Alan Rickman in Eye in the Sky © 2015 Entertainment One
Quelle: The Guardian
Könnt Ihr Euch eigentlich vorstellen, dass heutzutage ein Actionfilm in Hollywood gedreht werden würde, und man als Helden einen Schauspieler besetzen würde, der bis dahin vor allem aus Comedyrollen bekannt war, und als Bösewicht einen britischen Theaterschauspieler, der noch nie in einem Film mitgewirkt hat? Viele von Euch wissen natürlich, dass die Rede von Stirb langsam ist. Diese ungewöhnliche Zusammensetzung der Zutaten brachte einen der größten Klassiker des Actiongenres hervor und ebnete Bruce Willis den Weg zu einer Karriere als Jedermann-Actionstar, ein Kontrast zu den überdimensionalen Muskelpaketen der Achtziger und Neunziger wie Schwarzenegger oder Stallone. Für Alan Rickman wurde Stirb langsam zum Sprungbrett für eine Karriere, in deren Verlauf er noch einige weitere eloquente, zwielichtige Charaktere verkörpert hat, vom Sheriff von Nottingham in Robin Hood – König der Diebe bis Severus Snape in der Harry-Potter-Reihe.
Die Meldung von Rickmans Tod im Januar 2016 – nur vier Tage nach David Bowie – erschütterte nicht nur viele seiner Fans, sondern auch seine Kollegen. Nur die engsten Vertrauten des Schauspielers wussten von seiner tödlichen Krebsdiagnose.
Seit fast fünf Jahren ist Rickman bereits weg, doch vergessen ist er nicht. Rickman ist der beste Beweis, dass man keinen Oscar (oder eine Nominierung braucht), um eine unvergessliche Schauspiellegende zu sein. Ein letztes Mal auf der Leinwand war Rickman im Thriller Eye in the Sky zu sehen, in Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln war er 2016 nach seinem Tod noch in der Originalfassung zu hören. Sein letztes Vermächtnis wird allerdings 2022 erscheinen. Rickmans Tagebücher, die insgesamt 27 handgeschriebene Bände über mehr als 25 Jahre umfassen, werden in gekürzter Form in einem einzelnen Buch erscheinen.
Bevor Ihr Euch vielleicht fragt, ob es Rickman überhaupt recht gewesen wäre, dass seine privaten Gedanken veröffentlicht werden, so können wir Euch beruhigen. Rickman fing in den frühen Neunzigern an, Tagebuch zu führen, mit der Absicht, es eines Tages zu veröffentlichen. Zu dem Zeitpunkt war er bereits ein angesehener Theaterdarsteller und seine Filmkarriere startete gerade richtig durch. In seinen Tagebüchern schilderte Rickman unterschiedliche Aspekte seiner Arbeit vor der Kamera und auf der Bühne, Behind-the-Scenes-Anekdoten aus seiner Zeit bei Harry Potter und zahlreichen anderen Filmen. Als leidenschaftlicher Theaterfan schrieb Rickman über viele Jahre seine mal begeisterten, mal vernichtenden Rezensionen zu den Theaterstücken auf, die er manchmal mehrmals pro Woche besucht hat. Er gewährte Einblicke in seinen Freundeskreis und seine politischen Ansichten. Rickman schrieb die Tagebücher bis zu seinem Tod.
Der Verlag Canongate erwarb die Rechte an den Tagebüchern des Schauspielers und wird sie unter dem Titel "The Diaries of Alan Rickman" im Herbst 2022 veröffentlichen. Alan Taylor, der Redakteur von Scottish Review of Books, wurde engagiert, um die Tagebücher durchzugehen, zu redigieren, und in einem Buch zusammenzufassen.
Rickmans Witwe Rima Horton, die mehr als 50 Jahre lang seine Partnerin war, erklärte: (aus dem Englischen)
Die Tagebücher offenbaren nicht nur Alan Rickman den Schauspieler, sondern den echten Alan – seinen Sinn für Humor, seine scharfsinnige Beobachtungen, seine Handwerkskunst und Hingabe an die Künste.
Taylor beschreibt Rickmans Aufzeichnungen als "anektodisch, indiskret, geistreich, klatschhaft und gänzlich offenherzig." Anders würde ich es von Rickman auch nicht erwarten.
Auch wenn wir in aller Regel nicht über Bücher berichten (einfach weil es unsere Kapazitäten übersteigen würde), gehe ich davon aus, dass wir viele Rickman-Fans unter unseren Leserinnen und Lesern haben, die Interesse an Einblicken in seine Gedankenwelt hätten. Und letzten Endes habe ich darüber geschrieben, weil ich als Rickman-Fan, der ihm immer noch nachtrauert, Lust dazu hatte.