Es ist gerade keine gute Zeit, Fan des britischen Fantasy-Autors Neil Gaiman ("American Gods") zu sein. Nachdem im Juli und August mehrere Frauen ihn sexueller Übergriffe und Missbrauchs öffentlich beschuldigt hatten, wurde die Entwicklung zahlreicher Film- und Serienprojekte, an denen Gaiman beteiligt war, pausiert oder ganz gestoppt, darunter Disneys Verfilmung seines Romans "Das Graveyard-Buch" und die dritte Staffel der Amazon-Serie "Good Omens", deren Vorlage Gaiman gemeinsam mit Terry Pratchett geschrieben hat und als deren Autor und Showrunner er von Anfang an fungierte. Gaiman hat die Vorwürfe vehement zurückgewiesen, dennoch aber Amazon angeboten, von seinen Posten bei "Good Omens" zurückzutreten, damit die Serie ohne ihn fortgeführt werden kann.
Während der Streamer die Optionen in dieser ungünstigen Lage noch erwägt, hat Netflix der Serienadaption von Gaimans DC-Comicreihe "Dead Boy Detectives" kurzerhand den Stecker gezogen. Die Fans bleiben nun auf einem offenen Ende sitzen. Die erste und einzige Staffel der Serie, die von zwei Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts verstorbenen Jungen handelt, die sich dagegen entscheiden, ins Jenseits überzutreten und stattdessen mit Hilfe des Mediums Crystal anderen Geistern helfen, knifflige übernatürliche Fälle zu lösen, wurde im April bei Netflix veröffentlicht. Die Serie wurde ursprünglich von HBO Max als Spin-Off von "Doom Patrol" bestellt, nachdem die Dead Boy Detectives und Crystal in einer "Doom Patrol"-Folge zu sehen waren. Letztes Jahr änderten sich jedoch die Pläne und die Serie wechselte zu Netflix. Grund dafür war, dass James Gunn und Peter Safran bereits eine einheitliche Vision für ihr DC-Film und Serienuniversum im Kino und bei Max hatten und "Dead Boy Detectives" dazu nicht gepasst hat.
Bei Netflix wurde die Serie Teil desselben Universums wie die Adaption von Gaimans "Sandman" und sowohl Kirby Howell-Baptiste als auch Donna Preston schauten als ihre "Sandman"-Charaktere Tod und Verzweiflung bei "Dead Boy Detectives" vorbei. Statt die Verbindung mit "Doom Patrol" komplett zu verwerfen, wurde in "Dead Boy Detectives" die Existenz des Multiversums etabliert und Ruth Connell kehrte als Night Nurse in derselben Rolle zurück, die sie bereits in der "Dead Boy Detectives"-Episode von "Doom Patrol" verkörpert hat, während die Hauptdarsteller für die Netflix-Version neu besetzt wurden.
Ob die Absetzung der Serie mit Gaimans aktuellem Skandal zu tun, sei dahingestellt, denn trotz überwiegend sehr positiver Kritiken war "Dead Boy Detectives" von Anfang an kein großer Zuschauererfolg für Netflix und verschwand nur drei Wochen nach der Veröffentlichung aus den weltweiten Top-10-Charts des Streamers. Eine zweite "Sandman"-Staffel ist jedenfalls weiterhin in Arbeit und soll nächstes Jahr erscheinen.
Unten noch der deutsche Serientrailer:
Quelle: Variety