zu finden. Dennoch erfordert der Stoff ein Grundverständnis japanischer Kultur, wenn man die Legende der 47 herrenlosen Samurai gänzlich nachvollziehen möchte. Das Einflechten von Keanu Reeves in die Legende wird manchen Japaner zum Kopfschütteln zwingen. Immerhin wurde beim Vokabular auf Richtigkeit geachtet. So wurde beispielsweise von Seppuku und nicht von Harakiri gesprochen, eine enorm wichtige Vokabel für den gesamten Film. Die Filmemacher – insbesondere Regisseur Rinsch – waren zumindest bemüht, dem Ganzen Originalität zu verleihen. Und das ist ihnen insgesamt auch gut gelungen.
Ein super Fantasyfilm in Anlehnung an eine wahre Geschichte! Eigentlich ist die korrekte Übersetzung ins japanische "Shijūshichi-shi" oder auch "Akō Rōshi" und bedeutet Rônin aus Akô. Die Geschichte der 47 Rônin ist ein wichtiger Teil der japanischen Geschichte. Im Tempel Sengaku-ji in Tokyo stehen die 47 Gedenksteine der 47 Ronin. Ein sehr spiritueller Ort dessen Besuch ich jedem ans Herz legen kann. Wer sich für die original Geschichte interessiert dem empfehle ich das Buch: "Die Geschichte der 47 Ronin" von John Allyn ins deutsche übersetzt und verlegt von schlatt-books.