Japan-Filmfest Hamburg 2014 – Das Fazit

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Der letzte Film des 15. Japan-Filmfest Hamburg 2014 lief vor fast einer Woche. Höchste Zeit also für ein Fazit. Und was soll ich sagen: Schön war’s. Es gab einige Überraschungen, aber auch einige Enttäuschungen. Was sich aber immer mehr zeigt, ist die zunehmende Professionalität des Festivals. Noch vor ein paar Jahren saß man zum Teil mit einer Handvoll Leuten in einem kleinen Raum mit einer kleinen Leinwand und hat sich kleine Schmuckstücke in nicht sonderlich guter Qualität angeguckt. Doch aus den ganzen kleinen Sachen werden immer größere. Und dennoch bleibt das Festival nah am Publikum.

Technische Pannen standen vor ein paar Jahren noch auf der Tagesordnung, dieses Jahr hat man kaum etwas davon mitbekommen. Doch ein organisatorisches Problem besteht nach wie vor: die zum Teil große Zeitverschiebung der Filmstarts nach hinten. Einzig im Studio-Kino klappte das Zeitmanagement nahezu perfekt, da genug Zeit für den Wechsel des Publikums und den Werbevorspann eingeplant wurde. Das ist insbesondere dann aufgefallen, wenn man kurz hintereinander in verschiedene Kinos musste. Kami sei danke hab ich alle geplanten Filme komplett zu sehen bekommen, einigen Kollegen ging es allerdings anders. Daran könnte man sicherlich noch was ändern.

Ein weiterer Punkt, der im Gegensatz zu anderen Jahren aufgefallen ist, ist der Wegfall von Wiederholungen. Sprich: Auf dem Filmfest gibt es immer mehr Filme zu sehen, sodass Wiederholungen aus zeitlichen Gründen gar nicht mehr möglich wären. Es sei denn, man würde das Japan-Filmfest verlängern. Wenn der Besucheransturm anhält, wäre das sicherlich auch eine Option, die es sich lohnt umzusetzen.

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Programmtechnisch ist neben dem Wegfall von Wiederholungen auch aufgefallen, dass die Vielfalt der Filme zugenommen hat. 2014 wurden viele Filme gezeigt, die von ihrer Umsetzung, ihrem Inhalt und ihrer Aussage völlig unterschiedliche Ansätze verfolgten. Dadurch bekam man einen weitwinkligeren Blick auf den japanischen Film. Schwerpunkt 2014 lag dabei vor allem auf Noh-Filmen, also ernsthafteren Werken mit Dramencharakter. In der Kategorie Anime gab es mit Der Mohnblumenberg und The Garden of Words nur zwei Filme zu sehen. Das hat mich etwas gewundert, da Anime sonst immer ein Erfolgsgarant für volle Kinosäle waren, wie auch die Vorstellung des Ghibli-Films zeigte. Da bin ich gespannt, ob es nächstes Jahr wieder mehr davon zu sehen gibt.

Zum Abschluss möchte ich noch mal alle von mir gesehenen Filme in einer Rangliste darstellen. Jeder Filmtitel ist einem Link zum Bericht, in dem die jeweilige Kritik zu finden ist, versehen. Bei gleicher Anzahl von Sternen habe ich eine Reihenfolge nach subjektiven Empfinden festgelegt. Im Großen und Ganzen waren die Filme überdurchschnittlich gut. Bei 12 gesehenen von insgesamt etwa 80 Filmen kein schlechter Schnitt. Hier nun die Rangliste:

12. Shining Besides Funny Moon 冴え冴えなほ滑稽な月 (0,5/5)

Die größte Enttäuschung in diesem Jahr mit einem undurchschaubaren Plot, schlechter technischer Umsetzung und einer nicht enden wollenden Kriminalgeschichte in Tokyos SM-Untergrundwelt.

11. Tokyo/Lovers 恋人たち (1/5)

Verwirrende, teilweise sehr langatmige Szenen wechseln sich mit anderen wirren Szenen ohne erkennbaren Zusammenhang ab. Ein Werk, das vor allem nach den subjektiven Gefühlen des Regisseurs ausgerichtet ist und daher einer viel zu umfangreichen Analyse bedarf, um es im Ansatz verstehen zu können.

