The Pope’s Exorcist, USA 2023 • 105 Min • Regie: Julius Avery • Drehbuch: Michael Petroni, Evan Spiliotopoulos • Mit: Russell Crowe, Daniel Zovatto, Alex Essoe, Peter DeSouza-Feighoney, Laurel Marsden, Franco Nero, Ralph Ineson • Kamera: Khalid Mohtaseb • Musik: Jed Kurzel • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Sony Pictures • Kinostart: 06.04.2023 • Deutsche Website
Eigentlich gibt es im Horror-Subgenre des Exorzismus-Films nur zwei Kategorien: Es gibt William Friedkins legendäres Meisterwerk „Der Exorzist“ und es gibt den Rest. Zwischen unterster Exploitation-Grütze und durchaus ambitionierten A-Produktionen, die jedoch nie die thematische Tiefe des Originals erreichen, rangiert Julius Averys „The Pope’s Exorcist“ dabei irgendwo im breiten Mittelfeld.
Das von Michael Petroni und Evan Spiliotopoulos verfasste Werk basiert auf den Memoiren des realen römischen Hauptexorzisten Pater Gabriele Amorth, dem sich Friedkin bereits in seiner Doku „The Devil and Father Amorth“ gewidmet hat. Es bestand also durchaus die Möglichkeit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Wirken des 2016 verstorbenen Geistlichen. Doch nach Sichtung des effektlastigen und überraschend amüsanten Schockers lässt sich vermuten, dass Avery und sein Team das Drehbuch einfach aus dem Fenster geworfen haben, frei nach dem Motto: „Scheiß' auf den Schmarrn, lasst uns einfach Spaß haben!“ Und so klärt einen ein Text am Ende darüber auf, dass Amorth viele Schriften verfasst hat und fügt augenzwinkernd ein „Die Bücher sind gut“ hinzu – ganz so, als ob dem Film klar ist, dass er das nicht ist und es wohl auch nie sein wollte. Die gute Nachricht ist jedoch, dass „The Pope’s Exorcist“ zwar teils haarsträubender Edel-Trash ist, dieses Ziel aber zumindest hingebungsvoll ansteuert und nur sehr selten langweilt. Der Story nach zu urteilen, hat der Titelheld ganz schön wüste Abenteuer erlebt. Den Wahrheitsgehalt hier zweifle ich persönlich jedoch ausdrücklich an.
Im Film wird Amorth (Russell Crowe) vom Papst (Italo-Legende Franco Nero) zu einem abgelegenen spanischen Anwesen, das einst als Abtei gedient hat, entsandt. Das Grundstück hat die verwitwete Mutter Julia (Alex Essoe) geerbt und möchte es zusammen mit ihren Kindern Amy (Laurel Marsden) und Henry (Peter DeSouza-Feighoney) renovieren und verkaufen, bevor sie in die USA zurückkehren. Doch der vom Unfalltod des Vaters traumatisierte und seitdem stumme Henry ist nach der Entdeckung eines vermauerten Siegels im Keller – nun ja – nicht mehr der Alte. Plötzlich flucht er mit dämonischer Stimme, leidet offenbar an mehr als an einer schlimmen Bindehautentzündung und verfügt sogar über übermenschliche Kräfte. Der örtliche Priester Pater Esquibel (Daniel Zovatto) ist mit der Situation völlig überfordert und wendet sich beim Vatikan um Hilfe. Mit einer eindringlichen Warnung vor dem Ort, nehmen sich Amorth und Esquibel des Falles an und stoßen schließlich auf ein altes und wahrlich finsteres Geheimnis …
Qualitativ liegt „The Pope’s Exorcist“ ein gutes Stück hinter Daniel Stamms unterschätztem Found-Footage-Beitrag „Der letzte Exorzismus“, kann sich aber aufgrund seiner soliden Inszenierung und der schalkhaften Darstellung des Hauptprotagonisten ebenso von nahezu unerträglichen Outputs der Marke „Devil Inside“ oder „The Exorcism of Molly Hartley“ absetzen. Die Aufnahmen von Kameramann Khalid Mohtaseb („Stunde der Angst“) sind stimmungsvoll und sogar richtig schick ausgefallen und der Score von Jed Kurzel („Der Babadook“) wabert passend creepy durch die Boxen.
