Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald, GB/USA 2018 • 134 Min • Regie: David Yates • Mit: Eddie Redmayne, Johnny Depp, Jude Law, Katherine Waterston, Alison Sudol, Dan Fogler, Zoë Kravitz, Ezra Miller • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 14.11.2018 • Deutsche Website
Handlung
Einige Monate nach den turbulenten Ereignissen in New York, die Teile der Stadt in Schutt und Asche legten, sitzt der gefährliche Dunkle Zauberer Gellert Grindelwald (Johnny Depp) in Gefangenschaft und soll nach Europa überführt werden, um dort für seine Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Doch trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen gelingt Grindelwald eine spektakuläre Flucht. Er verschwendet keine Zeit, schart seine treuen Anhänger um sich und schmiedet einen teuflischen Plan. Für dessen Umsetzung braucht er jedoch Credence (Ezra Miller), den jungen Zauberer, der seinen mächtigen und in New York beinahe vernichteten Obscurus inzwischen unter Kontrolle gebracht hat. Grindelwalds Jugendfreud Albus Dumbledore (Jude Law) gilt als einziger Zauberer, der Grindelwald ebenbürtig oder gar überlegen ist, doch aus gewissen Gründen kann er nicht selbst gegen ihn antreten. Daher bittet er heimlich seinen ehemaligen Schüler, den leidenschaftlichen Magizoologen Newt Scamander (Eddie Redmayne), sich an Grindelwalds Fersen zu heften und ihm bei der Suche nach Credence zuvorzukommen. Da Newt nach dem Zwischenfall in New York die Reisegenehmigung durch das Zaubereiministerium entzogen wurde, macht er sich illegal nach Paris auf, um Dumbledores Auftrag zu erfüllen. Begleitet wird er von seinem Muggel-Freund Jacob (Dan Fogler), der in Paris nach seiner launenhaften Hexenfreundin Queenie (Alison Sudol) sucht. Newt hofft wiederum, Queenies Schwester Tina (Katherine Waterston) wiederzutreffen. Sie wurde inzwischen wieder zur Aurorin befördert und sucht auf eigene Faust nach Credence. Jedoch sind Newt, Tina, Grindelwald und das Zaubereiministerium nicht die einzigen, die hinter dem jungen Mann her sind.
Kritik
Bücher und Filme sind zwei grundverschiedene Medien, eine Tatsache, die viele Leser vergessen oder ausblenden, wenn sie sich darüber beschweren, dass eine Romanverfilmung ihre Lieblingsszene aus der Vorlage herausgelassen hat. Und obwohl beide Medien von ihren Erschaffern große Kreativität erfordern, bedeutet es nicht, dass wenn man in einem davon sehr gut ist, sich das auch automatisch auf das andere überträgt. Niemand kann Harry-Potter-Schöpferin J.K. Rowling ihre unbändige Vorstellungskraft und die Fähigkeit, bis in alle Einzelheiten ausgearbeitete magische Welten zu erschaffen, abstreiten. Sie als J.R.R. Tolkien ihrer Generation zu bezeichnen, wäre nicht weit hergeholt. Doch während ihr Talent als Schriftstellerin unbestritten ist, tut sie sich als Drehbuchautorin auch bei ihrem zweiten Versuch schwer. Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen ist ein ambitionierter, zum Teil sogar mutiger, aber auch hoffnungslos überfrachteter Film, dessen zahlreichen Handlungsstränge sich deutlich besser für einen Roman als für das Drehbuch eines 134-minütigen Films eignen.
