Dredd 3D, USA/GB/IND 2012 • 95 Min • Regie: Pete Travis • Drehbuch: Alex Garland • Mit: Karl Urban, Olivia Thirlby, Lena Headey, Domhnall Gleeson, Wood Harris • Kamera: Anthony Dod Mantle • Musik: Paul Leonard-Morgan • FSK: ab 18 Jahren • Verleih: Universum Film • Kinostart: 15.11.2012 • Website
Mord und Totschlag in Mega City One: „Dredd 3D“ zeigt als zweite Spielfilmadaption John Wagners kultisch verehrten Comicantihelden bei seinen kompromisslosen Aufräumarbeiten. Anders als Sly Stallone in Danny Cannons ungleich zahmeren Vorgänger darf Karl Urban als Verschmelzung von Richter, Jury und Henker in Pete Travis' Version jetzt ballern, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Die Leichenberge türmen sich, das Blut trieft dreidimensional von der Leinwand und die Geschichte ist nichts weiter als Schall und Rauch. In einem Gebäude der futuristischen Metropole hockt die grausame Ma-Ma (Lena Headey) und braut ein gefährliches Süppchen mit dem Namen SLO-MO zusammen. Diese Droge verlangsamt die Leistungsfähigkeit des Gehirns, so dass die Abhängigen alles um sich herum in Zeitlupe wahrnehmen. Aber auch der Film selbst kann bei den Zuschauern eine ähnliche Wirkung hervorrufen, denn wer sich hier mehr als laute Schießereien auf Playstation-Niveau erhofft hat, dem wird die neunzigminütige Spielzeit vorkommen wie drei qualvolle Stunden. Peng, Peng, Peng, Knall, Bäng, Knatter, Bumm – „Negotiation’s over. Sentence is death.“ Noch Fragen? Also gut. Judge Dredd, das ist ein schwer gepolsterter und bewaffneter Gesetzeshüter mit der Lizenz und dem Willen zum Töten. Dredd trägt einen Helm und verzieht seinen Mund stets so grimmig, als versuche er krampfhaft Kotsteine herauszupressen. Dieses Mal bekommt der konsequente Griesgram Unterstützung von dem telepathisch begabten, attraktiven Frischling Anderson (Olivia Thirlby). Gemeinsam nehmen die beiden eine Verhaftung in Ma-Mas Domizil vor – ausgerechnet eines ihrer Gangmitglieder. Also macht die brutale Furie die Schotten dicht und gibt die zwei Judges zum Abschuss frei. Umgeben von blauen Bohnen müssen Dredd und Anderson einen Ausweg finden …
Zugegeben, das klingt nun interessanter als das Ergebnis letztlich ist. Der Überlebenskampf der Protagonisten involviert einen emotional in etwa so, als würde man einer Dose Erbsen zuschauen, wie sie langsam von einem elektrischen Öffner aufgedreht wird. Während man sich in der ersten Viertelstunde noch an den finster-atmosphärischen Stadtaufnahmen (als Mega City One musste hier Kapstadt herhalten) von Oscar-Preisträger Anthony Dod Mantle („Slumdog Millionär“) und der gelungenen 3D-Gestaltung sattsehen kann, folgen wir im weiteren Verlauf eindimensionalen Figuren durch diverse Flure und schauen zu, wie sie entweder auf Menschen schießen oder selbst beschossen werden. Das passiert manchmal genussvoll in SLO-MO und manchmal flott nach dem Motto Sieben auf einen Streich. Dredd knurrt dabei wie RoboCop im Dirty Harry-Modus seine fatalistischen Silben vor und man fragt sich, ob bei dieser Figur ein Kopfschuss überhaupt ernsthafte Schäden verursachen könnte. Wo nichts ist, kann schließlich auch nichts kaputt gehen. Spaß beiseite: Im Vergleich zum ebenfalls oberflächlichen Schützenfest „The Expendables 2“ sucht man in „Dredd 3D“ Ironie und Humor vergebens. Alles ist zynisch, brutal und bierernst. Die Titelfigur ist eher zum Fürchten als zum Liebhaben oder Mitzittern und sein Sidekick schreckt trotz anfänglicher Skrupel auch nicht vor einer zünftigen Hinrichtung zurück. Vielleicht soll Judge Anderson hier die Figur mit Identifikationspotential für die Zuschauer sein, aber ihre Ausarbeitung erweist sich als äußerst dünn.
Die Drehbuchvorlage zu dem Spektakel stammt übrigens aus der Feder von Alex Garland, der neben seinen Arbeiten mit Regisseur Danny Boyle („28 Days Later“, „Sunshine“) auch interessante Romane wie „Der Strand“ oder „Manila“ verfasst hat. Als Erzähler hat er sich mit „Dredd 3D“ ganz sicher keinen Gefallen getan. Die Story wirkt so, als habe man John Carpenters klaustrophobischen Neo-Western „Assault“ nach dem „John Rambo“-Schema umgestaltet. Um das zu schaffen, müssen natürlich im Verlauf die ganz schweren Geschütze aufgefahren werden. Da wird dann die halbe Hütte dem Erdboden gleichgemacht und nur die Judges scheinen noch robuster als das massive Gemäuer zu sein. Schauspielerisch sollte man wohl nicht viel von dem Werk erwarten. Ob nun Stallone oder Urban den Mund verzieht, ist unterm Strich egal. Hauptsache, die Waffe sitzt fest in der Hand. Neben der blassen (aber hübschen) Olivia Thirlby kann lediglich Lena Headey als wahres Miststück ein paar Akzente setzen.
Das Schlimmste an „Dredd 3D“ ist nun gar nicht mal, dass er so unglaublich hohl ist, sondern die Tatsache, dass sich die abwechslungsarme Daueraction einfach schnell abnutzt und darunter inhaltlich ein Haufen gepflegter Langeweile übrigbleibt. Abschließend noch zwei Tipps an Regisseur Pete Travis: 1) Mehrere Judges während einer hektischen Szene sind riskant, man kann sie in ihrer Uniform schlecht auseinanderhalten. 2) Wenn Charaktere von einer Kugel durchschossen werden macht es Sinn, dass diese nicht nur die Austrittswunde versorgen – die Brühe läuft sonst auf der anderen Seite raus.
Ja, der Soundtrack wummert gut durch die Boxen und die Bilder sind schick – aber was bleibt uns sonst noch? Nur ein weiterer, substanzloser Gewaltporno von der Stange. Wer’s braucht.
Trailer