Eine der stärksten Kategorien bei der diesjährigen Oscarverleihung war meiner Meinung nach "Bester Animationsfilm". Die wundervoll romantische und witzige Pixar-Beitrag Elemental, Netflix' Nimona, der clever mit Stereotypen aufgeräumt hat, der bezaubernde dialogfreie Robot Dreams und allen voran der atemberaubend animierte und emotional erzählte Spider-Man: Across the Spider-Verse haben ihre Nominierung absolut verdient und wären auch verdiente Sieger. Doch der Oscar ging dieses Jahr an den vermutlich abstraktesten und komplexen Kandidaten, Hayao Miyazakis symbolträchtiges Comeback Der Junge und der Reiher. Mehr als 20 Jahre nach Chihiros Reise ins Zauberland hat Miyazaki für seinen 12. Film seinen zweiten Oscar (zusätzlich zum Ehren-Oscar fürs Lebenswerk) erhalten und ist mit vier Nominierungen neben Pete Docter der meistnominierte Regisseur in der Geschichte der Animations-Kategorie.
Als Mitbegründer von Studio Ghibli ist Miyazaki zweifelsohne der einflussreichste und zu Recht meistgefeierte Anime-Regisseur aller Zeiten. Seinen mehrfach angekündigten Ruhestand hat der 83-Jährige nicht eingehalten und arbeitet bereits an seinem nächsten Film. Auch wenn Der Junge und der Reiher nicht zu meinen Lieblingsfilmen von Miyazaki zählt, hat er mit seiner unbändigen Kreativität so viel für die Popularisierung des Anime-Kinos getan, dass ich ihm den Oscar von ganzem Herzen gönne.
Tatsächlich ist die Bereitschaft des Mainstream-Publikums, sich auf japanische Animes einzulassen, in den letzten Jahren rasant gestiegen. Waren Miyazakis Filme vor zehn Jahren noch ausschließlich etwas für ein kleines Nischenpublikum eingefleischter Cineasten und Anime-Fans, sorgte Der Junge und der Reiher auch in der westlichen Welt für volle Säle. Mit fast 600.000 verkauften Kinotickets in Deutschland hat er Chihiros Reise ins Zauberland als erfolgreichsten Ghibli-Film übertroffen. In den USA belegte der Film zum Start sogar die Spitze der Kinocharts.
Angesichts des Erfolgs on Miyazakis neuem Films witterte sein deutscher Verleih Wild Bunch die Chance, eine älteres Meisterwerk des Regisseurs wieder in die Kinos zu bringen, um eine neue Generation von Anime- und Miyazaki-Fans zu erreichen, die keine Gelegenheit hatten, den Film seinerzeit im Kino zu sehen. Am 26. März wird Prinzessin Mononoke deutschlandweit im Kino zu sehen sein sowie in ausgewählten Lichtspielhäusern auch über das Datum hinaus). Prinzessin Mononoke kam 1997 in die japanischen Kinos und wurde in seiner Heimat für kurze Zeit zum erfolgreichsten Film aller Zeiten, bevor Titanic ihn abgelöst hat. Miyazakis nächster Film, Chihiros Reise ins Zauberland, übertraf wiederum 2001 Titanic. Mit Chihiro feierte Miyazaki seinen weltweiten Durchbruch, doch für viele seiner Fans gilt Prinzessin Mononoke als mindestens genauso gut, wenn nicht gar besser.
In dem Film beschützt ein junger Prinz des Emishi-Stammes sein Dorf vor einem dämonischen Keiler, wird dabei aber selbst von einem Fluch befallen, der ihm zwar einerseits große Kraft verleiht, ihn aber auch früher oder später töten wird, wenn er sich nicht von dem Fluch befreien kann. Auf der Suche nach Heilung gerät er zwischen die Fronten eines erbitterten Krieges zwischen Menschen, die die Wälder abholzen, um Erze abzubauen, und den Waldbewohnern und -gottheiten, die ihren Lebensraum zu beschützen versuchen.
Als Prinzessin Mononoke 2001, vier Jahre nach seinem Start in Japan, in die deutschen Kinos kam, hat ihn hierzulande kaum jemand gesehen. Mit Animes konnte das breite Publikum damals wenig anfangen. Erst die Auszeichnung von Chihiros Reise ins Zauberland mit dem Goldenen Bären bei der Berlinale 2002 hat zaghaftes Interesse an japanischer Animationskunst geweckt. Hoffentlich werden viele neue Fans die Gelegenheit der Wiederaufführung nutzen, denn allein schon wegen seiner wunderschönen Animationen sollte Prinzessin Mononoke auf der Kinoleinwand gesehen werden.
Unten noch der deutsche Trailer zur Wiederaufführung:
Werdet Ihr Euch Prinzessin Mononoke diesen Monat im Kino anschauen?
Quelle: Wild Bunch Germany