Alien: Covenant, USA/AU/NZ/GB 2017 • 122 Min • Regie: Ridley Scott • Drehbuch: John Logan, Dante Harper • Mit: Michael Fassbender, Katherine Waterston, Billy Crudup, Danny McBride, Demián Bichir, James Franco • Kamera: Dariusz Wolski • Musik: Jed Kurzel • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: 20th Century Fox • Kinostart: 18.05.2017 • Deutsche Website
Das Äußere ist nicht alles, was zählt. Schon bei „Prometheus – Dunkle Zeichen“ (2012), dem ersten Teil seiner angekündigten „Alien“-Prequelreihe, hatte Regisseur Ridley Scott deutliche Schwierigkeiten, der atemberaubenden audiovisuellen Wucht des Werkes einen entsprechenden erzählerischen Spannungsbogen entgegenzusetzen. Mit einer faszinierenden ersten Hälfte und ambitionierten inhaltlichen Ansätzen, schaffte es der Schöpfer des Originalfilms zumindest, das Interesse an einer Weiterführung der Geschichte aufrechtzuerhalten. Vor allem, da am Ende viele Fragen offen geblieben sind, deren Beantwortung Stoff für ein packenderes Abenteuer bereithalten könnte. Wir erinnern uns: Bis auf die Wissenschaftlerin Shaw und den Androiden David ist die Besatzung der Prometheus tot und die Richtung Erde gesandte, tödliche Fracht der göttergleichen Ingenieure zerstört. Die beiden Überlebenden machen sich schließlich auf, den Planeten ihrer Gegner zu besuchen, um dort die Ereignisse weiter zu analysieren. Hier sind wir nun also – fünf Jahre später – mit der Fortsetzung „Alien: Covenant“.
Bevor die Handlung mit einer neuen Crew einsetzt, wirft der Film zunächst einen Blick zurück auf David (Michael Fassbender), der von seinem Entwickler Weyland (Guy Pearce) mit seinen Aufgaben vertraut gemacht wird. Unter den autoritären Worten des Menschen beginnt die Maschine, den nicht unwesentlichen Unterschied zwischen beiden anzumerken: Die menschliche Sterblichkeit. Wozu der offensichtlich mit einem Gottkomplex ausgestattete Android imstande ist, soll er im Verlauf des Vorgängerwerkes demonstrieren, in dem er einem Bordmitglied eine gefährliche außerirdische Substanz einflößt, die den Schrecken weiter in Gang setzt. David steht auch im Zentrum dieser Geschichte um die Besatzung des Kolonieschiffs „Covenant“, das sich auf Kurs zu einem erdähnlichen Planeten befindet. Durch einen fatalen Zwischenfall werden Teile der Anwesenden getötet, während der Rest vorzeitig aus dem künstlichen Schlaf erweckt wird. Nach dem Empfang eines mysteriösen Funkspruchs von einem nahe gelegenen Teil der Galaxie, entscheidet der neue Captain Oram (Billy Crudup), die Mission zu unterbrechen und diesem Signal zu folgen. Scheinbar hält auch dieser unbekannte Ort die optimalen Lebensbedingungen für eine Besiedlung bereit. Was er und sein Team, zu dem auch die toughe Daniels (Katherine Waterston) und der Android Walter (ebenfalls Fassbender) gehören, nicht ahnen, ist, dass in der verlassenen Landschaft eine todbringende Gefahr lauert. Und dann erscheint plötzlich David als Retter in der Not …
Beginnen wir mit den positiven Aspekten: Ridley Scott bleibt ein Meister der stimmungsvollen Bilder. Was er in „Alien: Covenant“ erneut mit seinem Kameramann Dariusz Wolski auf die Leinwand zaubert, könnte man sich auch zuhause im Rahmen an die Wand hängen. Vorausgesetzt, man steht auf düstere Kunst – denn dieses Sequel zum Prequel ist in Sachen Atmosphäre noch deutlich grimmiger geraten, als der schon nicht sonderlich sonnige Vorgänger. Dazu kommt ein Score des Australiers Jed Kurzel („Macbeth“), der zu Beginn die berühmten „Alien“-Klänge Jerry Goldsmiths kopiert, um dann in der späteren Handlung auf eigene, bedrohlich-wummernde Rhythmen zu setzen, die perfekt das Höllenszenario unterstreichen. Außerdem – und diese Information lässt sich schon von dem Filmtitel ableiten – gibt es im Vergleich zu „Prometheus“ wieder einen Zuwachs an blutrünstigen Kreaturen zu begutachten, die allerdings noch nicht ganz dem Grauen aus dem Jahr 1979 gleichen. Dennoch: Diese sogenannten „Neomorphs“ haben was und richten in dem Werk einige fiese Schweinereien an, auf die sich die hartgesottenen Fans sicher bereits freuen. Sir Ridley hält definitiv sein Wort, wenn er angibt, die Todesszene John Hurts aus seinem Original hier zu toppen. Doch schicke Aufnahmen, effektive Musik sowie massig Blut und Schleim machen noch keinen guten Film aus.
