Quelle: Insidekino
Obwohl diesen Winter den deutschen Kinos ein Riesenhit wie Ziemlich beste Freunde (8,9 Mio Besucher) fehlt, scheint dennoch das (fast) Unmögiche zu gelingen. Die Besucherzahlen liegen (wenn auch nur knapp) über dem Vorjahr dank dem phänomenalen Abschneiden von Quentin Tarantinos neuem Film und einem starken Marktanteil deutscher Produktionen. Insgesamt konnten sich diverse Filme beinahe auf Vorwochenniveau behaupten und manche sich gar steigern.
Mittlerweile fehlen einem beinahe die Superlative, um den Überflieger-Erfolg von Django Unchained zu beschreiben. Auch am dritten Wochenende ging dem Film nicht die Puste aus. Nur 23% verlor der Film verglichen zur Vorwoche und lockte am Wochenende sagenhafte 537,000 Zuschauer in die Kinos. Damit packte er am Sonntag spielend die 2,5 Mio-Marke und steht nun bei 2,585,000 Zuschauern nach lediglich 18 Tagen in den Kinos. Diesmal konnte der grandiose Rückgang nicht hauptsächlich durch zusätzliche Kinos erklärt werden. Zwar wurde die Kopienzahl des Films erneut aufgestockt, es kamen aber diesmal "nur" 58 zusätzliche Kinos hinzu, sodass der Rache-Western nun in 708 Kinos deutschlandweit gespielt wird. Vielmehr muss man einfach sagen, dass der Film großartig bei den Zuschauern ankommt und das Mundpropaganda hierzulande möglicherweise besser ist als bei jedem Tarantino-Film zuvor. Den unglaublichen Erfolg des FSK16-Films muss man sich erst vor Augen führen. Nachdem ihm vor drei Wochen der 14.-erfolgreichste Start aller Zeiten für einen Film mit der FSK16-Freigabe gelungen war, bewies er seitdem besseres Durchhaltevermögen als die meisten der 13 FSK16-Filme, die noch besser gestartet sind. So liegt das dritte Wochenende von Django Unchained über denen von Matrix Reloaded, Mission: Impossible 2, Matrix, The Dark Knight und vielen anderen. Zuletzt gelang dem 18. James-Bond-Film Der Morgen stirbt nie 1998, also vor fast genau 15 Jahren, ein besseres drittes Wochenende für einen Film mit dieser Freigabe!
Nach 18 Tagen hat Django Unchained locker die Gesamtbesucherzahl von Inglourious Basterds (2,15 Mio) überholt und ist somit der erfolgreichste Tarantino-Film aller Zeiten in Deutschland. Verglichen zu anderen FSK16-Erfolgen der letzten Jahre läuft es für Django auch extrem gut. Er liegt mehr als 300,000 Zuschauer vor Ted im gleichen Zeitraum, etwa 400,000 vor Gladiator und fast eine halbe Million vor The Dark Knight. Diese Ausgangslage garantiert Django ein Endergebnis deutlich jenseits von 3,5 Mio Besuchern. Bereits kommendes Wochenende wird Django Unchained als erster Film von 2012 eine Goldene Leinwand holen. Auch wenn Karneval im Rheinland kommendes Wochenende sich negativ auf die Filme auswirken sollte, erscheint es mittlerweile als sehr wahrscheinlich, dass Django über kurz oder lang als erster ab 16 Jahren freigegebener Film seit Matrix Reloaded 4 Mio Besucher erreichen wird. Damit wird der Film zu den erfolgreichsten FSK16-Filmen in Deutschland seit 1980 gehören. Nur ganz wenige haben es oberhalb der 4 Mio-Marke seitdem geschafft. Ebenfalls dürfte damit auch feststehen, dass Django auch am Ende des Jahres in der Top 10 von 2013 sich befinden wird, vielleicht sogar in der Top 5.
Nicht minder beeindruckend zeigte sich Der Schlussmacher in seiner vierten Runde. Erneut verteidigte der Film von und mit Matthias Schweighöfer den 2. Platz der deutschen Kinocharts und fiel dabei um mickrige 3% gegenüber der Vorwoche! Nach zusätzlichen 291,000 Zschauern am Wochenende brachte der Film seine vorläufige Gesamtbesucherzahl auf fast 1,8 Mio. Dabei fehlen ihm nur noch ca. 8,000 Kinogänger, um das Ergebnis von Schweighöfers Regiedebüt What a Man zu übertrumpfen. Bis Rubbeldiekatz, dem erfolgreichsten Film mit dem Herrn Schweighöfer in der Hauptrolle, fehlen nur noch etwa 400,000 Zuschauer, die er bereits in den kommenden zwei Wochen zusammenbekommen sollte. Zu befürchten ist nur, dass Kokowääh 2 als direkte Konkurrenz kommendes Wochenende ihm etwas Luft aus den Segeln nehmen wird, was bei einem bis hierhin so unglaublichem Lauf natürlich schade wäre. So wird Der Schlussmacher leider nicht sein volles Potenzial ausschöpfen, aber andererseits hätte ihm kaum jemand einen solchen Erfolg wie jetzt zugetraut. Mindestens 2,5 Mio Zuschauer sollten sogar mit Konkurrenz seitens Til Schweiger noch drin sein. Das ist bereits erfolgreicher als jede deutsche Produktion vom letzten Jahr.
