Annabelle, USA 2014 • 98 Min • Regie: John R. Leonetti • Mit: Annabelle Wallis, Ward Horton, Alfre Woodard, Tony Amendola • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 9.10.2014 • Deutsche Website
„Insidious“ war ein recht unterhaltsamer und überaus erfolgreicher Horrorfilm von James Wan. Der zwecks Profitmaximierung hinterhergejagte „Insidious: Chapter 2“ war entschieden weniger unterhaltsam, aber nichtsdestotrotz noch erfolgreicher. Da das Konzept so gut funktionierte, macht sich Wan bei „Insidious: Chapter 3“ gar nicht die Mühe, hinter der Kamera zu stehen, sondern produziert; gemeinsam mit Oren Peli und Jason Blum, die das serielle Totreiten einer Filmidee bei „Paranormal Activity“ perfektioniert hatten.
Nach diesem Vorbild ergänzt Wan seinen Horrorerfolg „Conjuring – Die Heimsuchung“ noch vor dem ersten Sequel mit einem Spin-Off. Die Regie übernahm John R. Leonetti, der bei „Insidious“ 1 + 2 sowie bei „Conjuring“ die Kamera geführt hatte, aber bisher nur die kaum erwähnenswerten Fortsetzungen „Mortal Kombat 2 – Annihilation“ und „The Butterfly Effect 2“ inszenierte. Das klingt ein wenig als sei „Annabelle“ James Wan für Arme und so manche Maskeneffekte sehen auch genau danach aus. Tatsächlich jedoch ist der quasi ein unsichtbares Straight-to-Video-Label tragende Streifen mehr: ein bisschen William Friedkin und Roman Polanski für Arme, nicht zu vergessen „Chucky“, dessen dritte Fortsetzung Leonettis erste Filmarbeit war. Fühlte das zweite Kapitel von „Insidious“ sich wie ein filmischer Schnellschuss an, wirkt „Annabelle“ wie eine rasch verpuffte Fehlzündung. Der Plot, offiziell von einer Episode um eine dämonische Puppe aus „Conjuring“ inspiriert, bedient sich ausgiebig, doch fantasielos bei dem Horror der Ära, in welcher die Handlung spielt. Horror meint hier nicht nur Genreklassiker, sondern reale Ereignisse wie die Morde der Manson-Family.
Deren grausames Eindringen in Polanskis Privatleben ist unweigerlich präsent, wenn die werdende Mutter Mia (Annabelle Wallis) und ihr Mediziner-Ehemann John (Ward Horton) im Röhren-Fernsehen von Mansons Kult hören. Prompt attackieren in der Folgenacht zwei Satansjünger das Pärchen, nachdem sie deren gottesfürchtige Nachbarn massakriert haben. Mia erleidet einen Stich in den Bauch, aber John und die Polizei verhindern Schlimmeres. Die getöteten Angreifer entpuppen sich als ein Manson-Abklatsch und die entfremdete Nachbarstochter Annabelle, über die John zuvor bemerkte: „Sie ist zu den Hippies gegangen.“ Ronald Reagan hatte Recht: Hippies, Beatniks, Commies – alles Teufelsanbeter! So ergreift Annabelle Besitz von einer seltenen Porzellanpuppe, die John Mia und dem Baby schenkt. Das ist schonmal unheimlich, dummerweise anders als gewollt. Dass fiese Puppen ein alter Horror-Hut und längst kein Grusel-Garant mehr sind, sollte Leonetti wissen. Aber welcher Gatte schenkt dem erwarteten Baby und der hochschwangeren Frau, die fernab von BH-verbrennenden und dafür in der Hölle schmorenden Hippie-Mädchen daheim an der Nähmaschine sitzt und Seifenopern guckt, eine grässliche Puppe, die aussieht wie – nun, wie aus einem Horrorfilm?
Etwas Ironie hätte die wackelige Handlung zumindest teilweise vor unfreiwilliger Komik retten können, aber „Annabelle“ nimmt sich todernst, selbst als John und Mia (die nie psychisch labil wirkt wie Farrows Rosemary) in ein düsteres Mietshaus umziehen und für ein paar „Exorzist“-Takes einen Priester (Tony Amendola) gegen Annabelles an eine jüngere Regan erinnernden Geist antreten lässt. Ex und hopp gehen braucht der Kirchenmann nicht, dafür ist Buchladenbesitzerin und „Magical Negro“ Evelyn (sträflich unterfordert: Alfre Woodard) da. Ihre Aufopferung sei „Gottes Plan“ für sie, beruhigt sie die weiße Middleclass-Kernfamilie. Solch fragwürdige Konzepte und Anspielungen sind das einzig Gruselige an dem plumpen Puppentheater, beim Gedanken an dessen Macher man nur kopfschüttelnd einen Dialogsatz zitieren: „Crazy people do crazy things.“
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