Zunächst haben wir die Haupthandlung rund um Newt und seine Suche nach Credence und Grindelwald sowie Grindelwalds Streben nach Macht, dessen Vorstellungen von Blutreinheit nicht weit von Voldemorts (oder Hitlers) entfernt sind. Aber auch diverse aktuelle und verflossene Liebschaften kommen ins Spiel. Newt möchte wieder Teil von Tinas Leben werden, die sich von ihm nach einem Missverständnis entfernt hat. Dabei trauert er jedoch möglicherweise immer noch seiner Verflossenen nach, Leta Lestrange (Zoë Kravitz), die ihre eigenen Dämonen hat und inzwischen mit Newts Bruder Theseus (Callum Turner) verlobt ist. Dieser versucht wiederum, Newt für die Arbeit im Ministerium zu gewinnen. Newt wird zudem von seiner liebenswerten Assistentin Bunty (Victoria Yeates) angehimmelt. Jacob und Queenie lieben sich, haben jedoch sehr unterschiedliche Wege, mit ihrer in der Zaubereiwelt verbotenen Beziehung umzugehen. Dass Grindelwald und Dumbledore einst mehr als nur innige Freundschaft verband, wird vom Letzteren auch stark angedeutet. Dann haben wir noch Credence, der nach seiner wahren Familie sucht. Begleitet wird er von der mit einem Blutfluch belegten indonesischen Hexe Nagini (Claudia Kim), die sich nachts in eine Schlange verwandelt und eines Tages diese Form permanent beibehalten wird. Harry-Potter-Fans wissen natürlich, wohin das führen wird. Nicht unwesentlich für die Geschichte sind außerdem der senegalesische Zauberer Yusuf Kama (William Nadylam) und ein Kopfgeldjäger des Zaubereiministeriums, gespielt von Ingvar Eggert Sigurðsson.
Wenn das nach ziemlich viel für einen Film klingt, dann liegt es daran, dass es auch zu viel ist. Die Pfade vieler dieser Figuren kreuzen sich auf teilweise überraschende und manchmal tragische Arten und Weisen, und der Film duldet wirklich keine Augenblicke der Unaufmerksamkeit. Ihre Detailverliebtheit und zum Teil ausschweifende Nebenhandlungen, die zur Figurengestaltung oder zum Ausbau der Mythologie dienten, waren schon immer die Stärken von Rowlings "Harry Potter"-Romanen. Sie stellten jedoch Drehbuchautoren und Regisseure vor die Herausforderung, die Geschichten aufs Wesentliche zu verdichten, um den Verfilmungen einen klaren Fokus zu geben. Auch wenn so manche unter Fans beliebte Nebenhandlungen dann wegfallen mussten, geschah dies in der Regel zum Vorteil der Filme.
Ohne eine solche Kontroll-Zwischeninstanz für Rowlings Fantasie ufert die Handlung des neuen Films aus. Zum Ende hin werden die meisten Subplots weitgehend erfolgreich zusammengeführt, doch der Weg dorthin ist hektisch. Wir springen von einem Schauplatz und einer Geschichte zur nächsten. Das geht auf Kosten der einzelnen Geschichten und Charaktere. David Yates in der Zauberwelt inzwischen routinierte Regie prescht immer vorwärts, die meisten Szenen und Interaktionen von Charakteren ein Mittel zum Zweck, die komplexe Geschichte zu ihrem großen, aufregenden und tatsächlich auch emotionalen Finale zu bringen. Dabei hätte es manchen Szenen und Figuren gut getan, mehr Raum zu bekommen, um ihre Eigendynamik weiter zu entwickeln. So bleibt beispielsweise die potenziell interessante Vorgeschichte zwischen Newt und Leta auf einige kurze Flashbacks und bedeutungsschwangere Blicke beschränkt.
In einem Punkt hat Rowling allerdings seit ihrem Vorgänger dazugelernt. Grindelwalds Verbrechen ist nicht mehr tonal durcheinander. Es gelang dem ersten Film zum Teil nicht, seine leichtfüßigen, nach Familienkomödie anmutenden und ernsten Elemente zu einem stimmigen Ganzen zusammenzubringen. In dieser Hinsicht wirkt die Fortsetzung wie aus einem Guss und entscheidet sich komplett für die dunkle Seite. Grindelwands Verbrechen ist erheblich düsterer und ernster als sein Vorgänger. Es ist ein Film, in dem Kleinkinder dem Tode geweiht sind. Vergewaltigung und emotionaler Missbrauch in Beziehungen werden indirekt, aber klar erkennbar thematisiert. Dass Grindelwald als ein ideologisch verwerflicher, aber rhetorisch gewandter Anführer, der auch gute und aufrichtige Seelen für seine Sache zu gewinnen weiß, in unserer Welt eine reale Entsprechung hat, ist kein Zufall.
