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Vorgestern feierte in München die aufwendige deutsche Produktion Tarzan 3D Premiere, bei der auch die beiden deutschen Synchronsprecher des Films, Alexander Fehling und Lena Meyer-Landrut dabei waren. Wir nutzten das als Gelegenheit, beide zu ihrer Arbeit an dem Film und ihren künftigen Projekten zu interviewen.
Fehling gelang der große Durchbruch im Kino mit seiner Darstellung als Goethe im gleichnamigen Kinofilm von Philipp Stölzl. Zuletzt war der 32-jährige Berliner in Michael Bully Herbigs neuster Regiearbeit Buddy zu sehen. In Tarzan 3D leiht er erstmals einem animierten Charakter seine Stimme (im Original wird Tarzan von Twilight-Star Kellan Lutz gesprochen und per Motion-Capture-Verfahren auch gespielt). In unserem Gespräch verrät Fehling, warum er nie dauerhaft als Synchronsprecher arbeiten könnte, wie er die Affenlaute Tarzans entwickelt hat und worin er demnächst zu sehen sein wird.
Filmfutter: TARZAN lebt ein ursprüngliches Leben. Für einige sind fehlende Ursprünglichkeit und verlorener Naturkontakt ernstzunehmende Zeitprobleme. Wie siehst Du das?
Alexander Fehling: Ich finde es ein interessantes Thema und würde es schon ein Zeitproblem nennen. Ich kenne das auch von mir: Man hat alles, aber trotzdem ist man aus irgendeinem Grund nicht so richtig glücklich. Gerade in unserer Generation ist so eine grundlose Traurigkeit total verbreitet. Man fragt sich immer warum und ich glaube, es hat damit zu tun, dass man von so viel Lärm und auch Erwartungen oder Angeboten umgeben ist. Man hat das Gefühl, dass man sich ständig entscheiden muss und sich alles aussuchen kann, was man letztendlich aber gar nicht kann. Ich glaube schon, dass einen das stresst und vielleicht sogar krank macht. Man kann in so einem Chaos kaum mehr zu sich kommen.
FF: Macht Naturkontakt also glücklicher?
AF: Ich erlebe es so: Wenn man in der Natur ist – zum Beispiel Urlaub auf einer Hütte macht – dann kocht man abends eine Suppe, morgens steht man auf und holt Milch. Das sind dann sehr ursprüngliche und direkte Vorgänge, die auf jeden Fall glücklich machen können. In der Natur merkt man außerdem immer, wie klein man als Mensch ist. Ich finde man kriegt einen Eindruck davon, wie groß das Universum und alles um einen herum ist. Das halte ich für eine sehr gesunde Erfahrung.
FF: Würde man Dich ohne Hilfsmittel in die Wildnis werfen, was würde passieren?
AF: In meiner Vorstellung würde ich dies und das machen und einige Zeit überleben, aber das Lustige ist, dass die Vorstellung so oder so nicht zutreffen würde. Die Wahrheit ist, dass ich nach fünf Minuten vielleicht stolpere und tot bin.
FF: Welche Tarzan-Interpretationen hast Du gesehen?
AF: Ich habe früher die Schwarz-Weiß-Verfilmungen mit Johnny Weißmüller gesehen. Das war heimlich bei Oma im Nachmittagsprogramm. Dann habe ich die GREYSTOKE – DIE LEGENDE VON TARZAN mit Christopher Lambert gesehen. Damals habe ich viele Abenteuerbücher von Jules Verne gelesen, deshalb kam mir Tarzan gerade recht.
FF: Wie hast Du die Synchronisation des Films erlebt?
AF: Bei der Synchronisation war der Film noch nicht ganz fertig. Die Figuren hatten zum Beispiel noch keine Kleidung an. Das war wirklich lustig: Der Vater findet seine Tochter wieder, schaut an ihr herunter und sie ist nackt. An so etwas muss man sich zwar erst gewöhnen, aber man ist beim Sprechen sehr konzentriert bei der Sache, deshalb ist das kein großes Problem. Man muss sich die fertige Animation manchmal einfach vorstellen.
FF: Mich erinnert der fertige TARZAN stellenweise an AVATAR. Hast auch Du derartige Parallelen gesehen?
AF: Lena (Meyer-Landrut) und ich haben die Gemeinsamkeiten selbst zwar nicht gesehen, aber vorhin hat uns schon mal jemand darauf hingewiesen. Scheinbar sind die beiden Welten einander in irgendeiner Weise ähnlich.
FF: Wie habt Ihr Tarzans Affenlaute entwickelt?
