Quelle: Chicago Sun-Times
Es ist ein trauriger Tag für die Filmkritik, aber auch die Welt des Films im Allgemeinen. Der zweifelsohne einflussreichste und berühmteste Filmkritiker der USA (wenn nicht der Welt) erlag im Alter von 70 in Chicago den Komplikationen des Schilddrüsenkrebs, gegen den er seit mehr als 10 Jahren ankämpfte. Erst am Dienstag hat Ebert auf seinem Blog seinen letzten Eintrag veröffentlicht. Betitelt A Leave of Presence (übersetzt: "Anwesenheitsnotiz"), verkündete der Eintrag unter anderem, dass seine Krebserkrankung zurück sei und er erneut behandelt werden würde. Dass es danach so schnell gehen würde, hätte niemand erwartet. Einen wunderschöneren Abschied als den, den er mit seinem obigen Eintrag hinterlassen hat, kann man sich aber in seinem Fall kaum vorstellen. Jedem Ebert-Fan kann ich den Eintrag nur ans Herz legen.
Roger Ebert begann seine Laufbahn 1967 als Filmkritiker der Chicago Sun-Times, für die er bis zu seinem Tod als Kolumnist und Filmkritiker geschrieben hat. Sein Schreibstil fand schnell viele Anhänger und Bewunderer. Im Jahre 1975 gewann er als erster Filmkritiker überhaupt den Pulitzer-Preis. Im gleichen Jahr startete er mit seinem Freund und Kolumnisten der Chicago Tribune Gene Siskel die Fernsehsendung "Sneak Previews", in der beide Filme dem Publikum vorgestellt und rezensiert haben. Aus "Sneak Previews" wurde mit wachsendem Erfolg später "At the Movies with Gene Siskel and Roger Ebert" und dann "Siskel & Ebert & the Movies". Siskel und Ebert haben darin die Filme nach dem "Daumen-hoch/Daumer-runter"-Prinzip bewrrtet. Die Sendung lief bis Siskels Tod 1999. Ein Jahr später nahm Richard Roper seinen Platz ein und die Sendung wurde in "At the Movies with Ebert & Roeper" umbenannt. Im Juni 2005 wurde Roger Ebert auch zum ersten Filmkritiker, der eine Stern auf dem Hollywood Walk of Fame erhielt. Im Laufe seines Lebens hat Ebert 17 Bücher (primär, aber nicht ausschließlich, über das Thema "Film") veröffentlicht und er startete sogar in seiner Heimatstadt Champaign, im Bundesstaat Illinois sein eigenes Filmfestival, genannt "Ebertfest", auf der er Filme vorstellte, die er für unterschätzt hielt. Das Festival feiert dieses Jahr sein 15. Jubiläum. Momenten dreht Martin Scorsese eine Dokumentation über Roger Ebert.
Seit 2002 kämpfte Ebert gegen den Schilddrüsenkrebs, doch er hörte nie auf Filme zu sehen und zu rezensieren. Sogar einige seiner wichtigen Operationen ließ er um die Screening-Termine wichtiger Filme herum legen, damit er möglichst wenig verpasst. 2006 wurden bei einer Operation Teile seines Unterkiefers entfernt, sodass er die Fähigkeit zu sprechen und zu essen verlor. Doch auch das entmutigte ihn nicht und hielt ihn nicht davon ab, über seinen populären Blog und seinen Twitter-Account (mit über 800,000 Followers), seine Meinung der Welt mitzuteilen. Dass er sich mit der Filmbranche sehr gut auskennt, hat er erst letztes Jahr mal wieder bewiesen als er bereits im September mit großer Selbstsicherheit den Tipp abgab, Argo würde bei den Oscars den großen Preis abräumen.
Auch wenn ich häufig nicht der gleichen Meinung wie Ebert war, fand ich, dass sein Schreibstil stets großartig und treffsicher war und die Argumente immer gut und pointiert vorgebracht wurden. Außerdem hat wohl niemand den Beruf des Filmkritikers so popularisiert und die eigene Leidenschaft für die Filme so spürbar gemacht wie Ebert.
Eberts letzte Worte auf seinem Blog lauteten:
"So on this day of reflection I say again, thank you for going on this journey with me. I’ll see you at the movies."
Vorhang zu.
Ein großer und trauriger Verlust – da besteht kein Zweifel.