Eine Schwäche der Reihe bleibt leider ihr Protagonist. Es ist schwer zu sagen, ob es an Eddie Redmaynes eher eintönigem Auftreten (verlegen zur Seite schauen, sozial ungeschickt agieren und sich regelmäßig eine Haarlocke ins Gesicht fallen lassen) liegt, oder daran, wie seine Figur geschrieben ist, doch umgeben von einem fantastischen Ensemble und einer vor Wundern strotzenden Welt, wirkt Newt sehr blass. Auch Harry Potter war nicht die vielschichtigste Figur, doch seine Erlebnisse als Heranwachsender machten ihn nahbarer. Newt hat keine Ecken, Kanten oder erkennbare Facetten. Er ist einfach durch und durch gutherzig, optimistisch, idealistisch und, wenn man Dumbledore Glauben schenkt, ein äußerst talentierter Magier, auch wenn wir davon noch nicht viel zu sehen bekommen haben. Angesichts der Fülle an Charakteren bekommt Redmayne auch kaum die Gelegenheit, mehr aus seinem Charakter zu machen, als die durch das Drehbuch skizzierte Version.
Dafür ist Jude Law ein äußerst willkommener Neuzugang. Anstatt Richard Harris oder Michael Gambon zu kopieren, macht er sich Dumbledore zu Eigen und es funktioniert blendend. Seine Auftritt ist souverän, geistreich, leicht verspielt und doch mit tief sitzender Traurigkeit und Bedauern. Es sind die Szenen mit ihm in Hogwarts, die zu den besten des Films gehören und allein schon durch die vertraute "Hedwig’s Theme"-Musik die Herzen aller Potter-Fans höher schlagen lassen sollten.
Einen bleibenden Eindruck hinterlässt auch Zoë Kravitz in ihrer viel zu kurzen Screentime. Sie strahlt zugleich Eleganz, atemberaubende Schönheit und Zerbrechlichkeit aus, die in der tragischen Vorgeschichte ihres Charakters begründet ist. Dan Fogler und Alison Sudol, die überraschenden Highlights des letzten Films, haben auch im Sequel starke Momente. Fogler sorgt für ein klein wenig Heiterkeit in der ansonsten recht grimmigen Geschichte und Sudol macht als quirlige Queenie die vermutlich interessanteste Entwicklung in dem Film durch. Diese ist zwar nicht gänzlich glaubwürdig, doch mit ihrer Mischung aus Unschuld, Naivität und einem Schuss Unberechenbarkeit lässt Sudol einen darüber hinwegsehen.
Viele wird es natürlich interessieren, wie sich Johnny Depp in der Titelrolle als Grindelwald macht und die Antwort ist…ganz solide. Es ist Johnny Depp, der eine exzentrische, überlebensgroße Figur spielt. Das hat man schon häufig gesehen, man weiß was einen erwartet und Depp ist routiniert darin. Wer auf einen neuen ikonischen Filmbösewicht hofft, wird vermutlich enttäuscht sein. Grindelwald ist eine eindimensionale, sehr auf ihr simples Ziel ausgerichtete Figur, der Depp adäquat Leben einhaucht, während das Kostüm- und Makeup-Team den Rest erledigt.
Wie alle Filme aus dem Harry-Potter-Universum besticht auch Phantastische Tierwesen 2 durch eine berauschende Optik. Von Colleen Atwoods kreativen Kostümdesigns über üppige Kulissen bis hin zu phänomenalen Computereffekten ist der Film ein Spektakel, das nach der größtmöglichen Leinwand verlangt. Grindelwalds Flucht in schwindelerregender Höhe ist eine mitreißende Sequenz, ebenso wie der finale Showdown. Obwohl sich die Hauptgeschichte nun auf den klassischen Gut-gegen-Böse-Konflikt fokussiert, kommen die titelgebenden phantastischen Tierwesen auch nicht zu kurz und werden noch besser als im Vorgänger in die Handlung integriert. Die Highlights sind der chinesische Drachenlöwe Zouwu, die unwirklich süßen (und nützlichen!) Niffler und die gruseligsten Filmkatzen seit Friedhof der Kuscheltiere.
Fazit
Bei J.K. Rowlings und David Yates' zweitem, sehr düsterem Ausflug in die Welt der phantastischen Tierwesen wäre weniger mehr gewesen. Visuell ist Grindelwalds Verbrechen eine Augenweide, die wendungsreiche Geschichte hegt mutige Ambitionen und einige Momente, insbesondere mit Jude Law als Dumbledore, beschwören erfolgreich die Harry-Potter-Magie herauf. Doch ein mit unzähligen Nebenhandlungen und Figuren überladener Plot und eine blasse Hauptfigur hindern die Fortsetzung daran, mit den besten Filmen aus dieser magischen Welt mitzuhalten.
