Nicht mein Tag, D 2014 • 115 Min • Regie: Peter Thorwarth • Mit: Axel Stein, Moeitz Bleibtreu, Jasmin Gerat, Aanna Maria Mühe, Nele Kiper • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 16.01.2013 • Deutsche Website
Vermutlich ist für viele Zuschauer der losen Verfilmung des gleichnamigen Romans von Ralf Husmann der Tag ruiniert. Zumindest 115 Minuten davon, denn solange feiert der konfuse Plot seine chauvinistischen Figuren. Dabei ist Zeit so kostbar, wie der biedere Bankangestellte Till Reiners (Axel Stein) eines Tages entdeckt. Ist das der Tag, von dem der Filmtitel spricht? Keine Ahnung, denn die Handlung geht über drei Tage, die alle ziemlich übel sind, sowohl für Till als auch den Zuschauer. Jedenfalls ist es der Tag, mit dem die ausführliche Rückblende beginnt, der Tag des 60. Geburtstags des Filialleiters. Dessen dahingesagte Dankesworte hallen in Tills Kopf mit diesem gewissen Soundeffekt, der unmissverständlich klar macht, dass hier gerade jemand zu einer profunden Erkenntnis kommt. Für den Protagonist ist es die, dass sein Dasein als Vater eines quengeligen Kleinkindes, Ratenzahler eines Bausparvertrags und Gatte der hässliche Taschen entwerfenden Miriam (Anna Maria Mühe) in nicht zufrieden stellt. Eine ähnliche Erkenntnis dämmert einem bezüglich des Films, der bereits in der Klischeespur auf Grund läuft.
Ob Originalität in Husmanns Roman so peinlich abwesend ist wie auf der Leinwand, lässt sich ohne Lektüre des Buches nicht sagen. Da der Autor der Vorlage zugleich der des Drehbuchs ist, hat man Grund zu der Annahme. Die Hirnrissigkeit der Gaunerklamotte, die mit dem rüden Auftreten des vorbestraften Nappo (Moritz Bleibtreu) in Tills Beraterbüro beginnt, wäre nur halb so anstrengend, gäbe es nicht die nervtötenden Gestalten, die sich an den kein Stereotyp auslassenden Eskapaden beteiligen. Till ist der Musterspießer, der Nappo einen Kredit verwehrt, und sich im Laufe der Ereignisse seiner Rocker-Natur besinnt. Nappo ist der pöbelnde, obszöne Delinquent mit Immigrationshintergrund, der die Bank ausraubt und zu Geisel Till beim Palavern über ewige Themen wie Nachwuchs, Frauen und Rock ’n Roll eine aufopferungsvolle Kameradschaft aufbaut. Das Männerbild beschränkt sich auf die ironiefrei betrachteten Extreme von verweichlichtem deutschen Banker-Spießer und rabiatem ausländischen Assi-Verbrecher. Das Frauenbild ist ebenso nuanciert. Miriam kommt als treudoofe Ehefrau noch am Besten weg. Ihre Freundin Ina (Nele Kiper) ist das notgeile Luder, durch dessen Schuld Till Miriam zu Unrecht Fremdgehen vorwirft.
Ina darf ein bisschen Brust zeigen, um das Publikum mit der Aussicht auf mehr unmotivierte Nacktheit zum Bleiben zu überreden. Die Nacktheit dann liefert Nappos prollige Freundin Nadine (Jasmin Gerat, noch unsexier als in der Playboy-Ausgabe von 1998). Was für „Bravo TV“ galt, gilt umso mehr für die Schauspielerei: Heike Makatsch ist mit Abstand die Bessere. Dafür passt Gerat darstellerisch perfekt zu Moritz Bleibtreu. Beide sind quasi Groupies der deutschen Komödie. Eine aufdringlichere Dauerpräsenz besitzt höchstens Co-Produzent Til Schweiger, der mit zwei Anspielungen und einer Cameo auf sich aufmerksam macht. Das Schweiger-Gerat-Bleibtreu-Trio mit Axel Stein und obendrein Milan Peschel vereint zu sehen, wirkt wie eine überfällige Union hiesiger Mainstream-Filmfabrikation: „Schutzengel“ meets „Kokowääh“. Eine ganz andere Hoffnung hegt Regisseur Thorwarth, nämlich „dass sich herumspricht, dass nicht alle deutschen Komödien gleich sind.“ Stimmt, manche sind gleicher. Zu ihnen zählt „Nicht mein Tag“: eine Destillation der schlechtesten Aspekte des Genres.
Fazit
„Toll“ fände Throwarth, „wenn der ein oder andere Zuschauer, der der deutschen Komödie in den letzten Jahren den Rücken zugekehrt hat, von uns wieder zurückgewonnen werden kann.“ Wahrscheinlicher ist das Gegenteil. Bleiben nur zwei Fragen: Wo ist eigentlich Matthias Schweighöfer? Und, wie Till rätselt: „Wie kann man so ’nen Scheiß noch lustig finden?“
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