Man of Steel, USA 2013 • 143 Min • Regie: Zack Snyder • Mit: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Russell Crowe, Kevin Costner, Diane Lane, Laurence Fishburne • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 20.06.2013 • Deutsche Website
Handlung
In einer weit entfernten Galaxie neigt sich die hochentwickelte Zivilisation auf dem Planeten Krypton durch die Instabilität des Kerns dem Ende. Der führende Wissenschaftler von Krypton, Jor-El (Russell Crowe) warnt den hohen Rat, stößt jedoch auf taube Ohren. General Zod (Michael Shannon), der Jor-Els Ansicht zwar teilt, jedoch nur das Überleben bestimmter „würdiger“ Rassen auf Krypton sicherstellen will, wagt daraufhin mit einigen Gefolgsleuten einen Aufstand. Zugleich bringt Jor-Els Frau Lara Lor-Van (Ayelet Zurer) ihr gemeinsames Kind auf die Welt – das erste natürlich gezeugte Kind von Krypton seit Jahrhunderten. Um dieses zu retten und den Fortbestand von Kryptons Zivilisation zu sichern, wird das Kind, genannt Kal-El, in einer Raumkapsel auf die Erde entsandt und mit ihm zusammen, das wertvolle „Codex“, eine Energiequelle, die die genetische Information aller zukünftiger Kryptonier enthält. Zod will ihn daran hindern, kommt jedoch zu spät. In einem Kampf tötet Zod Jor-El.. Doch der Aufstand wird durch Kryptons Rat zerschlagen und Zod wird gemeinsam mit seinen Anhängern eingefroren und zur Haft in der sogenannten Phantomzone verurteilt. Es kommt jedoch, wie vorhergesagt, und Krypton geht unter. Mit der Zerstörung des Planeten werden die Gefangenen der Phantomzone befreit und machen sich auf die lange Suche nach Kal-El, um das Codex zurück zu bekommen. Die Kapsel mit Kal-El landet derweil in der Nähe einer Farm in Kansas. Das Baby wird von dem kinderlosen Ehepaar Jonathan (Kevn Costner) und Martha Kent (Diane Lane) adoptiert und auf den Namen Clark Kent getauft. Seine Herkunft kennt Clark nicht, doch schon in der Kindheit merkt er, dass er anders ist. Er verfügt über enorme Stärke, einen Röntgenblick und kann Hitzestrahlen aus den Augen schießen. Was er nicht weiß, ist dass die Unterschiede in der Luftstrahlung auf der Erde diese Veränderungen bei ihm bewirkt haben. Sein Leben lang muss er seine Superkräfte auf Drängen von seinem liebenden Adoptivvater vor den anderen verbergen, was ihm häufig schwer fällt. Etwa 33 Jahre nach seiner Ankunft, hat er (Henry Cavill) sich mit der Existenz als Außenseiter auf dieser Welt abgefunden, bis die findige Reporterin Lois Lane (Amy Adams) seiner Natur auf die Schliche kommt. Zugleich erreicht General Zod die Erde und fordert die Auslieferung von Kal-El – ansonsten droht Vernichtung. Wieder muss Clark Kent eine schwierige Entscheidung treffen. Ist die Welt bereit, ihn zu akzeptieren?