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WTF also sorry, ich bin ein wenig geschockt über diese Rezension. Ich bin zwar eingefleischter Harry Potter Fan, habe mich mit fantastische Tierwesen aber seit dem Start des ersten Filmes immer schwer getan.
Heute habe ich Grindelwalds Verbrechen gesehen und der Film hat mich überraschenderweise absolut überzeugt. Für mich scheinst du die Figur von Newt nicht ganz zu verstehen und offenbar auch den Schauspieler nicht. Der Charakter ist einfach großartig und mal erfrischend anders zu den typischen Männerrollen, ich nenne sie Uga-Uga-Männer. Der typische harte Typ mit der Schulter zum Anlehnen eben, das nervt. Der Markt ist von solchen stereotypen Rollen längst ermüdend übersättigt. So ist Newt einfach nicht und Eddie Redmayne ist in dieser etwas anderen Rolle einfach klasse besetzt und beweist, dass Helden auch ganz normale Typen sein können, die kein Sixpack abbekommen haben.
Er passt einfach wie die Faust aufs Auge. Newt ist kein typischer Held, er rutscht einfach in die Sachen hinein und seine Ticks und Unsicherheiten, die er ständig bekämpft und überwinden muss, machen ihn umso liebenswerter und tiefgründiger. Auch dass er im Schatten seines Bruders stand, hat er im Laufe des Films überwunden. Newt hat allein in diesem Film einen großen Sprung gemacht. Harry Potter war in den ersten zwei Büchern auch keine wirklich interessante Figur. Man muss all den Charakteren schon etwas Zeit geben, sich entwickeln zu dürfen. Warum Newt funtioniert? Ganz einfach, all diese Unebenheiten an diesem Charakter und seine Emotionalität knüpfen ein noch stärkeres Band mit dem Zuschauer. Man möchte einfach, dass er schafft was er sich vornimmt und am Ende siegt, auch wenn nicht immer alles sein Verdienst ist, sondern der Sieg in Situationen häufig eine Gruppenleistung ist. Was Newt aber unter Kontrolle hat, sind die Tierwesen und das macht ihn einzigartig, da liegt seine Stärke. Niemand kann ihm in diesem Punkt das Wasser reichen und das scheint die Zaubererwelt auch zu wissen. Ich bin übrigens KEIN Newt Scamander Fangirl, nur um das am Rande anzumerken, ich beschäftige mich selbst einfach viel mit Charakter-Archetypen und Charakteraufbau.
Wie Dumbledore es bei Harry gemacht hat, lenkt er auch Newt nach seinem Gutdünken, aber auch die Liebe und den Drang das Richtige zu tun, lassen Newt immer und immer wieder in die gefährlichen Dinge hineinrutschen. Ich vergleiche ihn ein bisschen mit Katniss aus die Tribute von Panem. Auch sie war eine Heldin, die keine sein wollte. Es ist schön und erfrischend, dass einmal ein etwas androgyner, durch und durch loyaler und lieber Hufflepuff mit leicht autistischen Zügen eine Leadrolle übernimmt. Und es funktioniert. ich will mehr solcher Helden sehen, die nicht dem typischen Klischee entsprechen. Hollywood braucht mehr Newt Scamanders!
Ich weiß nicht, warum dein Review so dermaßen flach und unterirdisch ausgefallen ist, aber mich hat der Film mehr als nur überzeugt und wie gesagt, das hat mich überrascht, das kannst du mir glauben. Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass die meisten schlechten Rezensionen zum Film von Männern geschrieben werden. Offenbar können sich viele Männer so gar nicht mit Newt identifizieren und diese Tatsache finde ich eher besorgniserregend.
Im Gegensatz zu dir fand ich Quinee in diesem Film unfassbar nervig und schwach als Charakter. Sie will Jacob heiraten, verzaubert ihn und hat den ganzen Film über kein anderes Ziel als diesen Teil ihrer, in Gedanken geschaffenen, Utopie zu verwirklichen. Sie ist ein Mitläufer, den man leicht brechen kann, der aber meist bemüht ist das Richtige zu tun und das wird sie in spätestens zwei Filmen auch zeigen, da bin ich mir sicher. Ich freue mich auf jeden Fall sehr auf mehr von Newt und seinem "Team" und auf den nächsten Film.