Links: Joaquin Phoenix in Joker © 2019 Warner Bros. Pictures
Rechts: Bill Skarsgård in Es: Kapitel 2 © 2019 Warner Bros. Pictures
Quelle: Boxofficemojo
Das erste Wochenende im Oktober ist seit dem großen Kassenerfolg von Gravity zu einem beliebten Starttermin für größere Hollywood-Filme geworden, die zwischen der Sommer-Saison und Feiertagszeit in die nordamerikanischen Kinos kommen. Vier der fünf umsatzstärksten Oktober-Starts erfolgten am ersten Wochenende des Monats. Daher verzeichnet das Kinogeschäft in Nordamerika Anfang Oktober in aller Regel einen ordentlichen Aufschwung und das war dieses Wochenende nicht anders. Mit insgesamt $144,3 Mio legte der Gesamtumsatz der Top 12 um 68% gegenüber dem vorigen Wochenende zu. Allerdings konnte auch der Riesenstart von Joker nicht gegen das Power-Duo Venom und A Star Is Born aus dem letzten Jahr ankommen, sodass es gegenüber dem gleichen Wochenende im Vorjahr um 15% runter ging.
Natürlich drehte sich am Wochenende in den Kinos in den USA und in Kanada alles rund um Joker. Der düstere, stark in der Realität verankerte Film über den Comicschurken baute seit dem allerersten Trailer viel Hype auf. Dieser erreichte mit dem überraschenden Sieg bei den Filmfestspielen von Venedig seinen absoluten Höhepunkt. Dennoch übertraf der Film auch die kühnsten Erwartungen, als er in den ersten drei Tagen $96,2 Mio von 4374 Kinos (mit einem Schnitt von $21994 pro Spielstätte) eingespielt und die Chartspitze im Sturm erobert hat. Damit zerschmetterte Joker den erst letztes Jahr aufgestellten Oktober-Startrekord von Venom ($80,3 Mio) und legte einen besseren Start hin als Warners Es: Kapitel 2 vergangenen Monat ($91,1 Mio). Es ist der viertgrößte Start eines R-rated-Films in der US-Box-Office-geschichte, lediglich hinter Deadpool, Deadpool 2 und dem ersten Es, die allesamt die $100-Mio-Marke knackten. Allerdings ist das Startwochenende von Joker mindestens genauso beeindruckend, denn ein durch und durch finsterer Film über einen psychisch kranken Mann, der Amok läuft, ist deutlich weniger mainstreamfreundlich. Es ist sogar ein größeres Startwochenende als von Warners Justice League ($93,8 Mio).
Bereits in den Donnerstagspreviews brach Joker den Oktober-Rekord mit $13,3 Mio und sein Starttag in Höhe von $39,7 Mio übertraf den bisherigen Oktober-Rekord von Halloween, der letztes Jahr $33,1 Mio am ersten Freitag eingenommen hat.
Das Produktionsbudget von Joker wird auf $55 bis $70 Mio (ohne Marketingausgaben) geschätzt, sodass der Film einen wahren Geldregen für Warner bescheren wird. Doch wie konnte ein Film, der im Prinzip Taxi Driver mit einem psychotischen Clown ist, solchen Erfolg erzielen? Der Joker ist vermutlich der bekannteste aller Comic-Bösewichte, und die Idee, einen so berüchtigten Antagonisten in den Mittelpunkt seines eigenen Films zu rücken, weckte bei vielen Zuschauern die Neugier. Der frühe Oscar-Hype für Joaquin Phoenix und den Film selbst lockte auch die Zuschauer in die Kinos, die für gewöhnlich kein Interesse an Comicverfilmungen haben. Was aber zweifelsohne auch zum Erfolg beigetragen hat, sind die kontroversen Diskussionen um diesen vermeintlich "gefährlichen" und "gewaltverherrlichenden" Film. Noch nie hat man erlebt, dass es solche Sorgen um die Sicherheit der Kinogänger bei den Vorführungen in den USA gab. Bei vielen Vorstellungen, insbesondere in Großstädten wie New York, wurden Kinos von Polizisten, sowohl in Uniform als auch undercover, überwacht. Die Furcht vor einem weiteren Amoklauf wie bei der Mitternachtspremiere von The Dark Knight Rises in Aurora war groß. Ob berechtigt oder nicht, sei dahingestellt, der Film hat von dieser zusätzlichen Berichterstattung aber sicherlich profitiert, denn sie verlieh ihm einen zusätzlichen Reiz des Gefährlichen.
