Tom Cruise in Top Gun: Maverick © 2022 Paramount Pictures
Quelle: National Board of Review
Bevor der New York Film Critics Circle den Zeitpunkt seiner Auszeichnungen für wenigen Jahren vorgezogen hat, hatte traditionell jahrzehntelang die National Board of Review (NBR), ein vor über 110 Jahren gegründeter Zusammenschluss von New Yorker Filmemachern, Filmwissenschaftlern und Kritikern, der seit 1929 die besten Filme des zurückliegenden Jahres auszeichnet, die Oscar-Saison inoffiziell eingeläutet. Die Auszeichnungen der NBR gehören damit zu den ältesten Filmpreisen der USA und existieren schon fast so lange wie die Oscars selbst.
Jährlich stimmen rund 100 Mitglieder der National Board of Review über ihre Favoriten ab und während sich die Aussagekraft hinsichtlich der Oscarsieger in Grenzen hält, sind die NBR Awards ein ausgezeichneter Barometer für spätere Oscarnominierungen. So haben nicht viele NBR-Sieger als "Bester Film" auch den entsprechenden Oscar gewonnen, doch nur zwei Filme in den letzten 20 Jahren, die die National Board of Review mit dem Hauptpreis prämiert hat, verpassten später die Oscarnominierung als "Bester Film": A Most Violent Year und Da 5 Bloods. Seit 1970 kam es außerdem lediglich dreimal vor, dass der spätere Gewinner des Oscars als "Bester Film" zuvor nicht in der Jahres-Top-10 der NBR landete. CODA verpasste letztes Jahr zwar die Haupt-Top-10, landete aber in der Top 10 der Independent-Filme der NBR, während Oscarsieger Parasite zumindest als "Bester fremdsprachiger Film" ausgezeichnet wurde.
Dieses Jahr ging der Hauptpreis der NBR überraschend an den (bislang) erfolgreichsten Blockbuster des Jahres: Top Gun: Maverick! Es ist äußerst selten, dass die NBR einen effektreichen Action-Blockbuster auszeichnet und es ist auch erst das zweite Mal in der gesamten Geschichte der NBR Awards, dass ein Sequel als "Bester Film" gewonnen hat. Diese Ehre hatte zuvor lediglich Mad Max: Fury Road. Zusammen mit der Golden-Globe-Nominierung des Films ist es nahezu sicher, dass Top Gun: Maverick auch bei den Oscars in der Königsklasse konkurrieren wird. Wer hätte das vor einem Jahr noch erwartet?!
Ansonsten sieht die Top 10 der NBR Awards der wahrscheinlichen späteren "Bester Film"-Nominierungsliste der Oscars sehr ähnlich. Alle üblichen Verdächtigen wie Avatar: The Way of Water, Everything Everywhere All at Once, The Banshees of Inisherin und Die Fabelmans haben es auf die Liste geschafft, während Steven Spielberg für letzteren seinen zweiten NBR-Regiepreis nach Das Reich der Sonne bekommen hat. Erfreulich stark schnitt das indische Epos RRR ab, das tatsächlich in der Top 10 landete (und deshalb in der "Internationaler Film"-Kategorie nicht zusätzlich berücksichtigt wurde).
Top Gun: Maverick holte neben dem Hauptpreis auch eine Auszeichnung für Claudio Mirandas atemberaubende Kameraarbeit. Der größte Sieger der NBR Awards war jedoch The Banshees of Inisherin, der neben einer Top-10-Platzerung auch Preise in zwei Darsteller-Kategorien und für Martin McDonaghs Skript holte.
Die Verlierer der NBR Awards sind Todd Fields Drama Tár und Baz Luhrmanns Elvis, die trotz Oscar-Hype keine einzige Erwähnung fanden. Die komplette Liste der SiegerInnen findet Ihr unten:
Bester Film
Top Gun: Maverick
Weitere Top 10 Filme des Jahres (alphabetische Reihenfolge)
Aftersun
Avatar: The Way of Water
The Banshees of Inisherin
Everything Everywhere All at Once
Die Fabelmans
Glass Onion: A Knives Out Mystery
RRR
Till
The Woman King
Die Aussprache
Beste Regie
Steven Spielberg (Die Fabelmans)
Bester Hauptdarsteller
Colin Farrell (The Banshees of Inisherin)
Beste Hauptdarstellerin
Michelle Yeoh (Everything Everywhere All at Once)
Bester Nebendarsteller
Brendan Gleeson (The Banshees of Inisherin)
Beste Nebendarstellerin
Janelle Monáe (Glass Onion: A Knives Out Mystery)
Bestes Ensemble
Die Aussprache
Bestes Originaldrehbuch
Martin McDonagh (The Banshees of Inisherin)
Bestes adaptiertes Drehbuch
Edward Berger, Lesley Patterson und Ian Stokell (Im Westen nichts Neues)
Beste Kamera
Claudio Miranda (Top Gun: Maverick)
Bester Animationsfilm
Marcel the Shell with Shoes On
Bester Dokumentarfilm
Sr.
Bester internationaler Film
Close
Top 5 Dokumentarfilme des Jahres (alphabetische Reihenfolge)
All the Beauty and the Bloodshed
All That Breathes
Descendant
Turn Every Page: The Adventures of Robert Caro and Robert Gottlieb
Wildcat
Top 5 internationale Filme des Jahres (alphabetische Reihenfolge)
Im Westen nichts Neues
Argentinien, 1985
Die Frau im Nebel
EO
Saint Omer
NBR Freedom of Expression Award
All the Beauty and the Bloodshed
Argentinien, 1985
Beste Durchbruchs-Performances
Danielle Deadwyler (Till)
Gabriel LaBelle (Die Fabelmans)
Bestes Regiedebüt
Charlotte Wells (Aftersun)
Top 10 Independent-Filme des Jahres (alphabetische Reihenfolge)
Zeiten des Umbruchs
Emily the Criminal
The Eternal Daughter
Funny Pages
The Inspection
Living
A Love Song
Nanny
To Leslie
Das Wunder
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Gerade in den Schauspielerkategorien haben sich die Preise der NBR als ausgezeichnete Prädiktoren für die Oscarnominierungen erwiesen. 16 der letzten 20 von der NBR ausgezeichneten Hauptdarsteller wurden später für einen Oscar nominiert. Bei den Hauptdarstellerinnen sind es 15 der letzten 20. Noch besser sieht es in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" aus, in der 18 der letzten 20 Preisträger auch eine Oscarnominierung erhalten haben. Will Forte (Nebraska) war 2013 der letzte Fall, bei dem es mit der Oscarnominierung nicht geklappt hat. Bei den Nebendarstellerinnen wurden immerhin auch 14 der letzten 20 NBR-Siegerinnen für den Oscar nominiert.
Die Quote ist deutlich schlechter bei den Regisseuren. Nur zehn der letzten 20 Regie-Gewinner der National Board of Review erhielten die entsprechende Nominierung bei den Oscars.
Welche der ausgezeichneten Filme oder Performances habt Ihr bereits gesehen?