Und somit kommen wir zu den Kritikpunkten, die leider deutlich überwiegen. Ich möchte zunächst anmerken: Es kommt selten vor, dass ich mich in Blockbustern über die Blödheit von Figuren ernsthaft ärgere. So hat mich der indiskutable Dutzidutziduu-kleine-Weltraumschlange-Moment in „Prometheus“ durchaus gestört, wurde aber in meiner Kritik dennoch unterschlagen. In „Alien: Covenant“ gelingt es Scott allerdings, dass ich mich am liebsten im Vordersessel festgebissen hätte, um nicht laut zu schreien. Nur ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Wesen bricht aus einem Körper hervor und Blut spritzt einer Helferin ins Gesicht – macht es wirklich Sinn, dass diese dann aus der Zone flieht und eine weitere kontaminierte Person isoliert? Eher nicht. Außerdem rutscht besagte Figur bei dem Versuch ein Monster zu erlegen auf einer Blutspur aus, verdreht sich anschließend bei der Flucht das Knie in der Tür und dann – nun, seht selbst! Es ist das erste Mal, dass ich in einem Film wirklich Mitleid mit Charakteren hatte, weil sie zu dumm zum Überleben sind. Zu dem Komplex Figuren/Schauspieler muss übrigens angemerkt werden, dass Katherine Waterston („Inherent Vice – Natürliche Mängel“) und Danny McBride aus ihren sehr flachen Rollen noch das meiste Potential schöpfen, während Billy Crudup als aufgrund seiner Gläubigkeit von den wissenschaftlichen Kollegen wenig geschätzter Captain gehörig nervt und ebenfalls, naja, dumm ist. Die Show gehört natürlich Michael Fassbender, der hier gleich doppelt agiert und mit dessen David das gesamte Werk steht und fällt.
Und es fällt: All das, was der Vorgänger an interessanten Anschluss- und Erklärungsmöglichkeiten angeboten hatte, wird in „Alien: Covenant“ nicht genutzt. Man muss sich das in etwa so vorstellen: In „Prometheus“ gab es deutliche Anspielungen, dass mit dem Androiden nicht alles richtig läuft und er eine Gefahr für die Besatzung darstellt. Es war schlau von Scott und/oder den Autoren, den Charakter dennoch ein Stück weit ambivalent zu gestalten. Welche Agenda diese Maschine genau verfolgt, konnte man erahnen, aber nicht hundertprozentig wissen. Dieser Schleier soll nun in diesem Film gelüftet werden, was sich jedoch als absolut überflüssiges und in seiner aufdringlichen Darbietung anstrengendes Unterfangen herausstellt: „Alien: Covenant“ markiert ein Kapitel in der Saga, das die Handlung nicht nur kaum weiterbringt, sondern in seiner Zerfahrenheit die Brücke zwischen Prequel und Sequel beschädigt. Es gibt Mad-Scientist- und Body-Horror-Elemente, einen vollständigen Cast, der nur als Monsterfutter herhalten soll und sonst keine bedeutende Rolle spielt, und diverse Verweise auf Kunst und literarische Werke, die zusätzliche Tiefe suggerieren sollen, aber letztlich nur leer im Raum stehen. Einen vermeintlichen Twist gibt es auch noch, der aber vermutlich bei den meisten Zuschauern deutlich vor seiner Zeit gelüftet ist. Was haben wir noch? Eine Martial-Arts-Einlage mit einem selten lächerlichen Spruch als Bonus – den man aber zumindest zuvor noch nie so gehört hat.
Machen wir es zum Ende noch einmal kurz und schmerzhaft: „Alien: Covenant“ fühlt sich ein wenig so an wie eine A-Produktion von Roger Cormans „Carnosaurus“.
Trailer