Vaterfreuden, D 2013 • Laufzeit 110 Min • Regie: Matthias Schweighöfer • Mit: Matthias Schweighöfer, Friederich Mücke, Tom Beck, Isabell Polak, Detlev Buck • FSK: ab 6 Jahren. • Kinostart: 6.02.2014 • Deutsche Website
Der Begriff „Sell Out“ aus dem Musikbusiness wird zur Verdeutlichung des Empfindens beim Schauen von „Vaterfreuden“ entliehen. Weitläufig ist damit der Tausch von Prinzipientreue, Moral und Integrität für einen Gewinn (meist Geld), oder persönlichen Vorteil zu beschreiben. Das wäre allerdings des Guten zu viel und im Beispiel von „Vaterfreuden“ ist damit schlicht der reine Zuschnitt auf einen Mainstream-Erfolg bei Matthias Schweighöfers Fanbasis gemeint; abzüglich jeglicher Innovation. Bei aller Sympathie für Herrn Schweighöfer (er ist wahrlich ein dufter, smarter Kerl!) – es wirkt, als würde er als Produzent, Regisseur und Darsteller zu viel stemmen wollen. Auf der Ottomane der Selbstgefälligkeit Platz nehmend, lässt er sich ausgeruht von seiner verschworenen und treuen Fangemeinde umhertragen. Hoffentlich macht er es bald wieder gut, denn er kann es besser.
Felix (Matthias Schweighöfer) ist ein hipper Single in der Metropole München. Er nimmt das Leben, wie es kommt, hat am „Ende“ des Monats kaum Geld, übernimmt Gelegenheitsjobs, flirtet mit Bar-Miezen und schleppt sie ab oder lässt sich abschleppen. Nervige Gedanken wie Partnerschaft, Bindung oder Beziehung haben in dieser Männerhöhle keinen Platz. Ein bisschen nervig wird es für Felix schon, als sein Bruder Henne (herrlich spleenig: Friedrich Mücke) mir nichts dir nichts vor der Tür steht und samt Frettchen Karsten einzieht. Bei einem unglücklichen, leichtbekleideten Unfall beendet Frettchen Karsten mit einem Biss ohnehin jedwede Träumereien von eigenen Kindern. Das spießige Familienleben und eben die Vaterfreuden wirken nun doch irgendwie magisch. Darüber hinaus versucht Felix die vermeintliche Mutter seines ungeborenen Kindes aufzusuchen, da er vor dem Unfall in einer Samenbank gespendet hat. Findet er schließlich bei der gesuchten Dame, Sky-Moderatorin Maren (Isabell Polak), das, was er sich wünscht, oder gar noch viel mehr?
Der neue Film von Allstar Matthias Schweighöfer hat ganz klar seine witzigen Augenblicke. Die Trailerszene auf der Wasserrutsche ist schlicht und ergreifend wahr. Wenn man ab einem bestimmten Alter seine Coolness eingebüßt hat, ist man eine lahme Ente auf der Wasserrutsche. Definitiv eine kultige Szene von Darsteller Schweighöfer. Detlev Buck kann als schrulliger Befruchtungshelfer "Dr. Parisius" (man beachte das witzige Wortspiel) gute Schmunzler herbeizaubern. Besonderes Lob gebührt allerdings Felix‘ Bruder Henne und seinem Frettchen. Der Medikamententester Henne ist eine schräge Erscheinung und sorgt für die Portion absurden Humors. Sein Frettchen Karsten ist nicht minder schräg und die beiden sorgen immer wieder für Lacher. Leider sind die Anteile einer schrägen Komödie zu rar und löchrig gestreut, wirken dadurch fehl am Platz. Die dramatischeren Parts wirken dagegen spröde und gekünstelt, sodass die gewollte Fusion, Komödie plus Drama ergibt Dramödie, nicht klappt, nicht stattfindet oder geschmacksverirrt daherkommt. Zurückzuführen ist dieser Umstand auf dramaturgische Kunstfehler wie zum Beispiel ein ad hoc eingeführtes, tragisches und schwülstig-kitschig fotografiertes Ereignis in der Vergangenheit des Hauptcharakters. Somit wird der Figur Felix keine emotionale Fallhöhe oder überflüssige Tiefe geschenkt, sondern sie wird eher ihres Fundamentes beraubt. Als in den Tag hineinlebender Single allein hätte die Figur Felix besser funktioniert. Unglücklicherweise ziehen sich die abgedroschenen Toppings auch durch die Beziehungen der restlichen Figuren. Der Verweis, hier ein System erkennen zu können, ist ebenso redundant. Ein unsicheres Rodeo mit altersschwachen Klischees. Maren hadert neben dem scheinbar aufdringlichen Felix mit einem festen Freund Ralph (Tom Beck), der alles andere als aufrichtig handelt und lediglich als der „Bad Cop“ in dem Dreiecksspielchen „Good Cop – Bad Cop“ agieren darf. Dem weiteren Handlungsverlauf wird durch zu viele Klischees vorweggegriffen und „Vaterfreuden“ verzichtet somit unbeabsichtigt auf einen Spannungsbogen. An dieser Stelle sei noch auf die coolen Aufnahmen der X-Games aus München verwiesen.
Warum gibt sich Matthias Schweighöfer der Massenabfertigung durch Fließbandware hin? Mal mehr gegen den Strom und ein neues Publikum begeistern – das wäre doch mal was. Oder hält dafür der Name Schweighöfer nicht hin? Schade, denn zuzutrauen wäre es ihm sicherlich. Bei der Entscheidungsfrage „Drama oder Komödie?“ glasklar eine Seite gewinnen zu lassen, wäre auch ratsam gewesen. Der poppige Soundtrack klingt ebenfalls viel zu stark nach Til Schweigers Filmen (im Zuge dessen auf die Igel-Handpuppen achten). Was soll’s? Die treuen Fans als Rückenwind, bläst es Multitalent Matthias Schweighöfer hoffentlich beim nächsten Versuch über die bloße Erfüllung des absoluten Mindestmaßes, oder gefühlten Minimums, hinaus. „Vaterfreuden“ ist genau das, was die Fans erwarten, die mit dem Film augenscheinlich nichts falsch machen, aber vielleicht doch selbst bald merken, dass sie bedauerlicherweise zu oft das allzu Gleiche sehen dürfen.
Sell Out trifft es voll und ganz, wobei ich bezweifele, dass der Herr es besser kann. Die (weibliche) Fangemeinde wird die seichte Belanglosigkeit jedenfalls dufte finden.
Ob er es Regie-mäßg besser kann, weß ich nicht, aber er hatte tatsächlich schon bessere Projekte als Schauspieler gewählt. Friendship! fand ich beispielsweise voll und ganz in Ordnung und auch Russendisko hat mich gut unterhalen (was aber wohl eher an Kaminers Vorlage lag). Aber sowas wie Der Schlussmacher oder Frau Ella oder das hier…
"Friendship!" und Co: Richtig, das meinte ich auch mit dem "es besser können". Ich als unbelehrbarer Hobby-Idealist glaube an das Gute im Menschen und demzufolge daran, dass Schweighöfer auch mal eine bessere Regiearbeit abliefert. So geht das bestimmt (hoffentlich) nicht ewig weiter. Danke für die Rückmeldung.