Auch Platz 3 der Wochenend-Charts ging an eine deutsche Produktion, womit der deutsche Film auf gutem Wege ist, kräftig gegenüber dem Vorjahr zuzulegen, insbesondere da uns mit Kokowääh 2 ein weiterer sicherer Hit bevorsteht. Fünf Freunde 2 holte am Wochenende die Bronzemedaille mit etwa 208,000 Zuschauern von 446 Kinos. Dieser Start liegt 36% über dem Startwochenende des ersten Films letztes Jahr. Der erste Fünf-Freunde-Film hat 2012 nach einer langen Laufzeit mehr als 1 Mio Zuschauer erreicht. Auch dem zweiten sollte dies gelingen, insbesondere da außer Findet Nemo 3D bis März kein weiterer Kinderfilm in die deutschen Kinos kommen wird. Das ist bereits die vierte deutsche Box-Office-Überraschung dieses Jahr nach Der Schlussmacher, Ritter Rost und Hannah Arendt.
Nach einem überrraschend soliden Start letzte Woche, ließ Flight am zweiten Wochenende um großartige 11% nach und belegte mit 129,000 Zuschauern Platz 4 der Charts. In 11 Tagen kann der Film schon 335,000 Zuschauer zählen. Das sind bereits mehr als Denzel-Washington-Filme wie Mann unter Feuer, Unstoppable und Der Manchurian Kandidat während ihrer gesamten Laufzeit hierzulande erreicht haben. Damit hat sich der Film, für den Washington dieses Jahr für den Oscar nominiert ist, mindestens 500,000 Zuschauer insgesamt garantiert. Noch wahrscheinlicher sind jedoch etwa 600,000 und damit Platz 10 der erfolgreichsten Filme des Mimen in Deutschland. Flight ist ein kleiner Überraschungserfolg, mit dem man so in Deutschland nicht unbedingt gerechnet hat.
Die Top 5 rundete am Wochenende Der Hobbit – Eine unerwartete Reise mit 83,000 Zuschauern (-19%) ab. Insgesamt hat das Fantasy-Prequel bereits mehr als 6,35 Mio Besucher erreicht. Noch viel beeindruckender ist jedoch, dass der Film dank Inflation, doppeltem Überlängenzuschlag und dem 3D-Aufpreis bereits Skyfall und Ziemlich beste Feunde umsatztechnisch hinter sich gelassen hat (obwohl er nach Besuchern sich weit hinter den beiden befindet) und mit €66,2 Mio auf Rang 8 der umsatzstärksten Filme aller Zeiten in Deutschland aufgestiegen ist. Da er für Platz 7 mehr als €72,15 Mio benötigen würde, wird er wohl auf Platz 8 verbleiben. Damit spielen vier der acht hierzulande umsatzstärksten Filme aller Zeiten in Mittelerde. Was die Besucherzahlen angeht, so sollte Der Hobbit Ice Age 4 – Voll verschoben (6,67 Mio Besucher) letztlich knapp verfehlen und sich vorerst mit etwa 6,6 Mio Zuschauern begüngen müssen. Allerdings könnten die Double- und Triple-Features in den kommenden Jahren ihn noch darüber hieven. Es ist auch so schon sehr bemerkenswert, dass letztes Jahr vier Filme mit jeweils mehr als 6,5 Mio Besuchern hervorgebracht hat. Das ist zumindest seit 1968 in keinem anderen Jahr passiert. Somit wird Der Hobbit zum besucherstärksten Film aller Zeiten in Deutschland werden, der nie über Platz 4 der Jahrescharts hinauskam.
Der größte Gewinner am Wochenende war Lincoln. Steven Spielbergs zwölffach oscarnominierter Streifen legte um tolle 13% zu und lockte am Wochenende 75,000 Zuschauer in die Kinos. Damit hat der Film in 11 Tagen mehr als 175,000 Zuschauer erreicht. Eine Blamage wie Argo (139,000 Zuschauer momentan) wird ihm also erspart bleiben. Mit gutem Mundpropaganda und sicherlich dem einen oder anderen Oscarsieg sehe ich hier eine sehr lange Laufzeit und ein Endergebnis von zumindest einer halben Mio Zuschauer. Das wären immerhin schon etwa 60% mehr als das, was Spielbergs Gefährten letztes Jahr in Deutschland ereichen konnte.
Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger ereichte nach einem Rückgang von 18% am Wochenende weitere 72,000 Zuschauer und steht nun kurz davor, die 1,9 Mio-Marke zu überqueren. Mittlerweile dürften 2 Mio Zuschauer dem Film sicher sein.
Auf Rang 8 machte es sich ein weiterer Neuzugang bequem. Arnold Schwarzeneggers The Last Stand enttäuschte, wie schon in den USA, mit lediglich 75,000 Zuschauern (inkl. Previews) bis Sonntag. Das ist der zweitschwächste Start in Schwarzeneggers Karriere in Deutschland (nach Red Sonja). Besonders sticht dabei der miserable Schnitt von nur 151 Besuchern pro Kino hervor. Das ist schon eine bittere Pille für Arnie, dessen Filme zumindest hierzulande fast immer mit offenen Armen empfangen wurden. So erreichte der US-Flop The 6th Day in Deutschland immerhin 1,3 Mio Zuschauer, Versprochen ist versprochen durchbrach sogar die 2 Mio-Marke. Hier muss man sich die Frage stellen, ob die Tatsache, dass Splendid den Film bloß in einer gekürzten Fassung auf den Markt gebracht hat (eine Tatsache, die sehr schnell bekannt wurde) dem Erfiolg eigentlich geschadet hat. Jedenfalls sieht Splendid das scheinbar selbst als eine Möglichkeit und reicht ab Donnerstag in vielen Kinos die ungekürzte FSK18-Fassung nach. Ob hier aber noch viel zu retten ist, ist fraglich. Mehr als 300,000 Zuschauer sind bei The Last Stand definitiv nicht drin.
Platz 9 ging an Ritter Rost, der am vierten Wochenende nur 2% seiner Zuschauer von der Vorwoche verlor und 65,000 neue Besucher in die Kinos bringen konnte. Insgesamt hat der deutsche Animationserfolg bereits mehr als 350,000 erreicht und hat 500,000 als Ziel fest im Blick.
Auf Rang 10 landete schließlich der dritte breit gestartete Neuzugang der Woche. Zero Dark Thirty konnte trotz einer Bester-Film-Nominierung bei den Oscars und viel Werbeaufwand nur 79,000 Zuschauer inkl. Sneaks und Previews und lediglich 64,000 am eigentlichen Wochenende in die Kinos locken. Hier werden auch die Oscars nicht so viel bringen. Bestenfalls sind für Zero Dark Thirty rund 350,000 Zuschauer zu erwarten.
Ein weiterer deutscher Hit, Die Vampirschwestern, schrieb auch am 6. Wochenende mit 51,000 Zuschauern tolle Zahlen und überquerte am Wochenende die 700,000-Zuschauermarke. Er wird wohl 1 Mio Besucher letztendlich verfehlen, aber es wird knapper als man je gedacht hätte.
Ganz toll hielt sich auch Dustin Hoffmans Regiedebüt Quartett, der um 1% zulegte und mit 42,000 Zuschauern bereits 118,000 Zuschauer in 11 Tagen erreichen konnte. Von dem Film erwarte ich eine sehr lange und erfolgreiche Laufzeit in den Arthouse-Kinos. Mindestens 300,000 Zuschauer wird er erreichen, doch ich würde sogar eine halbe Million nicht ganz ausschließen, da der Film auch ein perfekter Kandidat für das Open-Air-Kino im Sommer sein wird.
Der deutsche Arthouseerfolg Hannah Arendt erreichte nach vier Wochen mehr als 200,000 Besucher. Auch hier ist an ein baldiges Ende nicht zu denken. Ich erwarte bis zum Ende des Jahres etwa 500,000 Besucher.
Disneys Ralph reicht’s packte am Wochenende endlich 950,000 Zuschauer und auch 1 Mio wird er im Laufe der nächsten Wochen auch erreichen. Insgesamt hat der Film aber an den Kinokassen in Deutscjland enttäuscht – wie auch viele andere Animationsfilme von 2012. Es war kein gutes Jahr für Animationsfilme in Deutschland. Merida – Legende der Highlands, Ralph reicht’s, Die Hüter des Lichts und Der Lorax blieben allesamt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Lediglich Hotel Transsilvanien und Das Geheimnis der Feenflügel konnten leicht positiv überraschen.
Erfreuflich kann man berichten, dass der Oscarkandidat Silver Linings endlich 250,000 Zuschauer erreicht hat, während Der Geschmack von Rost und Knochen sich immerhin über die 100,000-Marke geschleppt hat.
Außerhalb der Top 10 kam The Impossible mit 28,000 Zuschauern (von denen über 60% auf Sneaks entfielen) nur sehr schleppend aus den Startlöchern. Der Film wird nicht an die Erfolge in vielen anderen europäischen Ländern anknüpfen können und sogar an der 100,000-Marke scheitern.