Bei den Zuschauern kam Joker gut, wenn auch nicht überragend an. Die CinemaScore-Wertung der Kinogänger vom Starttag war "B+" (äquivalent einer "2+"). Etwa 64% der Zuschauer waren Männer und 68% waren älter als 25. Es ist definitiv keine Comicbuchverfilmung, die sich an Teenager richtet, doch ihr Erfolg kann mit den ganz großen mithalten. Der weitere Verlauf des Films wird davon abhängen, wie lange der Hype nach dem Start anhalten kann und ob sich die erhofften Oscarnominierungen tatsächlich materialisieren werden. Aktuell gehe ich von etwa $240-270 Mio als Gesamtergebnis in Nordamerika aus. Das würde ausreichen, um Joker unter die zehn umsatzstärksten Filme aller Zeiten mit einem R-Rating zu katapultieren. International spielte Joker an seinem Startwochenende $152,2 Mio von 73 Ländern ein. Die Highlights waren darunter Südkorea mit $16,3 Mio und Großbritannien mit $15,5 Mio. Frankreich und Deutschland folgen kommende Woche. Wie nah der Film an die weltweiten $856 Mio von Venom herankommen wird, wird wohl davon abhängen, ob der Film einen Kinostart in China erhält. Aber auch wenn er dort starten darf, wird er ziemlich sicher nicht dessen $270 Mio im Reich der Mitte einspielen.
Platz 2 ging an DreamWorks' Everest – Ein Yeti will hoch hinaus. Der Animationsfilm hielt sich immerhin besser als jeder andere Top-12-Film, der nicht expandiert ist. Dennoch verlor er 42,2% gegenüber seinem Startwochenende und spielte $11,9 Mio von Freitag bis Sonntag ein. Nach zehn Tagen steht der Streifen bei recht schwachen $37,8 Mio. Mit einem Produktionsbudget von $75 Mio kostete der Film zwar nicht so viel wie die meisten Animationsstreifen von DreamWorks, doch angesichts positiver Kritiken und der Tatsache, dass es der erste größere kinderfreundliche Film in den USA seit Der König der Löwen im Juli ist, ist die Performance wirklich enttäuschend. Kommendes Wochenende bekommt er direkte Konkurrenz von Die Addams Family. Danach sollte er sich zwar stabilisieren, doch mehr als $65-75 Mio wird er nicht einnehmen. Für DreamWorks Animation ist das der größte kommerzielle Misserfolg seit Turbo vor sechs Jahren.
Downton Abbey sank am dritten Wochenende um einen Platz und 44,3% auf Rang 3 der US-Kinocharts und $8 Mio. Bislang hat die Adaption der erfolgreichen britischen Kostümserie solide $73,6 Mio in den USA und in Kanada eingespielt. Gerade für eine Verfilmung einer nicht-US-amerikanischen Serie ist der Erfolg an den nordamerikanischen Kinokassen beachtlich. Es hilft, dass es aktuell einer der wenigen Filme ist, der eine deutlich ältere Zielgruppe bedient. Momentan sieht es nach einem finalen Einspielergebnis von etwa $97 Mio aus, doch mit etwas Glück könnte er auch knapp der $100 Mio vorbeiziehen, wenn er seine Leinwände lange genug behalten kann. Ein Sequel ist nicht unwahrscheinlich.
Auf Seite 2 erfahrt Ihr, wie erfolgreich Rambo: Last Blood ist und welchen Box-Office-Meilenstein Es: Kapitel 2 erreichte.
Aufatmen bei Warner. Weit und breit keine Gefahr aus dem Hause MCU.