Seit seinem adrenalinhaltigen Zombie/Nazi-Schlachtfetzen „Operation: Overlord“ ist Julius Avery in Sachen studiofinanzierter B-Movies bereits erprobt. Auch in „The Pope’s Exorcist“ liefert der Regisseur wieder exakt das ab, was ein Mainstream-Publikum wohl von einem unterhaltsamen aber auch reichlich substanzfreien Horror-Abend im Kino erwartet. Augen leuchten in allen höllischen Farben, Charaktere krabbeln wie Spinnen an der Zimmerdecke, besessene Körper platzen in bester Splattermanier nach Berührung mit einem Kruzifix und anstelle von Erbsensuppe wird direkt Blut auf das Gegenüber erbrochen. Und wer seinen Grusel gern kombiniert mit Pyrotechnik mag und von grottigen CGI-Effekten nicht abgeschreckt wird, bekommt auch das geboten. Worum es letztlich inhaltlich geht, geht in dem Spektakel allerdings zunehmend unter.
Während Oscar-Preisträger Russell Crowe hier die Tage seiner größten Erfolge „Gladiator“ und „A Beautiful Mind“ weit hinter sich lässt und ähnlich seinem Hollywood-Kollegen Nicolas Cage mutmaßlich ein Comeback durch gnadenloses Overacting anstrebt (das hat bereits im Amok-Thriller „Unhinged“ ganz passabel funktioniert), welches im Duell in furchtbar schlechtem italienischen bzw. spanischen Akzent mit seinem Co-Star Daniel Zovatto („Don’t Breathe“) besonders gut zur Geltung kommt, rücken leider alle anderen Figuren in den Hintergrund. Alex Essoe ist eine gute Schauspielerin und seit der Indieproduktion „Starry Eyes“ ein Liebling bei Genrefans. Als besorgte Mutter bekommt sie diesmal leider nur die Gelegenheit zum blassen 08/15-Standardprogramm. Freude scheint zumindest der junge Peter DeSouza-Feighoney am wilden Grimassieren zu haben, während ihm „The Witch“-Star Ralph Ineson feuflisch obszöne Sprüche auf die Lippen legt.
Im Gegensatz zu hochwertigen Subgenre-Vertretern wie „Der Exorzismus von Emily Rose“ ist einem das Schicksal der Familie leider irgendwann ziemlich egal. Schlimmer noch, man vergisst nahezu dass diese einen entsetzlichen Kampf im Kinderzimmer austrägt, während das dynamische Priester-Duo entspannt das dunkle Gewölbe erkundet. Dramaturgisch ist das nicht sonderlich klug. Durch eine spätere Enthüllung bildet die obligatorische Vers-Weihwasser-Vers-Konfrontation zumindest nicht das eigentliche Finale, welches dann ungleich spektakulärer – und bizarrer – ausfällt. Auf was genau Amorth und Esquibel in der Dunkelheit stoßen, soll natürlich nicht verraten werden. Beide müssen sich letztlich ihren Sünden und ihrer Schuld stellen. Hier fällt in Bezug auf Amorths Vergangenheit dann auch der einzige Spruch im Film, der (zumindest mir) wirklich Kopfschmerzen bereitet: „Im Krieg zu fallen ist heldenhaft, den Krieg überlebt zu haben ist schwierig.“ Nun ja, jedem das Seine …
Problematisch in „The Pope’s Exorcist“ ist außerdem die Tatsache, dass ein Gefühl von echter Angst oder Bedrohung nie aufkommt. Der Roller-fahrende, Beichten nicht allzu ernst nehmende und um lockere Sprüche nicht verlegene Amorth (der in seinem wahren Leben übrigens „Harry Potter“ als satanisch eingestuft hat) wirkt in seiner Präsenz derart robust und selbstsicher, dass man ihm schon nach seiner ersten Szene ein Scheitern nicht abkaufen würde. Und so ist es dann wohl auch kein Wunder, dass dieser spleenigen Figur und ihrem Sidekick zum Schluss vorsorglich ein Sequel oder gar eine ganze Reihe nach „Conjuring“-Vorbild in Aussicht gestellt wird. Wir erinnern uns: Amorth schrieb viele Bücher.
„The Pope’s Exorcist“ ist inhaltlich ziemlich leerer aber extrem kurzweiliger und charmant gespielter Trash groteskem Ausmaßes. Ist er gut? Hell, no. Aber ich hatte meinen Spaß.