US-Regiegewerkschaft DGA nominiert u. a. Nolan, Gerwig und Scorsese

Links: Greta Gerwig in Barbie © 2023 Warner Bros. Pictures
Mitte: Christopher Nolan in Oppenheimer © 2023 Universal Pictures
Rechts: Martin Scorsese in Killers of the Flower Moon © 2023 Apple Inc.

Quelle: Directors Guild of America

Jetzt wird es ernst im Oscar-Rennen. Nachdem die meisten Kritikerpreise, darunter die Golden Globes, ihre Siegerinnen und Sieger bestimmt haben, sind jetzt Industrieverbände und -gewerkschaften dran und ihre Auswahl hat eine deutlich größere Relevanz für die Oscars, denn ihre Wählerinnen und Wähler sind zu einem nicht unwesentlichen Teil auch Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die über die Oscars bestimmt. Prämiert werden bei diesen Industriepreisen, die ich so in Abgrenzung zu Kritikerpreisen bezeichne, Teilaspekte von Filmen wie Kamera, Schnitt, visuelle Effekte, Regie oder Schauspieler.

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Die Industriepreise gewähren uns nicht nur einen Einblick darin, welche Filme in den jeweiligen Kategorien stark sind, in der Summe geben sie auch Aufschluss darüber, welche Filme insgesamt im Oscar-Rennen stark sind. Ein Film, der bei den großen vier Gewerkschaften der Schauspieler, der Regisseure, der Drehbuchautoren und der Produzenten gewinnt (wie beispielsweise Everything Everywhere All at Once letztes Jahr) ist ein nahezu todsicherer Kandidat für den "Bester Film"-Oscar. Aber auch der Sieg bei zwei oder drei dieser Gewerkschaften machen einen Film zum klaren Favoriten.

Die US-Regiegewerkschaft Directors Guild of America (DGA) umfasst rund 19.000 Film-, Werbe- und TV-Regisseure und ist die älteste der vier großen Gewerkschaften. Sie ist auch diejenigen mit der größten Vorhersagekraft, was den Regie- aber auch den Film-Oscar betrifft. In den 75 Jahren, in denen die Directors Guild Awards bisher verliehen wurden, stimmten deren Sieger und der Sieger des Regie-Oscars lediglich achtmal nicht überein, zuletzt 2020, als die DGA Sam Mendes für 1917 prämierte und Bong Joon-ho den Regie-Oscar für Parasite gewonnen hat. Von den acht waren drei DGA-Gewinner gar nicht für den Regie-Oscar nominiert (Ben Affleck mit Argo, Steven Spielberg mit Die Farbe Lila und Ron Howard mit Apollo 13). Das wird dieses Jahr wohl nicht der Fall sein, denn mit Christopher Nolan (Oppenheimer) und Martin Scorsese (Killers of the Flower Moon) wurden die beiden eindeutigen Favoriten im Regie-Rennen nominiert.

Für Scorsese ist es bereits seine 11. DGA-Nominierung, nur Steven Spielberg hat mit 13 mehr. Gewonnen hat Scorsese jedoch nur einmal (für Departed), sodass seine Berufskollegen die Regielegende endlich ein weiteres Mal auszeichnen wollen könnten. Nolan ist hingegen zum vierten Mal im DGA-Awards-Rennen, nachdem er schon für The Dark Knight, Inception und Dunkirk nominiert wurde. Bei den Oscars erhielt er lediglich für Dunkirk eine Regie-Nominierung.

Greta Gerwig wurde für Barbie nominiert und ist damit neben Jane Campion und Kathryn Bigelow erst die dritte Frau mit mehr als einer DGA-Nominierung. Ihr erste erhielt sie für Lady Bird. Alexander Payne erhielt für The Holdovers seine dritte Nominierung. Zuvor war er erfolglos für Sideways und The Descendants im Rennen. Yorgos Lanthimos ist mit Poor Things der einzige Erstlings-Nominee. Für The Favourite wurde er für den Oscar nominiert, jedoch ohne vorige DGA-Nominierung.

Dass Lanthimos, Nolan, Scorsese, Gerwig und Payne auch bei den Oscars in der Kategorie nominiert werden, ist noch nicht sicher. Die Übereinstimmung zwischen der DGA und den Oscars ist meist vier von fünf bei den Nominierungen. In Vergangenheit sind immer wieder Regisseure kleinerer, häufig nicht-englischsprachiger Filme in der Regie-Kategorie bei den Oscars eingeschlichen. Seit 2000 hat die DGA nur vier Regisseure nicht-englischsprachiger Filme nominiert, die Oscars im selben Zeitraum jedoch elf. Ryusuke Hamaguchi (Drive My Car), Thomas Vinterberg (Der Rausch), Michael Haneke (Liebe), Fernando Mereilles (City of God), Pedro Almodóvar (Sprich mit ihr), Clint Eastwood (Letters from Iwo Jima) und Paweł Pawlikowski (Cold War – Der Breitengrad der Liebe) wurden bei den Oscars ohne vorige DGA-Nennung nominiert. Es ist also durchaus denkbar, dass einer der diesjährigen DGA-Nominees, vermutlich Payne oder Lanthimos, bei den Oscars durch Justine Triet (Anatomie eines Falls) oder Jonathan Glazer (The Zone of Interest) ersetzt werden wird, deren Filme ebenfalls starke Oscarkandidaten sind.

