Quelle: Thierry Frémaux Twitter
Michael Cimino, Regisseur des Vietnamkrieg-Filmklassikers Die durch die Hölle gehen (OT: The Deer Hunter) mit Robert De Niro und Christopher Walken, ist gestern im Alter von 77 gestorben. Dies teilte Thierry Frémaux, Leiter der Filmfestspiele von Cannes, über Twitter mit. Damit hat die Filmwelt eine weitere Größe verloren.
Trotz seiner herausragenden Leistung mit Die durch die Hölle gehen, ist Ciminos Name vielen Kinogängern vermutlich nicht geläufig. Das liegt daran, dass der als exzentrisch geltende Regisseur seit 20 Jahren keinen neuen Film mehr gedreht hat und sich sein Leben lang weitgehend abseits des Rampenlichts aufhielt – auch nachdem er für seinen Anti-Kriegsfilm mit zwei Oscars (als Regisseur und Produzent) ausgezeichnet worden war.
Ciminos Regie-Karriere begann 1974 mit der Actionkomödie Den Letzten beißen die Hunde (OT: Thunderbolt and Lightfoot) mit Clint Eastwood (für dessen Dirty Harry II er zuvor am Drehbuch mitgeschrieben hatte) und Jeff Bridges. Der Film war ein ordentlicher Erfolg, aber man hätte kaum ahnen können, dass seine zweite Regiearbeit Filmgeschichte schreiben würde. Die durch die Hölle gehen gehört neben Apocalypse Now, Platoon und Full Metal Jacket zu den großen Vier der Vietnam-Kriegsfilme und viel mehr als die anderen drei beschäftigte den Regisseur die Frage, wie es den traumatisierten Veteranen nach dem Krieg geht. Der Film öffnete 1978 noch nicht ganz verheilte Wunden in den USA, war ein großer Kinohit und wurde mit fünf Oscars prämiert, darunter auch als "Bester Film". Ich persönlich sah den Film deutlich später als die anderen drei und würde das intime Portrait, das Cimino von seinen Charakteren zeichnete, sogar höher bewerten als Coppolas Apocalypse Now oder Kubricks Full Metal Jacket. Wie nur wenige andere Anti-Kriegsfilme ging Die durch die Hölle gehen wirklich unter die Haut.
Doch es ist auch ein anderer Film, mit dem Ciminos Name sehr häufig in Verbindung gebracht wird: sein Nachfolgeprojekt Heaven’s Gate, das bis dato als einer der größten Flops der Kinogeschichte gilt und mehr oder weniger alleine das Studio United Artists in den Ruin getrieben hat. Erst mehr als 30 Jahre nach dem Release des Spätwesterns wurde dieser von der Kritik in seiner ursprünglichen Langfassung reevaluiert und wird mittlerweile in einem deutlich positiveren Licht bewertet als zum Zeitpunkt seiner Erstveröffentlichung – zu Recht!
Hollywoods Gedächtnis ist kurz und trotz seiner ersten beiden Hits, hatte Cimino nach dem kolossalen Misserfolg von Heaven’s Gate Schwierigkeiten, seine späteren Regiearbeiten auf die Beine zu stellen. Vier Filme drehte Cimino nach Heaven’s Gate, darunter Im Jahr des Drachen und zuletzt The Sunchaser (1996) mit Woody Harrelson. Keiner dieser Filme war ein großer Kritiker- oder Publikumserfolg. Obwohl Ciminos Name gelegentlich in Verbindung mit weiteren Projekten zu lesen war, kam keins davon zustande und nach 1996 zog er sich aus dem Filmgeschäft zurück. Sein Beitrag bleibt dennoch bemerkenswert, auch wenn Die durch die Hölle gehen nicht ohne Kontroverse aufgenommen wurde.