An Ridley Scotts Napoleon kann man einiges völlig zu Recht kritisieren, von der sprunghaften Erzählweise über die fragwürdige Darstellung des französischen Feldherrn bis hin zum lockeren Umgang mit geschichtlichen Fakten, doch optisch war der Film zweifelsohne eine Augenweide. Niemand kann große Historienfilme und brutale Schlachtengemälden so eindrucksvoll in Szene setzen wie Scott, weshalb er auch noch im stolzen Alter von 86 weiterhin gigantische Budgets von Studios erhält, um seine ambitionierten Visionen zu verwirklichen. Auch wenn es inhaltlich gelegentlich hapert, kann man sich darauf verlassen, dass Scott Leinwandspektakel abliefert, mit denen kaum jemand mithalten kann.
Scotts bestes Historienepos bleibt immer noch sein erstes. Mit Gladiator hat er vor fast einem Vierteljahrhundert das totgeglaubte Monumentalkino eigenhändig wiederbelebt und Russell Crowe als Maximus zum Superstar gemacht. Crowe gewann für seine Performance den Oscar, der Film selbst (als einziger in Scotts langer Karriere) auch und zog eine neue Welle an Historienfilmen wie Troja, Alexander und Scotts eigenen Königreich der Himmel nach sich, von denen jedoch keiner an die Beliebtheit von Gladiator anknüpfen konnte.
Dieses Jahr kehrt Scott mit Gladiator II ins Kolosseum zurück und folgt dem inzwischen erwachsenen Lucius, Sohn von Connie Nielsens Lucilla und Neffen von Joaquin Phoenix' Commodus, der selbst zum Gladiator wider Willen wird und nach Maximus' Vorbild gegen das korrupte Regime kämpft. Shooting Star Paul Mescal (Aftersun) spielt Lucius, der im Originalfilm noch von Spencer Treat Clark verkörpert wurde. Bevor ich noch weitere Worte zum Film verlieren, lasse ich die spektakulären Bilder für sich sprechen. Hier ist der erste Trailer zu Gladiator II, der voraussichtlich am 14.11.2024 in die deutschen Kinos kommen wird:
Deutscher Trailer
Originaltrailer
Wer auf ein Wiedersehen mit Russell Crowe hofft, sollte die Erwartungen zügeln. Nicht nur ist sein Charakter am Ende des ersten Films in der Arena gestorben, auch eine Rückkehr in einem Flashback oder einer Traumsequenz ist nach aktuellem Stand nicht vorgesehen, wie Crowe selbst mehrfach in Interviews beteuert hat. Für eine direkte Verbindung zum ersten Film sorgen jedoch Connie Nielsen als Lucilla und Derek Jacobi als Senator Gracchus. Auch Djimon Hounsou sollte ursprünglich seine Rolle aus dem ersten Film wieder verkörpern, es scheiterte jedoch an einer Terminkollision.
Die neue Besetzung kann sich auch allemal sehen lassen. Neben Mescal spielt der aktuell omnipräsente Pedro Pascal ("The Mandalorian", "The Last of Us") die zweite Schlüsselrolle in dem Film. Er verkörpert den römischen General Marcus Acacius, der in jungen Jahren unter Crowes Maximus ausgebildet wurde und inzwischen der Mann an Lucillas Seite ist. Acacius wird als ehrenhafter General und tödlicher Kämpfer dargestellt, der jedoch zur Spielfigur der gemeinsam regierenden, sadistischen Kaiser-Brüder Carcalla (Fred Hechinger aus "The White Lotus") und Geta (Joseph Quinn aus "Stranger Things") wird.
Zu Beginn des Films führt Lucius ein friedliches Familienleben in Numidien in Afrika, nachdem er als Kind von seiner Mutter dorthin zu seinem eigenen Schutz geschickt worden ist. Als ein römisches Heer, angeführt von Acacius, seine neue Heimat überfällt, bricht sein Leben zusammen und er findet sich als Gladiator im Kolosseum wieder – wo ausgerechnet der verhasste Mann, der sein Leben zerstört hat, an der Seite seiner Mutter sitzt, die ihren eigenen Sohn nicht wiedererkennt.
Mit dem zweifachen Oscarpreisträger Denzel Washington (American Gangster) hat Gladiator II einen weiteren Superstar im Cast. Er spielt den ehemaligen Gladiator Macrinus, der seine Freiheit erlangte und inzwischen zu den reichsten und mächtigsten Männern Roms zählt. Er beliefert die römische Armee mit Waffen, Öl, Wein und besitzt selbst Gladiatoren und Rennwagen. Trotz seines Aufstiegs hegt er immer noch einen tiefsitzenden Groll gegen das Imperium.
Ob ein modernes Meisterwerk wie Gladiator eine Fortsetzung braucht, sei dahingestellt. Der Trailer verspricht jedenfalls einen ebenbürtigen, mitreißenden Nachfolger und eine Rückkehr zur Form für Scott. Mit einem geschätzten Budget von rund 300 Millionen US-Dollar – das Dreifache des Originalfilms – ist Gladiator II übrigens der teuerste Film von Scotts Karriere. Ob er ihm vielleicht endlich den bislang verwehrt gebliebenen Regie-Oscar einbringen wird?
Hier könnt Ihr noch das Teaser-Poster sehen: