Quelle: Insidekino
Wie jedes Jahr litten auch dieses Jahr die Besucherzahlen an dem großen Karnevaltreiben im Rheinland. Nach rundherum tollen Holds am letzten Wochenende ging es bedingt durch das Karneval, aber auch durch zwei starke Neustarts, für fast alle Filme um mehr als 35% runter. Viele fielen gar um mehr als 40%. Gegenüber dem Vorjahr büßte die Top 10 aber nur 2% ein.
Dass es trotz Karneval insgesamt sehr beachtliche Zahlen zu vermelden gab, dafür sorgte das neuste Werk des deutschen Multitalents Til Schweiger. Nachdem seine letzte Regiearbeit, Schutzengel, an den Kinokassen mit knapp über 700,000 Besuchern enorm enttäuscht hatte (für Schweigers Verhältnisse!), gelang es dem Sequel zu seinem Riesenhit von 2011 mit etwa 588,000 Besuchern bis Sonntag (und 515,000 am eigentlichen Wochenende), das viertbeste Startwochenende zum Karneval aufzustellen. Nur Rush Hour 2, E-Mail für Dich und Das große Krabbeln kamen noch besser aus den Startlöchern. Dennoch lag der Start von Kokowääh 2 knapp 35% unter dem Start von Kokowääh (909,000 Besucher). Dies lag einerseits am Karneval, andererseits an dem relativ uninspirierten Marketing, welches diesen Film kaum von seinem Vorgänger abgegrenzt hat (bis hin zum Poster, wobei diese Strategie bei Zweiohrküken noch aufgegangen war), aber auch daran, dass das Zielpublikum von Kokowääh 2 in den letzten Wochen bereits durch Der Schlussmacher sehr gut bedient wurde. Mehr als 2 Mio haben den Film von und mit Matthias Schweighöfer gesehen. Das erklärt möglicherweise den etwas schwächeren Ansturm auf Schweigers Film. Dennoch sollte hier nicht das Bild entstehen, Kokowääh 2 wäre eine Enttäusching. Schließlich ist es immer mehr als beachtenswert, wenn ein deutscher Film mehr als eine halbe Million Zuschauer zum Start in die Kinos lockt. Ein besserer Start gelang einem deutschen Film zuletzt eben dem ersten Kokowääh. Mit Schutzengel hat Schweiger letztes Jahr (wieder) einen Ausflug in das etwas ernsthaftere Fach gewagt, doch seine lockeren, anspruchslosen Komödien ist scheinbar das, was das Publikum von ihm sehen will. Schließlich wird Kokowääh 2 aller Wahrscheinlichkeit nach etwa sechs Tage brauchen, um das Gesamtergebnis von Schutzengel zu toppen. Sollte sich der Lauf von Kokowääh 2 genau so gestalten, wie bei seinem Vorgänger (und es gibt keinen Grund, warum dies nicht so sein sollte), dann wird er sich mit etwa 2,6-2,7 Mio Zuschauern wiederfinden. Damit hätte 2013 bereits vor dem Sommer zwei deutsche Hits mit mehr als 2 Mio Besuchern zu bieten (letztes Jahr gab es nur einen einzigen deutschen Film mit mehr als 2 Mio Zuschauern). Bedenkt man dazu noch die erfolgreichen Performances von Ritter Rost und Fünf Freunde 2 im Kinderfilm-Bereich sowie den Arthouseerfolg von Hannah Arendt, dann kann man behaupten, dass es für den deutschen Film erfolgstechnisch kaum besser laufen könnte.
Doch obwohl Django Unchained von der Spitze der Charts in seiner vierten Woche verdrängt wurde, schrieb der Film mit einem Rückgang von 39% auf 329,000 Zuschauer wieder tolle Zahlen. Der Film erreichte als erster dieses Jahr eine Goldene Leinwand und kann sich momentan mit fast 3,1 Mio Zuschauer rühmen. Tarantinos letzter Film, Inglourious Basterds, hatte im gleichen Zeitraum nicht einmal die Hälfte davon. Das ist ein kaum zu glaubendes Zwischenergebnius für einen Western hierzulande, geschweige denn schon für einen Film mit einer FSK16-Altersfreigabe. Ted, der erfolgreichste ab 16 Jahren freigegebene Film der letzten neun Jahre, hat letztes Jahr im gleichen Zeitraum etwa 420,000 Zuschauer weniger zusammenbekommen. Auch der erste Matrix-Streifen hat im gleichen Zeitraum etwa 85,000 Zuschauer weniger vorweisen können. In mehr als 15 (!) Jahren gelang keinem anderen FSK16-Film ein so starkes viertes Wochenewnde wie Django Unchained. Alle Anzeichen deuten nun daraufhin, dass Django die 4 Mio-Zuschauermarke erreichen wird. Lediglich die große Konkurrenz durch Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben liegt ihm noch im Wege. Dieser, ebenfalls stark an Männer ausgerichtete Film, könnte mächtige direkte Konkurrenz darstellen und Django von seinem Kurs abbringen. Dennoch glaube ich fest daran, dass Tarantinos Film, wenn auch knapp, die 4 Mio-Grenze erreichen wird, spätestens im April.
