Bad Boys: Ride or Die, USA 2024 • 115 Min • Regie: Adil El Arbi & Bilall Fallah• Mit: Will Smith, Martin Lawrence, Jacob Scipio, Eric Dane, Joe Pantoliano, Paola Núñez, Ioan Gruffudd, Alexander Ludwig, Vanessa Hudgens, Rhea Seehorn, Melanie Liburd • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 05.06.2024 • Deutsche Website
Handlung
Jetzt hat es auch ihn erwischt: Der ewige Junggeselle Mike Lowrey (Will Smith) hat mit Christine (Melanie Liburd) die Frau fürs Leben gefunden und tritt vor den Traualtar. Sein langjähriger Partner und bester Freund Marcus Burnett (Martin Lawrence) ist natürlich sein Trauzeuge. Doch die ausgelassene Hochzeitsfeier endet beinahe in einer Tragödie, als Marcus einen Herzinfarkt erleidet und nur knapp überlebt. Die ärztlich verordnete Ruhe lässt sich jedoch schwer einhalten, denn kaum hat sich Marcus von seiner tiefgreifenden Nahtoderfahrung erholt, stecken die harten Jungs schon wieder in der Klemme. Captain Howard (Joe Pantoliano), der im letzten Film von Mikes Sohn Armando (Jacob Scipio) ermordet wurde, wird plötzlich beschuldigt, jahrelang mit Drogenkartellen zusammengearbeitet zu haben. Um den Namen ihres geliebten Vorgesetzten reinzuwaschen, folgen Mike und Marcus einer Spur von Hinweisen, die Captain Howard vor seinem Tod vorsorglich hinterlassen hat. Ausgerechnet Armando soll ihnen nun dabei helfen, den wahren Drahtzieher zu identifizieren. Doch das Trio wird hereingelegt und befindet sich selbst auf der Flucht vor dem Gesetz und vor Captain Howards rachsüchtiger Tochter Judy (Rhea Seehorn), die als US Marshal arbeitet und Armando für den Tod ihres Vaters zur Strecke bringen will.
Kritik
Bevor Bad Boys – Harte Jungs 1995 in die Kinos kam, war Will Smith hauptsächlich als Rapper Fresh Prince und Sitcom-Darsteller bekannt. Die Buddy-Actionkomödie wurde zum Sprungbrett für seine Karriere als einer der größten Filmstars der 1990er und 2000er und für Michael Bay als einer der gefragtesten Action-Regisseure der letzten Jahrzehnte. Fast 30 Jahre und gefühlt ebenso viele Transformers-Filme später sitzt Bay nicht länger am Steuer der Reihe, doch die harten Jungs vom Miami PD sind immer noch im Dienst. Anfang 2020 wurde das Franchise mit neuen Regisseuren nach rund 17 Jahren in jeder Hinsicht erfolgreich wiederbelebt. Dank einer kuriosen Schicksalswende wurde Bad Boys for Life auch zum größten Hollywood-Kassenhit des Jahres, was nicht schwer war, da die meisten Kinos weltweit ab März 2020 über ihre Pforten schlossen.
Die Reunion von Smith und Lawrence unter der Regie der belgischen Filmemacher Adil El Arbi und Bilall Fallah hat die beiden Schauspieler wohl auf den Geschmack gebracht. Während Smith bekanntlich Men in Black 4 abgelehnt hatte und auch bei Independence Day 2 nicht mitmachen wollte, hatte er keinelei Vorbehalte, ein weiteres Mal als Mike Lowrey neben seinem Buddy Lawrence zurückzukehren. Die Fans von Lethal Weapon und Rush Hour warten weiterhin vergeblich auf die wiederholt versprochenen Fortsetzungen beider Reihen, Bad Boys: Ride or Die – der naheliegendste Titel Bad Boys 4 Life wurde blöderweise für den dritten Film schon verbraucht – kommt hingegen nur viereinhalb Jahren nach Teil 3 in die Kinos.
Wie schon die Abspannszene zu Bad Boys for Life unmissverständlich angedeutet hat, schneidet sich Bad Boys: Ride or Die eine ordentliche Scheibe von den neueren Fast-&-Furious-Filmen ab. "Familie" (ob blutsverwandt oder nicht) spielt eine zunehmend größere Rolle und aus einem ehemaligen kaltblütigen Bösewicht wird ein herzensguter, reuiger Protagonist, für den Mike plötzlich väterliche Gefühle entwickelt, obwohl er seinen Vorgesetzten abgeknallt hat. Fast & Furious kauft man solche Absurditäten leichter ab, weil sie mit Augenzwinkern umgesetzt werden und in dem Franchise sowieso niemand dauerhaft stirbt. Bei Bad Boys: Ride or Die ist dieser Charakterwandel etwas schwerer zu schlucken, auch wenn Jacob Scipios Rückkehr als Armando immerhin für einige ordentliche Actionsequenzen sorgt, für die seine älteren Co-Stars nicht mehr fit genug sind.