Kritik
Superman-Fans, die ihren Helden auf der großen Leinwand erleben möchten, haben es nicht leicht. Während sich der Mann aus Stahl in Comic-Form weiterhin riesiger Popularität erfreut und auch im Fernsehen erfolgstechnisch eine sehr gute Figur gemacht hat („Smallville“ hat es immerhin auf 10 Staffeln gebracht!), sind seine Kinoauftritte bislang mit gemischten Gefühlen zu betrachten. Beim Massenpublikum hat Superman einen schweren Stand. Häufig wird der unbesiegbare Mr. Perfect als langweilig und einseitig abgestempelt – im Gegensatz zu seinem finsteren DC-Comics-Kollegen Batman. Dabei hat alles doch so gut angefangen. Mit Richard Donners Superman von 1978 legte der Superheld einen umjubelten und sehr erfolgreichen Einstand hin. Zu seiner Zeit war es ein Kino-Event sondergleichen und wurde von den Kritikern wie auch von den Zuschauern mit offenen Armen empfangen. Kein Wunder, denn es war auch die erste große Comic-Adaption, die in die Kinos kam und sich selbst ernst genug nahm. Die Probleme fingen bereits bei Teil 2 an. Nachdem Richard Donner bereits den Großteil von Superman II – Allein gegen alle abgedreht hatte, wurde er aufgrund von Meinungsverschiedenheiten von den Produzenten entlassen und Richard Lester kam an seine Stelle. Trotz der turbulenten Produktionsgeschichte sehen viele Fans Superman II als den besten Film über den Sohn von Krypton an. „Knie nieder vor Zod“ wurde zu einem Kultspruch der Reihe. Was ab da folgte, muss jedoch zahlreiche Superman-Fans in die Verzweiflung getrieben haben. Superman III – Der stählerne Blitz konnte zwar an den Kinokassen noch halbwegs überzeugen, doch der mit Slapstick überladene Film erntete von den Fans harsche Kritik. Je weniger über Superman IV gesagt wird desto besser. Dieser Film sorgte dafür, dass es knapp 19 Jahre dauern sollte bis zum nächsten Leinwand-Ausflug von Superman. Sicherlich trug dazu auch die Tatsache bei, dass Christopher Reeve mit der Rolle so sehr assoziiert wurde, dass es lange Zeit unmöglich schien, sich jemand anderen an seiner Stelle vorzustellen.
Supermans Zeit schien vorbei, die Herrschaft von Batman begann. Später erfuhr Superman diverse TV-Inkarnationen – mehr oder minder erfolgreich. Erst Bryan Singers Leidenschaft für den Charakter führte schließlich dazu, dass 2006 Superman Returns in die Kinos kam. Nach den Riesenerfolgen von X-Men und X-Men 2, galt Singer neben Sam Raimi als der König von Superheldenfilmen. Was konnte also schon schief gehen? Einiges, wie es aussieht. Singers Superman Returns war schön anzusehen, nostalgisch, romantisch – und in großen Teilen einfach todeslangweilig. Er bestätigte viele Vorurteile, die die Zuschauer gegen Superman hatten. Wie häufig will man schon Superman gegen Lex Luthor antreten sehen und Supermans einzigen wunden Punkt immer wieder auf das Kryptonit zurückführen? Der Film schrieb solide Zahlen an den Kinokassen, doch angesichts der enormen Produktionskosten wurde auf eine direkte Fortsetzung dennoch verzichtet. Superman Returns war ein Projekt, das mit viel Liebe und einer genauen Vision entstanden ist. Es war ein nobles Unterfangen, doch leider nicht zeitgemäß. Glücklicherweise hat Warner Bros. die Superman-Fans keine weiteren 19 Jahre warten lassen und fast genau sieben Jahre nach Superman Returns, kommt mit Man of Steel das sechste Leinwandabenteuer von Kal-El alias Clark Kent alias Superman. Wenn man eins dieser Version nicht vorwerfen kann, dann ist es, dass sie nicht zeitgemäß sei. Um genau zu sein, trifft Man of Steel ziemlich genau den Zeitgeist der jetzigen Generation. Doch das reicht nicht aus, um Man of Steel zu dem grandiosen, Standards-setzenden Superman-Film zu machen, auf den viele gehofft haben. Genau genommen, bedingt es zum Tel sogar das Gegenteil.