10. Tokyo Shutter Girl 東京シャッタガール (1,5/5)

Ein sehr spezielles Thema, das nur einem sehr speziellen Publikum gefallen wird. Der Dreiteiler wird erst im letzten Teil einem breiteren Publikum zugänglich. Ein bisschen weniger Kunst und ein bisschen mehr Unterhaltung hätte diesem Film gutgetan.

9. Dead Banging メタルカ (3/5)

Witzige Zombiekomödie, die vor allem von ihrem halb toten Nebendarsteller und dem tollen Soundtrack lebt. Leider lässt die Begeisterung für die frische Story schnell nach, da der Zuschauer zu sehr mit moralischen Erbauungen genervt wird.

8. Nana to Kaoru 2 ナナとカオル第二章 (3,5/5)

Der Film richtet sich thematisch vor allem an ein jüngeres, aber erwachsenes Publikum. Der Witz lebt vor allem von der verrückten Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren, der zwar durch die SM-Praktiken verbindet, aber nur auf einseitiger Befriedigung basiert. Das nervt leider hin und wieder.

7. Der Mohnblumenberg コクリコ坂から (3,5/5)

Das zweite Werk von Gorô Miyazaki schafft es noch nicht an die großen Ghibli-Klassiker heran. Er tappt sich aber näher an die Arbeiten seines Vaters heran. Hätte es das Hin und Her in der Handlung nicht gegeben, wäre es sicherlich noch näher dran gewesen.

6. Judge ジャッジ (4/5)

Trotz seiner Kürze schafft der Film eine düstere, angespannte Stimmung, die vor allem an Klassiker wie The Cube und Saw erinnert. Spannend von der ersten bis zur letzten Minute mit einem unvorhersehbaren Finale und einer angenehmen Länge.

5. Ken & Mary: The Asian Truck Express ケンとメリー雨上がりの夜空に (4/5)

Unterhaltsames Roadmovie, das sich perfekt als Eröffnungsfilm geeignet hat. Ein bisschen mehr Pep in der Mitte des Films hätte dem Ganzen den letzten Schliff gegeben.

4. Gothic Lolita Battle Bear ヌイグルマーZ (4/5)

Quietschbunte, total abgedrehte Komödie, wie man sie sich aus Japan vorstellt. Ein kreatives Glanzstück, das Laune macht, vom Regisseur von Robo Geisha. Bei so einem Stoff wird eine deutsche DVD-Veröffentlichung sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.

3. Slum-Polis (4/5)

Großartige Abschlussarbeit eines Uni-Absolventen aus Osaka: kritischer Hintergrund, vielseitige Charaktere und Sets, die durch ihre Lage in Fukushima, eine ganz spezielle Stimmung schaffen. Einzig das Ende ist durch seine Vorhersehbarkeit zu sehr in die Länge gezogen.

2. Greatful Dead グレイトフルデッド (4,5/5)

Eine meiner größten Überraschungen auf dem Filmfest. Die Komödie wechselt sich gekonnt mit Psychothriller-Elementen ab, ohne an Spaß einzubüßen. Die Frage, ob man lachen oder erschrecken soll, macht den Reiz des Films aus. Ein nahezu perfekter Unterhaltungsfilm.

1. Miss Zombie (5/5)

Sehr tiefgründige, in Schwarz-Weiß-Bildern verpackte subtile Kritik, die erschreckt und aufrüttelt. Ein Kunstwerk, das gekonnt mit dem Medium Film in bewegte Bilder umgesetzt wurde. Wenig Worte, ruhige Bilder und gezielt eingesetzte Musik in einer rundum stimmigen Handlung machen Miss Zombie zu meinem absoluten Filmhighlight des Festivals. Hoffentlich schafft es der Film in den deutschen Handel.

Zum Schluss bleibt mir nur noch zu sagen: Man sieht sich hoffentlich auf dem 16. Japan-Filmfest Hamburg im nächsten Jahr mit viel neuem Filmfutter aus Nihon. Ich freu mich jetzt schon!

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