"Hannibal" S03E07 "Digestivo" Kritik

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Der Artikel enthält einige "Hannibal"-SPOILER zur besprochenen Folge!

Huch was war da denn los? Nachdem NBC die "Hannibal" nach der aktuell laufenden dritten Staffel abgesetzt hat, wurde die Ausstrahlung der Serie außerdem auch noch auf Samstag verlegt, wahrscheinlich um Platz für besser laufende Serien zu machen. Die Fans lassen sich auch von dieser Tatsache nicht abschrecken und werden dafür mit einem grandiosen Halbfinale belohnt, dass sich in der Folge "Digestivo" abspielt. Die Folge ist weniger interessant in visueller Hinsicht, als in einer überragend geschriebenen Handlung mit tonnenweise starken Dialogsequenzen. Die surreale Gewaltdarstellung kommt trotzdem wieder nicht zu kurz.

Trotz weniger Effekte hat nämlich auch diese Folge so einige verstörend schöne Motive. Die Folge beginnt mit der Erklärung, wie Mason Verger (Joe Anderson) es geschafft hat Hannibal (Mads Mikkelsen) und Will (Hugh Dancy) auf seine Farm zu bekommen. Wie bereits vermutet konnten die korrupten Polizisten Will gerade noch retten, bevor Hannibal seinen Kopf am Ende von "Dolce" ganz aufgesägt bekommen hätte. Jack Crawford (Laurence Fishburne) hingegen entgeht dem Tod durch die Polizisten durch Hannibals Leibwächterin Chiyo (Tao Okamoto), die den florentinischen Inspektor, der ihm gerade an den Kragen will, mit einem gezielten Schuss aus dem Weg räumt. Als Austausch für seine Rettung erfährt sie, wo Hannibal hingebracht werden soll.

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Wir wissen natürlich, dass unsere beiden Pro- oder Antagonisten (wie man’s nimmt) bei den Vergers von der Decke hängen, während ihr Peiniger Mason jeden Moment mit den beiden genießt. Sein Leibarzt Cordell Doemling (Glenn Fleshler) eröffnet den beiden genüsslich, wie sie auf der Speisekarte landen werden. Sehr schön ist es anzusehen, wie interessiert Hannibal daran ist, wie genau man ihn verspeisen will. Sichtlich erfreut scheint er darüber, dass man ihm zunächst die Beine und Arme abschneiden will, um sie fachgerecht zuzubereiten.

You will always be cooked to perfection.

Der Höhepunkt der Folter ist allerdings ein ganz anderer: Mason will Wills Gesicht aufsetzen, während er Hannibal verzehrt. So ganz zufrieden ist Will damit nicht und beißt Cordell deswegen einfach mal ein blutiges Stück aus seiner Backe heraus. Nach diesem kurzen emotionalen Ausbruch schauen sich die beiden Gefangenen an und Hannibal ist sichtlich Stolz auf seinen Will. Mason ist nicht so erfreut und fesselt Hannibal in seinem Schweinestall, nachdem er ihm noch das Brandzeichen seiner Farm auf den Rücken brennt.

Well, no pyjama party for you Mr. Graham.

Hannibal Digestivo Kritik

Team Frauenpower, das sich in der letzten Folge aus Alana Bloom (Caroline Dhavernas) und Margot Verger (Katharine Isabelle) formiert hat, kommt jedoch zur Hilfe und befreit "Il Monstro" von seinen Ketten. Jedoch nicht, ohne ihm noch ein wichtiges Versprechen zu entlocken:

Promise me you’ll save him.
– I promise. And I always keep my promises Alana.

Und so wird dem Morden freien Lauf gelassen, jedoch will Hannibal Mason nicht selbst umbringen, er will das Margot das erledigt. Er sieht in dieser Handlung eine Art Therapie für die gebrandmarkte Margot, die schließlich auch entschlossen ist, dem nachzugehen, nachdem sie Masons dunkles Geheimnis aufdeckt. In der Gebärmutter eines Zuchtschweines hat er ihr Kind versteckt, das er ihr in der zweiten Staffel wegnahm und das bisher als tot galt. Doch "Hannibal" wäre nicht "Hannibal" wenn der Tod etwas Endgültiges bedeuten würde.

