The Nun (2018) Kritik

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The Nun, USA 2018 • 96 Min • Regie: Corin Hardy • Mit: Demián Bichir, Taissa Farmiga, Jonas Bloquet, Ingrid Bisu, Bonnie Aarons • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 6.09.2018 • Deutsche Website

Handlung

Wir schreiben das Jahr 1952. Nachdem eine Nonne in einem abgelegenen Kloster in Rumänien unter seltsamen Umständen Selbstmord begangen hat, wird vom Vatikan ein auf übernatürliche Vorkommnisse spezialisierter Priester (Demián Bichir) entsandt, um den Vorfall zu untersuchen. Begleitet wird er von der jungen Novizin Irene (Taissa Farmiga), die für übersinnliche Visionen empfänglich ist. Der junge Franko-Kanadier Maurice alias "Frenchie" (Jonas Bloquet), der die Leiche der Nonne entdeckt hat und seitdem selbst von Albträumen geplagt wird, bringt sie zum Kloster, warnt sie aber vor dessen ominösem Ruf. Schnell stellen die beiden fest, dass dieser gerechtfertigt ist. Eine unheilvolle Macht in Gestalt einer dämonischen Nonne (Bonnie Aarons) sucht die Gemäuer heim und trachtet nach ihren Seelen.

Kritik

Kein Regisseur hat das moderne Horrorkino so stark geprägt wie James Wan. Während es schon eine große Leistung ist, wenn man ein einziges langlebiges Horror-Franchise ins Leben ruft, stehen in Wans Resümee bereits drei, die zusammengerechnet schon 17 Filme in den letzten 14 Jahren hervorgebracht haben. Mit Saw rief er 2004 die Folter-Horrorwelle ins Leben, Insidious verband sechs Jahre später Geisterhaus-Horror mit phantastischeren Elementen à la Poltergeist. Doch Wans größter Erfolg und sein umjubeltster und zugleich traditionellster Beitrag zum Genre kam 2013 mit Conjuring – Die Heimsuchung. Der Old-School-Geisterhorror punktete mit seiner sorgfältig aufgebauten Atmosphäre und seinen sympathischen und sehr menschlichen Figuren, allen voran das verheiratete Geisterjäger-Duo Ed und Lorraine Warren, gespielt von Patrick Wilson und Vera Farmiga.

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The Nun (2018) Filmbild 1Der gigantische Erfolg der Filme verführte das Studio und die Macher dazu, das Franchise jenseits der "wahren" Fälle der Warrens auszubauen, die als Vorlage der beiden Conjuring-Hauptteile dienten. Zwei Prequels über die Gruselpuppe Annabelle später, kommt jetzt der fünfte Film aus der Reihe in die Kinos und widmet sich dem Dämon in Nonnengestalt, den die Warrens in Conjuring 2 bekämpften. Mit The Nun verspricht das Marketing zum Film das dunkelste Kapitel des Conjuring-Universums. Stattdessen entpuppt sich der Film als der lustigste Eintrag im Franchise. Was an sich kein Negativmerkmal sein muss, wenn es von den Machern auch so intendiert war. Leider ist dies zu bezweifeln.

The Nun (2018) Filmbild 2In seinem Erstlingsfilm The Hallow, der gekonnt Folklore mit Wissenschaft verband, zeigte Regisseur Corin Hardy großes Potenzial als Horror-Filmemacher. Obwohl The Nun eindeutig ein schwächerer Film ist, liegt dies nicht (ausschließlich) an ihm. Wieder einmal legt Hardy gutes Gespür für eine schaurige Atmosphäre an den Tag. Gemeinsam mit der Szenenbildnerin Jennifer Spence und dem genreerfahrenen Kameramann Maxime Alexandre (Annabelle 2, The Hills Have Eyes) sorgt er für die perfekte Szenerie eines Horrorfilms, die in ihren besten Momenten an Klassiker der Hammer-Studios erinnert. Wir sprechen hier von vernebelten Friedhöfen, Glöckchen an den Gräbern, die lebendig Begrabene klingeln können, und einem wahrlich unheimlichen Kloster, in dem das Böse hinter jeder alten Holztür oder verwinkelten dunklen Korridoren schlummern könnte. Innerhalb dieses Settings erschafft Hardy auch einige sehr denkwürdige Szenen und beweist ein gutes Auge für eindrucksvolle Bildgestaltung.

The Nun (2018) Filmbild 3Zugleich differenziert sich The Nun von allen anderen Filmen der Reihe. Der Horror hier ist deutlich greifbarer als das Schrecken in Conjuring oder in Annabelle, das stets in den Schatten lauert. Zombie-Nonnen und Schlangen greifen hier die Protagonisten an, unheimliche Leichen sorgen für Schockmomente und ein Gewehr erweist sich im Kampf gegen das Böse wirkungsvoller als das Kreuz. Während die Conjuring-Filme noch so etwas wie den Anschein von Realität zu erwecken versuchten, ist The Nun so weit davon entfernt, wie die James-Bond-Reihe von der realistischen Darstellung der Spionagearbeit. Der Kontrast fällt umso mehr auf, da The Nun im Prolog und Epilog an die Hauptreihe anknüpft. In dem ansonsten komplett eigenständigen Film ergeben diese Szenen lediglich für die Kenner der vorherigen Filme einen Sinn.

