Maisie Williams, Isaac Hempstead Wright und Sophie Turner in "Game of Thrones" © 2019 HBO
Quelle: The New York Times
Über den Missmut, den "Game of Thrones" mit der finalen Staffel bei vielen Fans der Serie und der Romanvorlagen ausgelöst hat, habe ich in Vergangenheit schon zu Genüge geschrieben. Doch wie konnte es am Ende so gewaltig schiefgehen, nachdem die Serie jahrelang die Fans gepackt, begeistert und zahlreiche Jahres-Bestenlisten angeführt hat?
Ein Kernproblem war möglicherweise die fehlende literarische Vorlage. Als "Game of Thrones" 2011 angelaufen ist, waren fünf der auf sieben Romane ausgelegten Buchreihe bereits fertig, sodass die beiden Showrunner D.B. Weiss und David Benioff reichlich Puffer hatten – dachten sie zumindest. Die Hoffnung, George R. R. Martin würde während der Adaption der ersten fünf Bücher zumindest den sechsten Roman fertigstellen, schwand mit jedem Jahr immer weiter dahin. Auch heute, drei Jahre nach dem Ende der Serie und elf Jahre nach dem letzten Roman, ist "The Winds of Winter" nicht in Sicht. Als den beiden Machern irgendwann klar wurde, dass die Serie die Romane überholen würde, trafen sie sich mit Martin und ließen sich von ihm seine groben Pläne für das Ende der Reihe erzählen. An diese sollen sie sich n etwa auch gehalten haben, aber natürlich mit den gleichen künstlerischen Freiheiten, die sie sich auch mit den ersten fünf Büchern nahmen.
Dass die abnehmende Qualität ab der siebten Staffel, für die es erstmals größtenteils keine Vorlage mehr gab, spürbar wurde, ist vermutlich kein Zufall. Auch Martins direkte Beteiligung an der Serie nahm nach den ersten vier Staffeln ab. Anfangs befand Martin sich in engem Kontakt mit den Machern und schrieb jeweils eine Folge der ersten vier Seasons selbst. Ab Staffel 5 trat er aus dieser aktiven Rolle zurück, um laut eigener Aussage mehr Zeit für den sechsten Roman zu haben.
In einem neuen Interview mit The New York Times anlässlich des kommenden "Game of Thrones"-Prequels "House of the Dragon", das Martin aktiv mitentwickelt hat und produziert, erklärte der Schriftsteller ein wenig überraschend, dass er bei den finalen beiden Staffeln gar nicht mehr involviert und nicht einmal über die Planung eingeweiht war: (aus dem Englischen)
Bei Staffeln 5 und 6 und ganz definitiv bei 7 und 8 war ich im Prinzip nicht mehr eingeweiht.
Als er nach den möglichen Gründen, weshalb er nicht auf dem Laufenden gehalten wurde, gefragt wurde, antwortete er nur:
Ich weiß nicht, das müsst ihr Dan (Weiss) und David (Benioff) fragen.
Ehrlich gesagt klingt es für mich ein wenig danach, als würde Martin sich vom polarisierenden Serienende rückblickend distanzieren wollen, was mich angesichts der Tatsache, dass er Weiss und Benioff seine Pläne ausführlich dargelegt haben soll, die Augenbrauen hochziehen lässt. Ein Schelm, wer spekuliert, dass Martin nach den enttäuschten Reaktionen auf das Serienende vielleicht auch das Ende seiner Bücher überdacht hat und vielleicht aus diesem Grund in einer kreativen Krise steckt. Doch werden wir Martins Version je lesen können oder wird sie ähnlich unerreichbar bleiben, wie ein nicht-verschwommenes Bigfoot-Foto?