Hannibal Digestivo Kritik

 

Nachdem man also erst einmal verdauen muss, dass Wills und Margots Baby in einem Schwein noch vor sich hinlebt, sitzt Will schon neben Mason auf dem Operationstisch und die Gesichtsoperation nimmt ihren Lauf. Doch der gute Hannibal hält sein Versprechen und befreit Will, lässt sich aber den Spaß nicht nehmen Cordells Gesicht auf Masons Kopf zu ziehen. Nachdem Alana und Margot das Kind aus dem Schwein holen ist es auch schon um den Gesichtslosen geschehen, und nach einem kurzen Schubser er ertrinkt in seinem eigenen Aquarium, wo sich sein freundlicher Hausfisch noch an seinen Überresten vergnügt. Bye bye Mason!

In einer schönen Aufnahme trägt Hannibal Will in seinen Armen aus dem Anwesen heraus, während die gute Chiyo ihm Feuerschutz gibt und sich um die übrigen Leibwächter kümmert, die das Anwesen bewachen. So richtig schlau wird man aus der zielgenauen Asiatin wohl nie werden, doch als letzte Rettung ist sie äußerst dienlich und mehr als das sollte sie wohl nie sein. Etwas mehr tiefe wird ihrer Figur nur noch durch den kurzen Dialog verliehen, den sie gegen Ende der Folge mit Hannibal führt:

Did you eat her?
– Yes, but I didn’t kill her.

Die Rede ist natürlich von Hannibals Schwester Mischa, deren angeblichen Mörder Chiyo über Jahre hinweg bewachen musste bis Will Graham passierte. Hannibal hat jetzt endlich eine ehrliche Antwort auf eine der großen Fragen der dritten Staffel gegeben, die trotzdem noch Spannung offen lässt. Werden wir je genau erfahren, was damals passiert ist?

Die folgenden Szenen zwischen Will und Hannibal sind ergreifend und bezeichnend für eine bisher fantastische Staffel von Hannibal. Gleichzeitig bedeuten sie auch ein Ende, einen Wandel, denn ab der nächsten Folge wird einiges an Zeit zu diesem Moment vergangen sein. Will Graham hat eine folgenschwere Entscheidung gefällt, die einschneidend wie ein Messer ins Hannibals Herz trifft. Seine Wortwahl ähnelt nicht grundlos dem tragischen Ende einer Liebesbeziehung, denn auch hier herrscht eine (zugegebenermaßen extrem skurrile) Verbindung und Abhängigkeit zwischen zwei Personen.

Hannibal Digestivo Kritik

I’m not going to miss you. I’m not going to find you. I’m not going to look for you. I don’t want to know where you are or what you do. I don’t want to think about you anymore. Goodbye Hannibal.

Ein Abschied, der beweist, dass Will Graham sich entwickelt und endlich bereit ist, Hannibal hinter sich zu lassen. Wurden uns zu Anfang der Staffel zahlreiche visuelle Schmankerl gezeigt und wir sahen die tote Abigail überall, wo auch Will war, wurde die Sicht zunehmend klarer und der Fokus legte sich immer mehr auf die Handlung der Serie. Die spiegelt auch Wills Gedanken wieder, die zunehmend immer klarer werden, bis zum Ende, als er diese trockene Entscheidung fällt.

Hannibal akzeptiert das zunächst, weiß aber, dass Will ihn früher oder später noch brauchen wird. Dass er sich kurz darauf der Polizei stellt, wirkt zwar in Bezug auf Wills Aussage widersprüchlich, doch ist es im Endeffekt ein Freundschaftsbeweis von Hannibal, der Will damit mitteilt, dass er ihn nie wieder sehen muss, doch dass er ihn jederzeit finden kann, wenn er das will. Ein sehr schöner Abschluss für eine furiose erste Hälfte einer Staffel, die einfach nur atemberaubend gut war. Ich bin sehr gespannt auf das zukünftige Wiedersehen zwischen dem gefangenen Dr. Lecter und dem Familienmenschen Will Graham und vor allem auch darauf, wie die beiden auf den furchterregenden Roten Drachen (Richard Armitage) treffen.

I want you to know exactly where I am and where you can find me.

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