Der Schlussmacher zeigte sich erwartungsgemäß stark betroffen durch die Ankunft von Kokowääh 2. Der Matthias-Schweighöfer-Hit baute um 48% ab, fiel auf Platz 3 und erreichte in der 5. Woche knapp 150,000 Zuschauer. Das reichte jedoch aus, um nach 32 Tagen die 2 Mio-Marke zu überschreiten. Keine 100,000 Zuschauer fehlen dem Film, um Rubbeldiekatz zu überholen und zum erfolgreichsten Streifen mit Schweighöfer in der Hauptrolle zu werden. Da keine weitere direkte Konkurrenz in den kommenden Wochen zu erwarten ist, gehe ich davon aus, dass Kokowääh 2 und Der Schlussmacher ab jetzt gut miteinander koexistieren können. Deshalb erwarte ich auch, dass Der Schlussmacher am Ende ebenfalls die 2,5 Mio-Marke erreichen wird und es vielleicht sogar knapp werden wird zwischen Schweigers Film und Schweighöfers um das bessere Endergebnis.
Fünf Freunde 2 ließ in der zweiten Woche um 37% nach und musste es sich auf Platz 4 bequem machen. Der Hold am zweiten Wochenende war deutlich schlechter als die 8%, die der erste Film in seiner zweiten Woche verlor. Allerdings sind Kinderfilme am Karnevalswochenende in der Regel deutlich betroffen. Nächstes Wochenende sollte sich der Streifen wieder fangen. Mit 132,000 Zuschauern am zweiten Wochenende liegt der Film nur noch knapp for der 400,000-Marke und damit immer noch mehr als 50,000 Zuschauer vor Teil 1. Ich erwarte insgeamt weiterhin einen ähnlichen Verlauf, insbesondere da die einzige direkte Konkurrenz für das Familienpublikum in den kommenden Wochen Findet Nemo 3D ist. Wie der erste Film sollte auch Fünf Freunde 2 1 Mio Zuschauer knacken.
Der Jason-Statham-Actioner Parker startete mit 116,000 Zuschauern (einschließlich Sneaks und Previews) von 239 Kinos etwas über den allgemeinen Erwartungen, insbesondere nach der schwachen Performance in den USA. Statham ist hierzulande eben immer noch ein beliebter Actionstar. Besonders auffällig ist dabei, wie viel stärker (trotz deutlich weniger Kinos) dieser Start verglichen zu dem von The Last Stand letzte Woche (75,000 Zuschauer von 457 Locations) ausgefallen ist. Damit eröffnete Parker stärker als die Statham-Streifen wie Safe, The Mechanic, Death Race und Crank. Mit einer sonderlich langen Laufzeit würde ich nicht rechnen, da Stathams Filme in der Regel etwas frontlastig sind. Sehr solide 300,000 Zuschauer sollte er aber erreichen.
Für Flight ging es am dritten Wochenende um zwei Positionen runter auf Rang 6. Der Film verlor 39% seiner Zuschauer von der Vorwoche und brachte seine vorläufige Gesamtzuschauerzahl nach einem 78,000-Besucher-Wochenende auf knapp mehr als 450,000. Dieses Ergebnis ist sehr beeindruckend für den Denzel-Washington-Film, der hierzulande nicht immer Garant für großen Erfolg ist. Hier stellt sich die Frage, ob nicht Robert Zemeckis das größere Zugpferd beim Film war. Schließlich erreichten, abgesehen von seinem Debütfilm Mit einem Bein im Kittchen 1980 nur ein einziger Zemeckis-Film (von 13!) weniger als 600,000 Zuschauer (Die Legende von Beowulf). Auch Flight wird es sicherlich über diese Marke hinaus schaffen und mit etwa 650,000 Zuschauern seinen Lauf beenden.
