Aquaman, AU/USA 2018 • 143 Min • Regie: James Wan • Mit: Jason Momoa, Amber Heard, Patrick Wilson, Nicole Kidman, Yahya Abdul-Mateen II, Willem Dafoe, Dolph Lundgren, Temuera Morrison • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 20.12.2018 • Deutsche Website
Handlung
Arthur Curry (Jason Momoa) ist ein Kind von zwei Welten. Er ist das Ergebnis einer verbotenen Liebe zwischen dem Leuchtturmwärter Thomas (Temuera Morrison) und Atlanna (Nicole Kidman), der Königin des verborgenen, technologisch fortschrittlichen Unterwasser-Königreichs Atlantis. Um sie zu schützen, musste Atlanna Thomas und Arthur verlassen und in ihre Heimat zurückkehren, wo sie für ihren Verrat zum Tode verurteilt wurde. Mit übermenschlichen Kräften ausgestattet und von Atlantis' Wesir Vulko (Willem Dafoe) heimlich ausgebildet, wuchs Arthur an Land auf, wo er gelegentlich Seemänner in Not rettet und dadurch den Beinamen Aquaman bekommt. Von dem Königreich, das ihm seine Mutter weggenommen hat, will er nichts wissen. Doch als Atlantis seine Welt bedroht, muss er sich seinem größenwahnsinnigen Halbbruder Orm (Patrick Wilson) stellen, der inzwischen über Atlantis herrscht. Orm hegt tiefen Groll gegen Arthur, dem er die Schuld an dem Tod ihrer gemeinsamen Mutter gibt, und plant, mit Hilfe des Königs Nereus (Dolph Lundgren) alle Unterwasser-Königreiche zu vereinen, um in den Krieg gegen die Landbewohner zu ziehen. Begleitet von Nereus' resoluter Tochter Mera (Amber Heard) begibt sich Arthur auf die Suche nach dem sagenumwobenen Dreizack von Atlann, dem einstigen König von Atlantis. Wer die Macht über den Dreizack hat, hat auch den Anspruch auf den Thron von Atlantis. Das kann Orm natürlich nicht zulassen und setzt neben atlantischen Elitesoldaten auch den rachsüchtigen Piraten Black Manta (Yahya Abdul-Mateen II), den er mit atlantischer Waffentechnologie ausstattet, auf die beiden an. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
Kritik
"Wartet noch, es kommt bei Marvel-Filmen immer noch was."
Diesen Satz, den ein Kollege an seine Begleiter richtete, habe ich kürzlich hinter mir im Kinosaal mitbekommen, als der Abspann zur neusten Comicverfilmung Aquaman begann. In einem Punkt hatte er Recht: Es gab tatsächlich eine zusätzliche, wenn auch wenig aufregende Szene während des Abspanns. Natürlich handelt es sich bei dem Film um keine Marvel-, sondern eine DC-Adaption, doch so ganz kann man die Aussage dem jungen Mann auch nicht verübeln, denn schließlich ist Aquaman der Marvel-mäßigste Film, den das DC-Kinouniversum bislang hervorgebracht hat.
Ein gutmütiger, aber hitzköpfiger Muskelprotz mit Anspruch auf den Thron eines wundersamen Königreichs, in dem Magie und Wissenschaft fließend ineinander übergehen, muss Demut lernen und sich als würdig erweisen, eine mächtige Waffe zu schwingen, damit er seinen hinterlistigen Bruder besiegen kann. Wem diese Beschreibung vage bekannt vorkommt, ist höchstwahrscheinlich mit Marvels Thor-Filmen vertraut. Dazu geben Regisseur James Wan und seine Autoren David Leslie Johnson und Will Beale noch einen ordentlichen Schuss Indiana Jones und fertig ist der letzte große Megablockbuster des Jahres. Die Vergleiche zu den genannten Vorbildern wirken sich jedoch nicht zum Nachteil des Films aus, sondern zeigen vor allem eins: Aquaman soll Spaß machen. Und wisst Ihr was? Das tut er, und zwar so richtig. Die Mischung funktioniert und ist ein weiterer Schritt weg von der düsteren Trostlosigkeit der neueren DC-Filme. Wonder Woman traf letztes Jahr den idealen Punkt zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit. Aquaman ist etwas abgedrehter, ausufernder und anspruchsloser als der Film seiner Justice-League-Mitstreiterin, hat nicht ganz so gute Charaktere, macht es aber mit einem berauschenden Bilderreigen wieder wett.
