The Monuments Men, USA/D 2014 • 118 Min • Regie: George Clooney • Mit: George Clooney, Matt Damon, Bill Murray, John Goodman, Bob Balaban, Cate Blanchett, Jean Dujardin, Hugh Bonneville • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 20.02.2014 • Deutsche Website
„McGuffin“ bekommt eine völlig neue Bedeutung in George Clooneys komfortablen Kriegsstreifen. Darin versuchen der Regisseur und sein supersauberes halbes Dutzend Kunstkenner zu retten, was noch zu retten ist: an bedrohten Kunstschätzen und dem holprigen Plot. In seiner fünften Kino-Regiearbeit spielt Clooney den Historiker Frank Stokes, der gegenüber Franklin D. Roosevelt den zivilisatorischen Wert der von den Nazis begehrten Weltkulturschätze hervorhebt: „Wenn man eine ganze Generation der Kultur eines Volkes zerstört, ist es als hätte es nie existiert.“ Der Verlust geistesgeschichtlicher Monumente wiegt schwerer als der von Individuen, ließe sich diese Aussage interpretieren. Die Frage nach der Bedeutung historischer Kunstschätze vor dem Hintergrund historischen Massenmordes ist desto diffiziler und konfliktiver, je mehr man sich darauf einlässt. Gerade solche Auseinandersetzungen erwartet man von einem Regisseur, der in seinen bisherigen Spielfilmen gezielt delikate Politthemen aufs Tapet brachte. Umso enttäuschender ist, dass Monuments Men – Ungewöhnliche Helden seine Handlung um die ethischen Aspekte herum laviert, als fürchte er den Diskurs oder habe schlicht keine Meinung. Zweites scheint fast wahrscheinlicher angesichts des flapsigen Erzähltons. It’s a jolly good war, fellows – nur wenn ein oder auch zwei von Clooneys Männern fallen, ist das tragischer als Dachau und die durch Fässer voller Zahngold angedeutete Ermordung tausender Juden.
„Ungewöhnliche Helden“? Die Figuren aus Robert M. Edsels markig betitelter Buchvorlage „The Monuments Men: Allied Heroes, Nazi Thieves and the Greatest Treasure Hunt in History“ sind genau wie ihre Antagonisten abgenutzte Figurenstereotypen. Matt Damon ist der gutaussehende Charmeur, John Goodman der robuste Bildhauer, Hugh Bonneville der Ex-Alkoholiker, der für seine verlorene Ehre kämpft, Jean Dujardin ist, nun, eben der Franzose, weil einer von denen eben auch dabei sein muss, Bob Balaban der schmächtige Geschichtskundler, Dimitri Leonidas der Jungspund mit jüdisch-deutschen Wurzeln. Und natürlich sind sie alle Kunstspezialisten! „Ich glaube, das ist ein Cézanne.“, sagt ein Soldat. Darauf Stokes: „Das ist ein Vermeer.“ Wow, der Mann hat Ahnung. Sehen sich ja zum verwechseln ähnlich, die beiden. Nach ihrer für ein wenig burleske Komik sorgenden Grundausbildung macht sich die Gruppe im Stil der klassischen Heist-Movies auf, das große Ding zu drehen. Im Zweiten Weltkrieg geht es zwar nicht ganz so lustig und fidel zu wie im Casino, aber hoch gepokert wird trotzdem. Nur sind Rembrandt und andere, deren Werke man irgendwann als Postkarte verschickt hat, die Zielobjekte für deren universelle Bedeutung vermag die kernig-kitschige Kampfgeschichte indes keinerlei Gefühl zu vermitteln.
Die Unersetzbarkeit des Genter Altars und anderer Schätze bleibt etwas Hypothetisches, geknüpft an unsterbliche Namen. Michelangelo! Wer einen mit der Signatur ergattert, kriegt dreimal mehr Helden-Punkte als für einen Picasso. Der zählt dafür noch doppelt so viel wie Klee, denn bei den Modernen weiß man nie, was man hat. In dieser unterschwelligen Kategorisierung zeigt die Kunstschätzung der fiktionalisierten Titelhelden Parallelen zu der des Erzfeindes. Der plante, womöglich um sein eigenes künstlerisches Unvermögen zu kompensieren, in Linz ein „Führermuseum“, das die Großen der Kunstgeschichte als Zeichen der Übermacht des Dritten Reichs ausstellen sollte. Die Pervertierung eines Objekts zum ideologischen Symbol ist ein weiteres präsentes Thema, vor dessen Komplexität die Handlung zurückschreckt. Das intellektuelle Defizit, aufgrund dessen von der spannenden Originalstory nur eine Reihe patriotischer Pop-up-Bilder bleiben, sieht Clooney hingegen augenscheinlich beim Publikum. Das wird schulmeisterlich belehrt über Kulturwerte, deren Existenz mehr den Titelcharakteren angerechnet wird als den Schöpfern.
Fazit
Die Rettungsmission gerät zur kuriosen kulturgeschichtlichen Annektierung, die Künstlernamen mit denen der Krieger überschreibt: Ein Michelangelo – von Stokes. Kunst zeigt sich auf der Leinwand nur in den Werken, die für den Plot paradoxerweise nicht mehr sind als Ablenkungsmanöver von leerem Pathos.
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