Die Orientierung des neuen Films war schon klar, als neben dem Regisseur Zack Snyder, Christopher Nolan als Produzent und Berater an Bord geholt wurde. Der neue Superman sollte düster und ernst werden, seine Welt sollte bodenständig sein. Den ersten Aspekt davon hat man erreicht, doch der zweite scheitert bereits daran, dass Superman nicht nur ein Alien ist, sondern dass die ersten 20 Minuten des Films, die auf Krypton spielen, nach einer Mischung aus Star Wars und Avatar aussehen. Spätestens wenn Russell Crowe auf etwas reitet, was nach einer riesigen Libelle aussieht, geht jegliche Bodenständigkeit über Bord und man befindet sich im Avengers-Territorium. An sich ist daran auch gar nichts verkehrt. Im Gegenteil – gerade die Eröffnung auf Krypton besticht durch eine epische und einnehmende Gestaltung der fremden Welt und fährt alles an visuellem Bombast auf, was das moderne Kino zu bieten hat. Dass der Film jedoch zugleich versucht, in späteren Teilen möglichst realistisch und bodenständig zu wirken, steht dazu im ungemütlichen Kontrast und passt auch nicht so recht zur Figur von Superman. Man of Steel ist möglicherweise die humorloseste Verfilmung eines bekannten Comics, die je in die Kinos kam und gerade das könnte kaum mehr im Kontrast zu Supermans Charakter stehen. Schließlich handelt es sich um einen Typen, der mit einem Kostüm und einem Cape in den Farben der US-Flagge fliegt und der Laserstrahlen aus den Augen schießt! Mit dieser trocken-humorlosen Darstellung von Superman wollte man den Wünschen des modernen Publikums entgegen kommen, welches keinen albernen Superman will und ihre Helden lieber düster mag. Dabei vergaß man jedoch, dass sogar Nolans Batman-Trilogie eine Menge an wohldosiertem Humor hatte (Beispiel: Bruce Wayne: „Ein Mann, der sich als Fledermaus verkleidet, hat eindeutig Probleme“), der mal mehr mal weniger subtil rübergebracht wurde. Bei all der Dunkelheit, dem Leid und dem Schmerz, blieb Nolan stets den Comic-Ursprüngen seiner Figur treu. Was die Vorwürfe betrifft, seine Batman-Filme seien zu düster – Man of Steel lässt The Dark Knight Rises wie Hangover aussehen. Einige halbherzige Versuche, dem Zuschauer ein Lächeln zu entlocken, scheitern und schnell gibt man es auch auf. Eine Anmerkung für alle, die sich künftig des Charakters annehmen möchten: auch ernste Filme dürfen Humor beinhalten, ohne dass sie lächerlich oder albern wirken. Nicht jeder Superheldenfilm soll locker-fröhlich sein wie Iron Man oder The Avengers, doch in die andere Extreme umzuschlagen ist auch nicht die beste Lösung.
Was Man of Steel jedoch an Lockerheit und Humor mangelt, gleicht er durch die Bilder, die er bietet, aus. Superman Returns wurde häufig der Mangel an guten Actionszenen (bzw. an Actionszenen generell) vorgeworfen. Nun über die Quantität der Action in Man of Steel kann man sich kaum beschweren. Lediglich über die Verteilung über den Film hinweg und die Monotonie einiger Sequenzen kann man sich sehr wohl aufregen. Nach einem furiosen und sehr gelungenen Beginn, der den Zuschauer sofort in die Handlung mit einbezieht, folgt eine sehr lange Phase, in der die Action (und natürlich auch der Humor) völlig ausbleiben. Stattdessen geht es um die Suche von Clark Kent nach seiner Herkunft und Identität, wobei zahlreiche, ungeschickt zeitlich verschaltete Flashbacks die Kindheit und Jugend von Clark beleuchten. Das Problem, das sich hier zeigt ist schlicht, dass Supermans Werdegang zum Superhelden im Gegensatz zu seinen Kollegen Peter Parker oder Bruce Wayne eben sehr lang ist. „Smallville“ hat zehn Jahre gebraucht, um zu zeigen, wie aus Clark Kent Superman wurde. Dass auch hier die Selbstfindung einen großen Teil einnimmt, ist nicht verkehrt. Auch der Inhalt der Flashbacks funktioniert an und für sich ganz gut. Kevin Costner und Diane Lane als Adoptiveltern von Clak bilden das emotionale Zentrum des Films und halten auch in zähen Momenten den Streifen über Wasser in ähnlicher Weise wie der junge Clark einen Schulbus auf seinen Schultern aus dem See hievt. Die Herausforderung, eine prägende Rolle in Clarks Leben zu spielen, meistern Costner und Lane perfekt und man wünscht sich beinahe, noch mehr von ihnen zu sehen. Zugleich jedoch wünscht man sich, Snyder hätte die Geschichte unter Verzicht auf Flashbacks schlicht chronologisch erzählt, denn erzähltechnisch macht die Präsentation nicht viel Sinn und unterbricht den Fluss des Films an unpassenden Stellen. Dass die Flashbacks nicht einmal in sich chronologisch präsentiert werden, macht es nicht besser.