Es sieht ganz danach aus, als würde das DC-Kinouniversum am besten funktionieren, wenn es sich auf einzelne Figuren anstelle von Ensembles konzentriert. Neben Man of Steel und Wonder Woman gehört nun auch Aquaman zu den eindeutig stärkeren Filmen des Universums. Wie schon Wonder Woman ist auch Aquaman ein weitgehend eigenständiger Film. Die Ereignisse von Justice League, in dem Jason Momoa als Aquaman sein Debüt feierte (vom wortlosen Mini-Cameo in Batman v Superman mal abgesehen), werden in einem einzigen Satz angesprochen und das war’s auch schon mit Verweisen. Man sollte also nicht erwarten, dass Superman oder The Flash über die Leinwand huschen. Warner Bros. hat endlich begriffen, dass man die einzelnen Figuren und ihre jeweiligen Welten erst richtig aufbauen muss, bevor man sie zusammenwirft.
In dieser Hinsicht macht Aquaman auch gute Fortschritte. Jahrzehntelang war die Figur eine Zielscheibe des Spotts, woran nicht zuletzt die Siebziger-Zeichentrickserie "Super Friends" und "The Big Bang Theory" die Schuld tragen. Mit seiner allerersten Szene in Aquaman macht Jason Momoa unmissverständlich klar, dass er alles andere als eine Witzfigur ist. In Justice League war seine Rolle hauptsächlich auf möchtegern-coole Sprüche und imposantes Getue reduziert. In Aquaman wirkt er wie ein echter Charakter mit Entwicklung. "Game of Thrones"-Star Momoa hat mit seiner blonden Comicfigur keinerlei optische Gemeinsamkeit, doch angesichts deren Rufs in der Popkultur ist es vielleicht auch eine gute Sache, dadurch etwas Abstand zu gewinnen. Die Figur ist immer noch nicht furchtbar interessant oder fesselnd, aber das war Thor in seinem Film anfangs auch nicht. Was Momoa mitbringt, sind grobschlächtiges Charisma und ungeheure physische Präsenz. Wenn er mit entblößtem Torso in einer Szene Piraten auseinandernimmt und kurz pausiert, um in Zeitlupe die üppige Haarmähne zurückzuschwingen, könnte das glatt eine Aufnahme aus einem Werbespot für Männerparfum sein. Beim Anblick werden wohl nicht wenige Frauen schwach werden.
Die hinreißende Amber Heard, deren feuerrotes Haar ihr lebhaftes Temperament unterstreicht, ist als Mera seinem Charme gegenüber (zumindest anfangs) immun. Bereits in ihrem kurzen Auftritt in Justice League machte sie Lust auf mehr und sie enttäuscht hier nicht. Mera ist viel mehr als ein Sidekick oder potenzielles Love Interest für Aquaman. Intelligenter, raffinierter und besonnener als ihr Begleiter, stiehlt Heard Momoa nicht selten die Show. Ihre Superkraft, alle Flüssigkeiten zu manipulieren, kommt im Film auf kreative Weisen zum Einsatz und findet ihren Höhepunkt in einer Szene im Weinladen, die beweist, dass Alkohol auch Leben retten kann. Nicole Kidman füllt ihre Rolle mit Anmut und Weisheit, während Temuera Morrison als Arthurs Vater gute Chemie mit Momoa hat. Außerdem ist es sehr nett, Action-Altstar Dolph Lundgren plötzlich in einem Riesenblockbuster zu sehen.
