© Freemantle Australia
Quelle: Deadline
Hätte man mir vor einem halben Jahr gesagt, dass ich hier mal über eine australische Soap schreiben würde, hätte ich einfach ungläubig die Stirn gerunzelt. Doch vor einem halben Jahr lebten wir auch noch in einer anderen Welt…
Jedes Land hat Seifenopern, die aus dem Fernsehen nicht mehr wegzudenken sind. Deutschland hat "GZSZ", die USA "General Hospital", Großbritannien "Coronation Street", und Australien "Neighbours". Letztere wird bereits seit 1985 ausgestrahlt und ist die am längsten laufende Serie im australischen Fernsehen. Die Karrieren von Kylie Minogue, Russell Crowe, Liam Hemsworth, Eliza Taylor, Margot Robbie und zahlreichen weiteren Superstars begannen ursprünglich mit Rollen in der Soap. Heutzutage wird sie auch in vielen anderen ländern geschaut und ist in Großbritannien sogar noch beliebter als in ihrer australischen Heimat.
Seit 2018 wird "Neighbours" ganzjährig in Australien ausgestrahlt, doch wie bei fast allen anderen Serien der westlichen Welt steht die Produktion aktuell aufgrund der Corona-Krise still. Das wird jedoch nicht mehr lange andauern, denn kommende Woche soll "Neighbours" zur allerersten Fernsehserie der englischsprachigen Welt werden, deren Dreharbeiten wieder aufgenommen werden. Dazu hat sich Produktionsfirma Freemantle Australia ganz spezifische Richtlinien überlegt, um das Risiko einer Coronavirus-Infektion für alle Mitarbeiter zu verringern. Damit leistet "Neighbours" Pionierarbeit und wenn es gut funktioniert, könnten diese Einschränkungen zur Blaupause für viele andere Produktionen rund um die Welt werden, wenn die Dreharbeiten langsam wieder anlaufen.
Folgendes ist aktuell vorgesehen:
— Das Studiogelände wurde in Quadranten unerteilt, mit drei Produktionsteams, die voneinander isoliert sind. Nur drei Schauspieler dürfen die Grenzen zwischen den Quadranten übertreten. Nicht mehr als 100 Menschen sollen sich an einem Tag in einem Bereich aufhalten. Die vier-Quadratmeter und eineinhalb-Meter-Abstandsregel soll streng eingehalten werden. Wenn sich jemand infiziert, wird nur die Gruppe, dessen Mitglied betroffen ist, suspendiert und der Dreh kann mit den anderen zwei Gruppen weitergehen.
— Eine Krankenschwester wird immer am Set dabei sein und die Temperatur bei jedem messen, der das Gelände betritt.
— Es wird kein Makeup für die männlichen Schauspieler geben, bei Schauspielerinnen wird das Makeup zwischen den Szenen nicht aufgefrischt werden.
— Es wird keinen Körperkontakt zwischen den Schauspielern geben, einschließlich Küssen, Händchen halten oder intime Szenen.
— Auch während des Drehs wird Social Distancing eingehalten. Kameratricks sollen dafür sorgen, dass es so wirkt, als stünden die Schauspieler näher zueinander als es der Fall ist.
— Es wird keine Statisten von außerhalb geben. Crew-Mitglieder die bereits am Set sind, werden stattdessen im Hintergrund als Extras auftreten.
Man darf gespannt sein, wie gut das funktionieren und welche Auswirkungen das auf die Handlungsstränge haben wird. Körperliche Abstinenz ist nicht wirklich ein Markenzeichen von Soaps. Außerdem sehen Gewerkschaftsregeln zumindest in den USA vor, dass Crew-Mitglieder nicht die Arbeit von Statisten ersetzen können. Letztere machen nämlich bis zu einem Drittel der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA aus, sodass diese Einschränkungen nicht exakt übernommen werden können. Dennoch wird es spannend sein, dieses Experiment der post-Corona-Welt zu beobachten.