Wenn es dann aber im letzten Drittel ans Eingemachte geht, so werden dem Zuschauer etwa 40 Minuten an reiner Action geboten. In ihren besten Momenten versetzen die Kampfszenen zwischen Superman und den Handlangern von Zod in Staunen. Es wird mit Trucks geschmissen, mit Raketen gefeuert und durch Gebäude hindurch geworfen. Heutzutage wird von dem Wort „episch“ wirklich zu häufig Gebrauch gemacht und auch ich bin wahrscheinlich diesbezüglich ein Sünder, doch wenn die Action richtig in Fahrt kommt, dann lässt sich einfach kein anderes Wort anwenden. Gerade der Schlusskampf zwischen Superman und Zod zieht sich aber leider in die Länge, hinterlässt mehr Kollateralschaden, als die Showdowns in den Transformers-Steifen und erinnert zum Teil unangenehm an den finalen Kampf in Matrix Revolutions. Wenn zwei unzerstörbare Übermenschen sich von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer prügeln, wirkt das in den ersten fünf Minuten cool, in den nächsten fünf Minuten redundant und in den letzten fünf Minuten beinahe nervig. Am Ende dieses überlangen Kampfes wird man dafür mit einem der besten Charaktermomente von Superman im ganzen Film belohnt.
Henry Cavill kann man nicht viel vorwerfen. Ob er Superman so prägen wird, wie seinerzeit Reeve, wage ich zu bezweifeln, doch er hat das Aussehen und die Ausstrahlung gut drauf. Seine Qualitäten als Clark Kent kann man aber kaum beurteilen. Vom nerdigen Kent sieht man im Film keine zwei Minuten. Ein richtiges Highlight ist dafür Amy Adams, die wohl die bis dato beste Version der taffen und sehr anziehenden Lois Lane bietet (aber wann war Adams schon schlecht?). Russell Crowe macht seine Aufgabe ganz gut, auch wenn sein Charakter im Film sehr häufig auftaucht für jemanden, der die meisten Zeit eigentlich tot ist. Michael Shannon enttäuscht dafür etwas als Zod, was möglicherweise auch an den Erwartungshaltungen liegt. Sein Bösewicht erfüllt zwar alle Kriterien eines soliden Comic-Bösewichts (samt Wahnsinn und Geschrei), doch bei Michael Shannon sind die Ansprüche aufgrund von seinem Faible für labile Charaktere (und der Unheimlichkeit, wie gut er diese in der Regel verkörpert) etwas höher als bei vielen anderen. Shannon spielt jedoch einen soliden Fiesling auf Autopilot und wird wohl kaum in die Annalen als einer der bemerkenswertesten Comic-Bösewichte aller Zeiten eingehen. Deutlich mehr Spaß hatte ich dafür mit Antje Traue als seine Handlangerin Faora.
Letztlich bleibt zu sagen, dass das Ziel der Macher es offensichtlich war, einen Film zu erschaffen, der möglichst anders ist als Superman Returns. Doch wie auch bei Hangover 3 die Bemühungen möglichst anders als sein Vorgänger zu sein, in die falsche Richtung schlugen, so passiert es auch hier, wenn zum Glück auch bei weitem nicht so drastisch. Denn nach der lauten, CGI-getränkten Action, der Humorlosigkeit und der unglücklich gewählten Erzählstruktur, bleibt immer noch ein großes, fesselndes Spektakel, welches für den besten Genuss einen Kinobesuch (wenn auch nicht zwingend in 3D!) erfordert und zudem noch durch einen Hans Zimmer-Score besticht, der es in einigen Momenten mit seinem besten Werk an Nolans Batman-Filmen aufnehmen kann. Zack Snyder hat keinen Superman-Film für die Ewigkeit erschaffen, doch es sind genug Anlagen und Anspielungen (Lana Lang! LexCorp!) da, um ein Fundament für ein Franchise zu legen, auf dem das unvermeidliche Sequel nun aufbauen kann.
Fazit
Man of Steel funktioniert angesichts der erschreckenden Humorlosigkeit, des arg unebenen Erzähltempos und eines kaum interessanten Helden deutlich besser als er sollte und angesichts der Talente hinter dem Film und des visuellen Bombasts deutlich schlechter als er könnte. In seinen besten (Action)Momenten entlockt der Film dem Zuschauer ein leises "Wow", während einige bemerkenswerte schauspielerische Leistungen den Film auch in seinen zähen Segmenten über Wasser halten.