AF: Am Anfang musste ich viel ausprobieren. Das passiert dann auf die Gefahr hin, dass man sich lächerlich macht, aber das ist in diesem Beruf öfter so. Ich habe das dann auch einfach gemacht; dann haben wir gemerkt, dass manche Sachen zu albern klingen und manche zu zurückhaltend sind. Wir mussten dann eine Mitte finden. Den großen Schrei durfte ich leider nicht machen – nur die einfacheren drum herum. Der Hauptschrei ist eine technische Konstruktion und ich glaube, das hört man auch. Ich kann mich jetzt also schlecht mit ihm rühmen (lacht).
FF: Vor einigen Jahren wurden Kinder gefunden, die keinen Kontakt zur Außenwelt haben und ihre eigene Sprache sprechen. Hast Du dich zur Vorbereitung mit solchen Fällen beschäftigt?
AF: Nein, überhaupt nicht. Ich kann das aus eigenem Interesse selbstverständlich tun, aber letztendlich nützt es mir für den Film gar nichts, weil ich dem fertigen Bild dienen muss. Man hat bei der Synchronisation von einem Film wie TARZAN sehr viele Vorgaben. Ich glaube es ist dann besser, wenn man mit einem freien Kopf da reingeht.
FF: Sind für Dich als gerne improvisierender Schauspieler die "vielen Vorgaben" manchmal grenzwertig?
AF: Es gibt Leute, die ihr ganzes Arbeitsleben im Studio verbringen. Ich habe davor großen Respekt, denn für mich ist es wirklich anstrengend. Ich bin froh, dass ich auch etwas anderes machen darf. Mein "Hauptberuf" ist nun mal nicht Synchronsprecher und damit bin ich glücklich. Bestehende Figuren nur mit der Stimme ausfüllen zu müssen wäre für mich auf Dauer schwierig.
FF: Was aus deinem "richtigen" Beruf würdest Du vermissen?
AF: Alles. Wenn ich in einem Film eine Figur spiele, dann baue ich die Illusion auf, wirklich diese Person zu sein. Gebe ich einer Figur nur meine Stimme, dann ist das nicht das Ziel. Wäre ich Synchronsprecher, dann würde ich wohl meinen ganzen Beruf vermissen.
FF: Helfen Dinge wie Kleidung eigentlich bei der Transformation in eine andere Person? Oder bei dem Code-Switch zwischen öffentlicher und privater Person?
AF: Wenn ich auf einer Premiere einen Anzug anziehe, dann fühle ich mich darin sicherer. Aber ich stelle mich schon vorher darauf ein, was an einem Tag wie heute oder auf einer Premiere verlangt wird. Ansonsten muss ich gar nicht so viele Schalter umlegen. Wenn ich spiele, dann bin ich darin eigentlich nicht sehr gut. Du beschäftigst dich mit einer bestimmten Figur und ihren Konflikten und dann gehst du in die Mittagspause – das kann ich nicht gut. Ich konzentriere mich lieber auf eine Sache und das gerne auch mal 2,5 Monate lang. Dann bin ich in dieser Zeit etwas weniger kommunikativ. Andere gehen da mit einer Leichtigkeit ran: Sie reden gerade noch mit jemandem, drehen sich um und spielen.
FF: An welchen Spielfilmprojekten arbeitest Du gerade?
AF: Ich habe an einem Film gearbeitet, der "Im Labyrinth" heißt und wahrscheinlich im Herbst rauskommen wird. Das ist ein sehr spannendes Projekt. Damit ein guter Film entsteht, müssen immer viele Faktoren zusammenspielen, daher kann ich jetzt noch nicht sagen, was das Endergebnis sein wird. Ich weiß aber, dass tolle Schauspieler beteiligt sind und ein sehr gutes Drehbuch zugrunde liegt.
FF: Das da wäre?
AF: Die Geschichte spielt in den 50er Jahren und ich stelle einen Staatsanwalt dar, der gerade am Frankfurter Gericht angefangen hat. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, dass jemand auf der Straße einen ehemaligen Ausschwitz-Wärter wiedererkannt hat. Um diese Zeit waren Gericht und BKA voller Halb-Nazis und viele sind damals gerade wieder zurückgekommen, während das Land sich bemüht hat, wieder auf die Beine zu kommen. Meine Figur beginnt, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Eigentlich zeigt der Film die Entwicklung der innerdeutschen Prozesse nach den Nürnberger Prozessen. Das klingt ein bisschen nach Geschichtsstoff, aber ich glaube, es kann sehr packend werden.
von Sima Moussavian
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