Die DGA-Nominierungen sind nicht nur ein Prädiktor für den Regie-Oscar, sondern indirekt auch für den Hauptpreis "Bester Film". In 75 Jahren der DGA Awards nur zwei Filme den "Bester Film"-Oscar ohne eine vorige DGA-Nominierung gewonnen: Miss Daisy und ihr Chauffeur und CODA. Zudem haben nur 18 der bisherigen 75 DGA-Gewinner den "Bester Film"-Oscar nicht gewonnen. Ausnahmen sind natürlich immer möglich, generell gilt aber, dass die fünf Filme, die von der Regiegewerkschaft nominiert werden, auch diejenigen sind, die für den Hauptreis bei den Oscars in Frage kommen. Das dürfte dieses Jahr nicht anders sein.

Hier sind alle Nominierungen in den Film-Kategorien der Regie-Gewerkschaft:

Beste Regie bei einem Kinofilm

Yorgos Lanthimos (Poor Things)
Christopher Nolan (Oppenheimer)
Alexander Payne (The Holdovers)
Greta Gerwig (Barbie)
Martin Scorsese (Killers of the Flower Moon)

Bestes Regiedebüt

Noora Niasari (Shayda)
Manuela Martelli (Chile ’76)
Cord Jefferson (American Fiction)
Celine Song (Past Lives – In einem anderen Leben)
A.V. Rockwell (A Thousand and One)

Beste Regie bei einem Dokumentarfilm

Moses Bwayo & Christopher Sharp (Bobi Wine: The People’s President)
Mstyslav Chernov (20 Tage in Mariupol)
Madeleine Gavin (Beyond Utopia)
David Guggenheim (Still: A Michael J. Fox Movie)
D. Smith (Kokomo City)
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In den TV-Kategorien dominierten hauptsächlich vier Serien. Immerhin hat "Succession" nicht, wie im Vorjahr, alle fünf Slots in der Dramaserien-Kategorie belegt, sondern vier. Die fünfte Nominierung ging an Peter Hoar für die gefeierte "The Last of Us"-Episode "Liebe mich, wie ich es will", die auch gute Siegeschancen hat.

"The Bear" und "Ted Lasso" erhielten jeweils zwei Nominierungen in der Comedyserien-Kategorie, während Apples "Eine Frage der Chemie" mit Brie Larson drei der fünf Nominierungen in der Miniserien-Kategorie abgestaubt hat. Shawn Levy wurde überraschend für seine Arbeit an "Alles Licht, das wir nicht sehen" nominiert obwohl die Miniserie in der Kritik zerrissen wurde.

Hier sind alle Nominierungen auf einen Blick:

Beste Regie bei einer Dramaserie

Peter Hoar ("The Last of Us", Folge "Liebe mich, wie ich es will")
Andrij Parekh ("Succession", Folge "Amerika wählt")
Becky Martin ("Succession", Folge "Probeessen")
Robert Pulcini & Shari Springer Berman ("Succession", Folge "Reiner Tisch")
Mark Mylod ("Succession", Folge "Connors Hochzeit")

Beste Regie bei einer Comedyserie

Christopher Storer ("The Bear: King of the Kitchen", Folge "Fische")
Ramy Youssef ("The Bear: King of the Kitchen", Folge "Honigtau")
Erica Dunton ("Ted Lasso", Folge "Eine Umkleide voller Narren")
Declan Lowney ("Ted Lasso", Folge "Bis dann, macht’s gut!")
Bill Hader ("Barry", Folge "wow")

Beste Regie bei einem TV-Film oder einer Miniserie

Shawn Levy ("Alles Licht, das wir nicht sehen")
Millicent Shelton ("Eine Frage der Chemie", Folge "Poirot")
Sarah Adina Smith ("Eine Frage der Chemie", Folge "Sie und Er")
Tara Miele ("Eine Frage der Chemie", Folge "Einführung in die Chemie")
Nzingha Stewart ("Daisy Jones & The Six", Folge "Rock ’n' Roll Selbstmord")
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Die Sieger der DGA Awards werden am 10. Februar bekanntgegeben. Wer bei den Oscars nominiert wird, erfahren wir bereits am 23. Januar.

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