Oblivion, USA 2013 • 125 Min • Regie: Joseph Kosinski • Drehbuch: Joseph Kosinski, Karl Gajdusek & Michael Arndt • Mit: Tom Cruise, Olga Kurylenko, Morgan Freeman, Andrea Riseborough, Nikolaj Coster-Waldau • Kamera: Claudio Miranda • Musik: M83 • FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Universal Pictures • Kinostart: 11.04.2013 • Website
In Pixars oscargekröntem Animationsabenteuer „WALL·E“ hat ein putziger Roboter dafür gesorgt, dass die von ihren Bewohnern verlassene Erde nicht in ihren gigantischen Müllbergen versinkt, und unter all den vermoderten Abfällen in der produktionsähnlichen EVE eine echte Schaltkreisverwandte gefunden. In Joseph Kosinskis Sci Fi-Epos „Oblivion“ schlüpft nun Megastar Tom Cruise in die Rolle des Technikers Jack Harper, der einer recht ähnlichen Alltagsbeschäftigung wie sein Trickfilmkollege nachgeht: Im Jahre 2077 ist die Menschheit nach einem außerirdischen Anschlag evakuiert worden und nur wenige Individuen wohnen noch in speziellen Bauwerken hoch über den Wolken, um die zerstörte Oberfläche vor Aggressoren zu schützen, während noch lebenswichtige Ressourcen gewonnen werden, und die dort patrouillierenden Drohnen zu warten. An Jacks Seite befindet sich seine attraktive Kollegin Victoria (Andrea Riseborough) – zusammen sind sie ein „effektives Team“, wie sie stets von neuem ihrer Einsatzleitung Sally (Melissa Leo) per Monitor bestätigen müssen. Wenn ihr Job erledigt ist, dürfen sich die beiden ebenfalls ihren Artgenossen auf einem entfernten Planeten anschließen. Während die gehorsame Victoria den Tag ihrer Abreise bereits herbeisehnt, fühlt sich Jack seiner ehemaligen Heimat trotz verpflichtender Erinnerungsauslöschung noch immer seltsam verbunden. Nachts träumt er von einer unbekannten Schönheit (Olga Kurylenko), welcher er schon bald persönlich in die Augen blicken soll: Bei einem Überwachungsflug stößt Jack auf ein Raumschiffswrack mit einer kleinen Anzahl Überlebender. Ein schreckliches Bild, das alles bisher geglaubte schlagartig verändern soll, tut sich anschließend vor ihm auf …
Zuschauer, die sich von „Oblivion“ vielleicht ein gänzlich innovatives Genretestament erhofft haben, dürften sich nach Sichtung von Joseph Kosinskis Folgearbeit zu dessen aufwändigem Effektspektakel „TRON: Legacy“ (2010) ein wenig enttäuscht zeigen. Was zunächst als postapokalyptisches Landschaftsporträt im Stil von Richard Mathesons Kultroman „Ich bin Legende“ (und natürlich dessen Adaptionen oder Filmvariationen „The Last Man on Earth“, „Der Omega-Mann“ und „I Am Legend“) beginnt, entwickelt sich zügig zu einem mit relativ vorhersehbaren Mysteryelementen ausgestatteten Actionreißer. Der Inhalt ist nicht gerade neu. Kosinski, nach eigenen Angaben ein großer Fan von SciFi-Werken der Siebziger Jahre, bedient sich im Verlauf hemmungslos bei diversen Klassikern wie Stanley Kubricks „2001“, Ridley Scotts „Blade Runner“ oder Paul Verhoevens „Total Recall“ und verschmelzt diese zu seiner persönlichen Zukunftsvision, die er bereits zuvor als gleichnamiges Graphic Novel umgesetzt hat.
Dank ihrer edlen Verpackung und straffen Inszenierung funktioniert die 120 Millionen Dollar schwere Produktion trotz der bekannten Versatzstücke dennoch bestens. Man darf „Oblivion“ gerne in die Kategorie Style over Substance einordnen, doch bevor man vorschnell die Nase rümpft, sollte man sich besser selbst ein Bild davon machen, mit welcher Kraft dieser Style der zusammengeborgten Geschichte zu neuem Glanz verhilft: Die majestätischen Aufnahmen des frischgebackenen Oscarsiegers Claudio Miranda („Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“) lassen einen die Kinnlade herunterklappen – und das alles ohne die aktuell bei Blockbustern so inflationär eingesetzte 3D-Technik. Gefilmt auf Sonys brandneuer CineAlta F65-Kamera mit gestochen scharfem 4K-Output, verfügt die Umsetzung über eine ganz eigene Autorität, die durch die beeindruckende, futuristische Ausstattung und den zwischen Low Key-Tönen und orchestraler Größe pendelnden Score der französischen Synthpop-Band M83 bis zum Maximum verstärkt wird. Dies ist ein feuchter Traum für Fetischisten der audiovisuellen Gestaltung und ein waschechter Grund dafür, das Heimkino mal wieder für die (am besten ganz) große Leinwand zu verlassen.
Der zuletzt in dem actionreichen Thriller „Jack Reacher“ und dem Musical-Flop „Rock of Ages“ vertretene Tom Cruise liefert als Zweifler Jack eine durchweg solide Performance ab, welcher man aber mit Sicherheit keine Chancen bei den nächsten Academy Awards prophezeien wird. Und so ist es dann auch mit seinen Co-Stars Andrea Riseborough, Olga Kurylenko und dem in Anbetracht des Stoffes durchaus unterforderten Morgan Freeman. „Oblivion“ ist nicht wirklich plumpes, aber auch keineswegs intellektuell forderndes Popcornkino mit bombastischen Schauwerten, dessen Illusion die Zuschauer genau so lange gefangen nimmt, wie diese sich auf die pure Bildgewalt einlassen können. Wie bei jedem guten oder schlechten Film, lässt sich auch hier ein gewisser Subtext finden. Ob man diesen allerdings unbedingt benötigt oder auch einfach nur die betörende Oberfläche genießen kann, bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Ja, in „Oblivion“ werden auch Fragen der Existenz und Menschlichkeit angerissen – was mir von dem Film jedoch am Ende im Gedächtnis haften geblieben ist, sind Bilder und Musik. Und das ist in diesem Fall wirklich nicht negativ gemeint.
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