Überhaupt ist das Drehbuch von Chris Bremner und Will Beall die größte Schwachstelle von Bad Boys: Ride or Die. Niemand geht in diesen Film rein und erwartet Originalität oder Dialoge auf Aaron-Sorkin-Niveau, doch die gesamte Handlung des Films wirkt, als hätte man mehrere Actionkomödien, Thriller und Fast-&-Furious-Filme in eine KI eingespeist, die sich noch in der Betaphase befindet und aus diesen Versatzstücken dann das Drehbuch ausgespuckt hat. Das fängt schon beim unfassbar generischen Schurken, gespielt auf Autopilot von "Grey’s Anatomy"-Darsteller Eric Dane, dessen Plan, Captain Howard posthum zum Sündenbock für eigene Verbrechen zu machen, nicht nur wenig Sinn ergibt, sondern auch sofort nach hinten losgeht. Ähnlich unnötig kompliziert ist auch die Schnitzeljagd, auf die Howard die beiden Cops aus dem Jenseits heraus schickt. Auch die großen Plottwists wird jeder, der mehr als 2-3 Thriller in seinem Leben gesehen hat, meilenweit im Voraus kommen sehen.
Ohne eine gute Geschichte im Rücken und mit austauschbaren Wegwerfrollen für die meisten neuen Cast-Mitglieder (um das verschwendete Talent der wundervollen "Better Call Saul"-Darstellerin Rhea Seehorn tut es besonders leid), müssen die beiden Hauptdarsteller und die Regisseure den Film tragen und das gelingt ihnen zum Glück über weite Strecken ziemlich gut. Auch wenn man in Anbetracht der abgedroschenen Handlung gelegentlich die Augenbrauen hochziehen, die Augen rollen und die Stirn runzeln muss, wird kaum jemand den Kinosaal verlassen und das Gefühl haben, schlecht unterhalten worden zu sein. Die Mindestanforderung ist also erfüllt.
Will Smith war schon immer der größere der beiden Bad-Boys-Stars, doch in seinem ersten großen Kinofilm nach dem Ohrfeigen-Eklat bei den Oscars stiehlt Martin Lawrence ihm glatt die Show. Die einschneidende Nahtoderfahrung zu Filmbeginn löst bei Marcus eine Art spirituelles Erwachen aus, die zu diversen wirklich amüsanten Ergüssen führt, während Smiths Mike ernste Miene zu Lawrences Comedy macht und in einer eindeutig meta-selbstironischen Szene mehrere Ohrfeigen einstecken muss. Die Chemie der beiden Stars stimmt immer noch und lässt über diverse Schwächen des Films hinwegsehen. Überraschende Bonuspunkte sammelt der Film mit Dennis Greenes Rückkehr als Marcus' Schwiegersohn Reggie, der diesmal sogar kurz im Rampenlicht stehen darf. Ein Wiedersehen mit Joe Pantolianos dauergenervtem, fluchendem Captain Howard gibt es trotz seines Todes dank einiger Videoaufnahmen und etwas bizarrer Jenseits-Visionen.
Nachdem das Regie-Duo Adil & Billal dem Vorgänger einen eigenen Stempel aufgedrückt und sich von Michael Bays Zerstörungsorgien und unverwechselbaren Stilmitteln etwas entfernt hat, experimentieren sie beim Sequel mit virtuosen Drohnen-Kamerafahrten, die ironischerweise ausgerechnet an Bays letzten Film Ambulance erinnern, und Ego-Shooter-Anleihen, was immerhin für etwas kreativere Actionsequenzen sorgt, auch wenn man damit in den Zeiten von Mission: Impossible und John Wick niemanden mehr vom Hocker reißen kann.
Letzten Endes ist Bad Boys: Ride or Die harmlose, humorvolle Actionunterhaltung, an die sich niemand lange erinnern wird, die aber auch genau weiß, was ihr Zielpublikum sehen will, und es auch mehr oder weniger abliefert.
Fazit
Wiedersehen macht Freude: Will Smith und insbesondere Martin Lawrence sind in Bad Boys: Ride or Die wieder ganz in ihrem Element, auch wenn das 08/15-Drehbuch sie diesmal im Stich lässt.