Bei weitem am besten von den Top-10-Filmen hielt sich Lincoln. Der zwölffach oscarnominierte Film von Steven Spielberg zeigte sich vom Karneval gänzlich unbeeindruckt, ging um 25% zurück auf Platz 7 der Charts und lockte weitere 56,000 Besucher letztes Wochenende in die Kinos. Insgesamt wurde der Historienfilm bereits von mehr als 260,000 Kinogängern in 18 Tagen in den deutschen Kinos gesehen. Das ist vielleicht nicht so beeindruckend für einen Oscarkandidaten von Steven Spielberg, doch man muss auch das eindeutig US-amerikanische Thema des Films bedenken. Dass er damit trotzdem auf Kurs in Richtung von mehr als einer halben Million Zuschauer ist, verdient definitiv Respekt. Damit wird er hierzulande besser abschneiden als andere Oscarkandidaten wie Zero Dark Thirty, Argo, Beasts of the Southern Wild und Silver Linings.
Etwa 42% verlor letztes Wochenende Der Hobbit – Eine unerwartete Reise. Er belegte Rang 8 und brachte damit weitere 48,000 Zuschauer in die Kinos. Damit hat der Streifen bereits mehr als 6,4 Mio Zuschauer erreicht und steht weniger als 250,000 Besucher davon entfernt, Ice Age 4 – Voll verschoben nach Besucherzahlen zu toppen und auf Rang 3 der erfolgreichsten Filme des letzten Jahres aufzusteigen. Es wird sicherlich ein knappes Rennen, denn zumindest 6,6 Mio sollten für Der Hobbit drin sein. Spätestens die Double Features im Dezember werden schon dafür sorgen. Nach Umsatz sieht es wiederum mit mehr als €66 Mio blendend aus!
Auf dem 9. Platz landete ein weiterer Dauerbrenner. Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger verlor 45% und lockte somit knapp 40,000 neue Zuschauer in die Kinos. Damit brachte er seine vorläufige Gesamtbesucherzahl auf 1,94 Mio und wird vielleicht schon kommendes Wochenende als 14. (und letzter) Film von 2012 die 2 Mio-Marke erreichen. Insbesondere die Arthouse-Kinos sorgen für eine lange Laufzeit des Films, am Ende welcher er durchaus bei etwa 2,2 Mio Besuchern landen könnte.
Die Top 10 wurde vom deutschen Animationserfolg Ritter Rost abgerundet, der natürlich auch am Karnevalseffekt lit und 42% seiner Zuschauer von der Vorwoche verlor. Immerhin hat er aber nach fünf Wochen schon mehr als 400,000 Besucher erreicht und wird am Ende wahrscheinlich deutlich oberhalb einer halben Million landen.
Im Gegensatz zu Lincoln hilft der Oscarhype Zero Dark Thirty herzlich wenig. In der zweiten Woche verließ der Film bereits die Top 10, baute um grauenhafte 51% ab und erreichte nach 11 Tagen knapp mehr als 130,000 Besucher. Da hier nicht mit großen Oscarsiegen zu rechnen ist, wird der Film kaum mehr als 200,000 insgesamt erreichen.
Gangster Squad erreichte nach einem mittelmäßigen Start nun doch die 200,000-Marke. Viel weiter wird er jedoch nicht gehen. Ich erwarte, dass er ab jetzt ziemlich schnell die meisten seiner Leinwände verlieren wird und so noch vor Ende des Monats in der Versenkung verschwindet.
Der deutsche Kinderfilm-Hit Die Vampirschwestern hat am Wochende die 750,000-Zuschauermarke überschritten und ist damit bereits die vierterfolgreichste rein deutsche Produktion von 2012. Hier möchte ich 1 Mio Zuschauer auf lange Sicht nicht aussschließen, doch etwa 950,000 ist ein wahrscheinlicherer Ausgang.
Neue Meilensteine haben ebenfalls Das Geheimnis der Feenflügel und Sammys Abenteuer 2 überschritten. Beide erreichten am Wochenende das vorläufige Gesamtergebnis von mehr als 600,000 Besuchern. Insbesondere Feenflügel schnitt damit deutlich über den Erwartungen ab.
The Last Stand stürtzte in der zweiten Woche um furchtbare 66% und hat nach 11 Tagen knapp 120,000 Zuschauer erreicht. Hier hat auch der nachträgliche Einsatz der ungeschnittenen FSK18-Version nichts gebracht. Ein bitterer Absturz für Arnie, der hierzulande einst einer der zugkräftigsten Filmstars war.
Ralph reicht’s steht derweil nach einem weiteren soliden Wochenende weniger als 30,000 Besucher davon entfernt, die 1 Mio-Barriere zu überschreiten. Spätestens in zwei Wochen wird es ihm auch gelingen.
Anna Karenina hat am Wochenende die 400,000-Zuschauermarke überschritten. Nach einem relativ unspektakulären Start lief der Film insgesamt deutlich besser als man erwartet hätte. Auf lange Sicht ist vielleicht sogar eine halbe Million drin.