The Gunman, USA 2015 • 115 Min. • Regie: Pierre Morel • Drehbuch: Sean Penn, Pete Travis, Don MacPherson • Mit: Sean Penn, Javier Bardem, Idris Elba, Ray Winstone Mark Rylance • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 30.04.2015 • Deutsche Website
Liam Neeson in der Rolle des ruppigen, gealterten Actionhelden ist aus der aktuellen Actionfilm-Landschaft gar nicht mehr wegzudenken. Seit seiner Rolle in 96 Hours füllt der ehemalige Charakterdarsteller mit einem Actionfilm nach dem nächsten die Kinos und hat sich damit sogar eine ziemlich große Fangemeinde aufgebaut. Nun wagt sich kein anderer als 96-Hours-Regisseur Pierre Morel daran, wiederholt Sprungbrett ins Action-Genre für den nächsten Schauspieler in seinen Mittfünfzigern zu sein. Karrieretechnisch vielleicht von Neeson inspiriert, ist es nun Sean Penn (Milk), der in der Verfilmung von Jean-Patrick Manchettes Kriminalroman "Prone Gunman" den Ex-Söldner Jim Terrier spielt, der acht Jahre nach einem von ihm ausgeübten Attentat von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Jim muss sich dabei nicht nur gegen die Leute wehren, die ihm an den Kragen wollen und um die Frau kämpfen, die er liebt – er ist auch gesundheitlich sehr angeschlagen.
Wer bei Regisseur, Prämisse und den actionreichen Trailern denkt, Morel würde mit The Gunman nun den nächsten Taken abliefern, irrt sich. An Action bietet The Gunman nämlich relativ wenig. Und selbst wenn es mal zur Sache geht, muss man sich wieder mit Wackelkamera und Unübersichtlichkeit herumschlagen. Zudem sind die Actionszenen in wenigen Einstellungen unnötig brutal und fühlen sich an, als hätte man wirklich um eine FSK 16 gekämpft, um den Schein eines harten Actioners aufrechtzuerhalten und so mehr Leute ins Kino zu locken. Sean Penn posiert dabei oft lieber oberkörperfrei, um seinen antrainierten Actionfilm-Body zu präsentieren, anstatt zu zeigen, was in ihm steckt.
Auch insgesamt hat das Dreier-Star-Gespann aus Sean Penn, Javier Bardem (Skyfall) und Idris Elba (Pacific Rim) wenig Möglichkeiten, sich zu beweisen. Elba ist höchstens fünf Minuten zu sehen und gerade wenn Bardem einmal anfängt, seine unterschwellig bedrohliche Rolle auszuspielen, kickt ihn das Drehbuch schon wieder raus. Das Ganze ist somit sogar noch unglücklicher gelungen, als Ridley Scotts Star-Verschwendung The Counselor aus dem Jahr 2013, in dem Javier Bardem ironischerweise auch mit von der Partie war.
Am Anfang des Films befindet sich Mustache-Sean noch in der Republik Kongo, bevor es zum Katz-und-Maus-Spiel durch verschiedene Länder geht. Geerdet im sandigen, immer wieder von Aufruhren geplagten Afrika-Setting, kommt sich The Gunman mit seinem politischen Unterbau ganz schön schlau vor, bevor dieser Aspekt komplett fallen gelassen wird und Sean Penn – der auch als Co-Autor am Film mitwirkte – und die anderen Drehbuchautoren Pete Travis (8 Blickwinkel) und Don MacPherson (Mit Schirm, Charme und Melone) den Plot unnötig verkomplizieren. Die verwirrend konstruierten Intrigen, Charaktermotivationen und Wendungen sind mehr vorgegaukelte Raffinesse als tatsächliche Komplexität – trotzdem aber noch nicht das Hauptproblem von The Gunman.
The Gunman kann sich einfach nicht entscheiden, was für eine Art Film er sein möchte. Für einen Actionfilm ist zu wenig und zu stümperhafte Action vorhanden; für einen komplexen Thriller ist die Inszenierung zu unspannend, die Verstricktheit zu gewollt und die Geschichte schlichtweg zu uninteressant; und für ein packendes Drama um einen traumatisierten Ex-Söldner bleibt durch all die eben aufgezählten Aspekte zu wenig Zeit für eine gute Charakterentwicklung.
Fazit
The Gunman ist ein einziger großer Flickenteppich, der gerade durch den Versuch, viel zu bieten, an fast allem scheitert. Unspannend und unnötig kompliziert, und dabei so uninteressant, dass die einzige Frage am Ende des Films die nach dem Sinn des Colorgradings und der Daseinsberechtigung dieses Films ist. Wirklich mehr als Diebstahl von zwei Stunden Lebenszeit ist The Gunman dann nur noch durch seine Schauspieler.