Der greifbare, an Monsterkino grenzende Horror hat jedoch auch seinen Preis. Zu seinen Gunsten opfert Hardy den Spannungsaufbau und echten Nervenkitzel. Es hat sich im Genre schon lange bewährt, dass je mehr man sieht, das mit der Realität nicht vereinbar ist, desto weniger gruselig wirkt es. In dieser Hinsicht ist The Nun wie eine klassische Geisterbahn, die mit sehr traditionellen Mitteln operiert. Plötzliche Erscheinungen im Spiegel, dämonische Fratzen hinter Nonnenschleiern und allerlei andere Jump Scares sind in dem Streifen an der Tagesordnung. Der Film bombardiert die Zuschauer geradezu mit solchen Schockmomenten, in der Hoffnung, dass der eine oder andere funktioniert. Dadurch erreicht er das Gegenteil, indem er das Publikum desensibilisiert und jeden Schreckmoment überdeutlich signalisiert, bevor dieser eintritt. Bonnie Aarons ist als titelgebende Nonne immer noch eine furchterregende Gestalt, doch da sich ihr Modus Operandi (nach Kameraschwenks plötzlich hinter den Protagonisten auftauchen) immer wieder wiederholt, nutzt sich der Effekt irgendwann ab.

The Nun (2018) Filmbild 4Ein weitaus größeres Problem ist jedoch die Diskrepanz zwischen dem bierernsten Ton der Regie und Gary Daubermans (Es) Drehbuch, das jedes Genreklischee so eifrig bedient, dass es an Parodie grenzt. Der Kontrast wird weiter dadurch betont, dass Demián Bichir (stoisch-würdevoll) und Taissa Farmiga (Unschuld und Entschlossenheit ausstrahlend) auch die bescheuertsten Dialogzeilen voller Hingabe rezitieren. "Es gibt eine mächtige böse Präsenz hier" stellt Bichirs als Captain Obvious nüchtern fest, nachdem er von einem dämonischen Jungen attackiert wurde, aus dessen Mund eine Schlange schlüpfte. Den Höhepunkt der Absurdität erreicht The Nun, als ein Charakter von der besagten dunkeln Macht lebendig begraben wird und sich das Böse offenbar noch die Mühe macht, dessen Namen auf den Grabstein einzugravieren (sicher, warum nicht…). Als sich der Charakter dann aus der misslichen Lage befreit, findet er in den Überresten des Holzsargs alte Schriften und konstatiert, dass diese Bücher, die dem Anschein nach auch das Necronomicon aus Evil Dead sein könnten und bequemerweise im gleichen Sarg lagen wie er, Licht auf die dunklen Mächte werfen könnten. War wohl kein guter Plan von Valak, ihn ausgerechnet in den Sarg zu sperren, in dem auch die Informationen vergraben sind, wie man den Dämon wieder verbannt. In einer anderen Szene sitzt Frenchie, der als einziger Charakter so etwas wie komödiantisches Meta-Gespür für die Absurdität der Situation besitzt, mit einem überdimensionalen Holzkreuz neben sich in einer Dorfkneipe und genehmigt sich einen Drink, nachdem er von einer untoten Nonne angegriffen wurde. Als Zuschauer erwartet man, dass jeden Moment die beiden Protagonisten aus American Werewolf hereinspazieren.

The Nun (2018) Filmbild 5Die größte Schwierigkeit bei einer Horrorkomödie ist es, beiden Anteilen des Mischlingsgenres gerecht zu werden. Häufig riskiert man es, zu albern zu werden und verrutscht in die Scary-Movie-Sparte. Mit nur einigen gezielten Anpassungen hätte The Nun das Potenzial gehabt, eine wirklich gute Horrorkomödie zu werden. Alle richtigen Zutaten, einschließlich einer hochwertigen Produktion, eines kompetenten Regisseurs und guter Darsteller sind gegeben. Stattdessen ziehen die Macher jede Absurdität mit ernster Miene durch und der Film bezieht seinen größten Unterhaltungswert aus unfreiwilligen Lachern.

The Nun ist ein echtes Kuriosum unter den Conjuring-Filmen. Neben dem ersten Annabelle ist es definitiv der schwächste Teil des Franchises. Doch während Annabelle einfach nur banaler, uninspirierter Horror von der Stange war, ist The Nun ein Film mit einer schweren Identitätskrise. Es ist als sei ein ernster Horrorfilm von dem Dämon der Parodie besessen worden und keines der unzähligen Kreuze im Film (es gibt darin So. Viele. Kreuze.) kann ihn austreiben.

Fazit

Mit einigen gezielten Anpassungen hätte The Nun ein guter Horrorfilm oder eine noch bessere Horrorkomödie werden können, doch das Endergebnis bemüht sich vergeblich Ersteres zu sein, während es unabsichtlich zu Letzteren neigt. Noch weiter entfernt vom jeglichen Realitätssinn der anderen Filme des Conjuring-Universums, ist der Streifen wie eine altmodische Geisterbahn: Abgedroschene Gruseleffekte und Jump Scares reißen kaum jemanden vom Hocker, doch das Ding hat Charme und Atmosphäre.

Trailer

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