Get the Gringo, US 2012 • 96 Min • Regie: Adrian Grunberg • Mit: Mel Gibson, Kevin Hernandez, Daniel Giménez Cacho, Dolores Heredie, Peter Stormare, Dean Norris, Bob Gunton, Scott Cohen • FSK: ab 18 Jahren • Kinostart: 28.02.2013 • Englische Website
Handlung
Irgendwo entlang der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko. Zwei als Clowns maskierte Männer rasen von der amerikanischen Seite auf den Grenzzaun zu, verfolgt von mehreren Polizeiautos. Der Fahrer (Mel Gibson) sorgt sich um die im Wagen herumfliegenden Dollarnoten ihrer gemeinsamen Beute, während sein tödlich verwundeter Komplize auf dem Rücksitz Blut spuckt. Nach dem brachialen Sprung durch den Zaun landen die Räuber in den Händen der mexikanischen Polizei. Als die korrupten Grenzhüter Vasquez (Mario Zaragoua) und Romero (Gerardo Teracena) die Summe von über zwei Millionen Dollar in dem Wrack erblicken, verweigern sie die Herausgabe ihrer Gefangenen an die amerikanische Behörde und kassieren die Beute. Den Fahrer, der mit seinem Namen nicht rausrücken will, schieben sie in das Gefängnis El Pueblito ab, wo er als einziger amerikanischer Häftling bald den Namen Gringo erhält. Doch El Pueblito ist kein gewöhnlicher Knast, sondern ein kleines Ghetto, wo sich schwer bewaffnete Banden untereinander bekriegen und damit auch ihre Frauen und Kinder in Gefahr bringen. Der schlitzohrige Gringo freundet sich schnell mit einem vorwitzigen Knaben (Kevin Hernandez) an, der sich um seine Mutter (Dolores Heredia) sorgt und mysteriöse Verbindungen zu dem Gangsterboss Javi (Daniel Giménez Cacho) unterhält…
Kritik
Get the Gringo, dessen Arbeitstitel bei Drehstart im Frühjahr 2010 noch How I Spent My Summer Vacation lautete, ist der letzte Film in einer Reihe von Projekten, die 2010 von der Rückkehr Mel Gibsons auf die Leinwand kündeten. Der australische Frauenschwarm hatte sich nach seinem letzten Kinoauftritt als Leading Man in Signs (2002) und während seiner zwei kontrovers rezipierten Regiearbeiten Die Passion Christi (2004) und Apocalypto (2006) mit zahlreichen Skandalen um seine Alkoholsucht, seinen Antisemitismus und sein Privatleben zu einer persona non grata der amerikanischen Öffentlichkeit gemacht. Mit Paraderollen in drei Hollywood-Produktionen wollte sich Mad Mel nun wieder als Kassenmagnet bewähren. Doch nachdem sowohl der träge Rachethriller Auftrag Rache (2010), als auch die zerfahrene Tragikomödie Der Biber (2011) hinter den Erwartungen zurückblieben, gab es für Get the Gringo, dem Spielfilmdebüt von Gibsons Regie-Zögling Adrian Grunberg, nach einigen Startverschiebungen in den USA nur eine Auswertung als Video-On-Demand. Angesichts der bescheidenen Qualität der Actionkomödie mag das aber auch nicht verwundern.
Baute Auftrag Rache auf Mel Gibsons Faible für emotional gebeutelte Revolverhelden auf dem Rachefeldzug (siehe hierzu auch die Lethal Weapon-Reihe) und The Beaver auf sein Talent für die sympathische Verkörperung verkorkster Verlierertypen mit ernsthaften psychologischen Problemen (siehe auch Flechter’s Visionen, 1997, oder seine Darstellung der Titelfigur in Franco Zeffirellis Hamlet, 1990 – nein, im Ernst!), zeigt ihn Get the Gringo mal wieder als liebenswertes Arschloch. In der von Gibson produzierten und mitverfassten Gangsterkomödie darf der merklich in die Jahre gekommene Schauspieler viel prügeln, schießen und kleine Kinder schlagen. Doch wer angesichts der dreckigen, düster-atmosphärischen Optik, dem ironischen Off-Kommentar, in der Gibsons namenloser Antiheld seiner Mutter vom „Urlaub“ in Mexico erzählt, und der unförmigen Parade von schmierigen Gangstern, knallharten Bräuten und frechen Kindern an einen adäquaten Neo-Noir denkt, wird enttäuscht sein. Denn trotz überraschend guter Besprechungen in der amerikanischen Presse versandet die Crime-Komödie mit Western-Versatzstücken in einer halbgaren Aufbereitung von Genre-Klischees.
So reizvoll die Idee eines mexikanischen Gefängnisses als kleines Dorf auch sein mag, der Umsetzung mangelt es deutlich an Einfallsreichtum und Originalität. So mag sich ein eher gelangweilt wirkender Mel Gibson als ein Archetypus des Spaghetti-Westerns, als Mann ohne Namen gerieren, der in eine kleine, von Kriminellen geführte Westernstadt reitet und die dort konkurrierenden Banden aufmischt. Seine zuerst egoistische, dann selbstlose Freundschaft zu einem ebenso namenlosen Jungen mit einem vorlauten Mundwerk erweist sich aber als ebenso anstrengend wie seine Beziehung zu dessen kaltschnäuziger Mutter. In Nebenrollen tummeln sich vertraute wie vertrauenswürdige Gesichter wie Peter Stormare (Fargo, 1996), Bob Gunton (Die Verurteilten, 1996), Breaking Bad-Mime Dean Norris und The Wire-Mime Peter Gerety, die der Handlung etwas Gewicht verleihen, aber nicht genug, um über die zunehmend fade Handlung hinweg zu täuschen. So bleibt ein unterdurchschnittlicher Genrefilm zurück, der seinen Leading Man in keinem neuen oder interessanten Licht präsentiert. Womöglich gelingt es ja Robert Rodriguez mit Machete Kills Mad Mel dieses Jahr endgültig wiederzubeleben?
Ich fand, dass der Film große Klasse war mit Mel Gibson in praktisch derselben Rolle wie in Payback. Auftrag Rache und Der Biber waren beide nicht wirklich sehenswert, doch diesem hätte ich deutlich mehr Erfolg gewünscht.
Muss sagen, dass ich von den drei Comeback-Versuchen diesen am Schwächsten fand. Aber da bin ich scheinbar in der Minderheit…
Da würde ich ganz klar Der Biber wählen. Der ärgerte mich regelrecht in der Blödheit der Thesen, die er aufstellt und einem eindeutigen Mangel an Verständnis für psychische Störungen.
Ich kann verstehen, dass Der Biber einen verärgern mag, aber alles in allem fand ich den zumindest ansatzweise gar nicht mal soooo schlecht… (http://www.mannbeisstfilm.de/kritik/Jodie-Foster/Der-Biber/2192.html) 🙂