Doch der wahre Star von Aquaman ist sein Regisseur James Wan. Bereits mit dem Low-Budget-Horrorphänomen Saw zeigte er, dass er aus wenig viel machen kann. In Aquaman macht er aus viel sehr viel. Für seinen bislang teuersten Film hatte Wan $200 Mio Budget zur Verfügung und man sieht jeden Cent davon auf der Leinwand. Es ist keine Übertreibung, dass Aquaman der bestaussehende und alleine schon nach seinen Maßstäben und seinen Ambitionen schlichtweg größte Film des Jahres ist. Was der Geschichte an Originalität fehlt, macht Wan mit unbändigem Einfallsreichtum seiner Bilder wieder wett, die zuweilen an Avatar oder Valerian erinnern und dennoch originell wirken. Auch seine Erfahrungen als Horrorregisseur kommen in einer Sequenz zur Geltung, in der Arthur und Mera einen Schwarm furchterregender Meeresungeheuer abwehren müssen, während sie in die Tiefe des Ozeans hinabtauchen. Die Aufnahme der beiden in einem Negativraum, beleuchtet von einem einzigen roten Leuchtfeuer und umgeben von einer lebenden Masse, die ihnen nach dem Leben trachtet, gehört zu den einprägsamsten des Jahres. Spätestens wenn der Film bei seiner klimatischen Schlacht angelangt – der größten, die es seit Der Herr der Ringe im Kino zu sehen gab – kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Krieger, die auf aufgerüsteten Haien oder gigantischen Seepferdchen (!) reiten, stürzen sich in den Kampf gegen riesige Krabbenwesen und ein kolossales Monster mit Tentakeln. Habe ich schon erwähnt, dass es in dem Film einen Oktopus gibt, der auf Bongos trommelt?
Wer ins Kino geht, um in eine fremdartige Welt entführt zu werden und ein Spektakel zu erleben, wird hier bestens bedient. Es ist ein aberwitziges, absurdes und unbändig kreatives Universum, das Wan und seine Effektespezialisten hier auf die Leinwand gezaubert haben. Dass große Teile der Handlung unter Wasser spielen, kommt dem Film zugute. Auf physikalische Gesetze wie Schwerkraft kann man dann getrost pfeifen und die 3D-Effekte profitieren auch.
Aquaman kommt aber auch nicht ganz ohne Probleme aus. Bevor das ausgelassene Abenteuer richtig in Fahrt kommt, muss man sich durch einen eher zähen Auftakt durchkämpfen. Außerdem sind beide Antagonisten recht uninteressant, insbesondere Black Manta, wobei sein großer Auftritt immerhin eine der besten Actionszenen des Films herbeiführt. Insgesamt unterhält die Comicverfilmung jedoch unprätentiös und mit viel Augenzwinkern.
Fazit
Nach seinem auf abgedroschene One-Liner und grimmige Blicke begrenzten Auftritt in Justice League, läuft Jason Momoa in Aquaman zur wahren Größe auf. Doch der echte Star dieses anfangs etwas zähen und später zunehmend aberwitzigen und spaßigen Mischmaschs aus Marvels Thor, Indiana Jones und den opulenten Welten von Avatar und Valerian ist Regisseur James Wan. Ihm gelingt nicht nur eine aufrichtig gute DC-Verfilmung und ein aufregender Fantasy-Abenteuerfilm, sondern auch das bestaussehende Leinwand-Spektakel des Jahres mit der größten Kinoschlacht seit Der Herr der Ringe.
[…] in die Kinos kam, war es der beste Film aus dem DC-Kinouniversum. Seitdem hat Warner jedoch mit Aquaman und insbesondere Shazam! ordentlich nachgelegt. Ich hoffe, dass der Aufwärtstrend mit Wonder Woman […]