Links: Sully © 2016 Warner Bros. Pictures
Mitte: Blair Witch © 2016 Lionsgate
Rechts: Bridges Jones’s Baby © 2016 Universal Pictures
Quelle: Boxofficemojo
Obwohl gleich zwei Sequels mit Hitpotenzial vergangenes Wochenende in den nordamerikanischen Kinos anliefen, starteten beide weit unter den Erwartungen und führten zum umsatzschwächsten Wochenende an den US-Kinokassen seit dem letzten Dezember. Keiner der breiten Neustarts konnte gar $10 Mio knacken. Immerhin konnten nahezu alle älteren Filme davon profitieren, dass die Newcomer für wenig Interesse sorgten. Es hat auch nicht geholfen, dass die drei breitesten Neustarts allesamt keine Jugendfreigabe trugen. Für die Top 12 bedeutete das ein Gesamteinspiel in Höhe von $74,7 Mio – 12% unter dem vorigen Wochenende und 24% unter dem gleichen Wochenende im Vorjahr, als Maze Runner – Die Auserwählten in der Brandwüste die Charts anführte.
Der Spitzenreiter der Vorwoche, Sully, konnte den Box-Office-Thron an seinem zweiten Wochenende mühelos gegen die Neuankömmlinge verteidigen. Clint Eastwoods 35. Regiearbeit sank um 37,2% auf $22 Mio und steht nach zehn Tagen bei sehr starken $70,5 Mio. Sully ist jetzt schon weniger als $2 Mio vom Gesamteinspiel von Tom Hanks' Oscar-Film Bridge of Spies – Der Unterhändler aus dem letzten Jahr entfernt und wird sehr bald als 15. Realfilm mit Hanks die $100-Mio-Marke erreichen. Nur Tom Cruise hat noch mehr $100-Mio-Realfilmhits. Sully liegt aktuell 35% vor Captain Phillips, Hanks' letztem großem Kinohit. Beide filme hielten sich an ihrem zweiten Wochenende sehr ähnlich, doch Sully hat den Vorteil von einem deutlich erfolgreicheren Start. Allerdings erwartet den Film kommendes Wochenende auch direkte Konkurrenz durch Die glorreichen Sieben. Sowohl das Genre (Western) als auch Hauptdarsteller Denzel Washington sind große Attraktionen für ältere Kinogänger, die aber auch das Zielpublikum von Sully ausmachen, sodass Eastwoods Drama erst einmal Zuschauer einbüßen wird, bevor es sich im Oktober wieder erholt. Sully könnte, wie Bridge of Spies und Captain Phillips, davon profitieren, als einer der ersten ernstzunehmenden Kandidaten ins diesjährige Oscar-Rennen einzuziehen. Auf jeden Fall kann man von einem Endergebnis von mindestens $135-150 Mio ausgehen.
Als während der Comic Con 2016 enthüllt wurde, dass Adam Wingards neuer Film The Woods in Wahrheit Blair Witch heißt und der dritte Teil der Reihe ist, die 1999 mit dem Box-Office-Phänomen Blair Witch Project begann, war der Hype um das Sequel zunächst sehr groß und die ersten Rezensionen schwärmten vom angeblich besten Horrorfilm des Jahres. Doch die Ernüchterung stellte sich schnell ein. Kurz vor dem Kinostart verschlechterte sich der Kritikerspiegel dramatisch und das Interesse an dem Film sank rapide, was sich in den Einspielzahlen am Wochenende deutlich widerspiegelte. Viele Industrie-Beobachter gingen von einem Startwochenende von mindestens $15 Mio aus, doch Blair Witch lief mit nur $9,5 Mio von 3121 Kinos auf Rang 2 an und erzielte im Schnitt nur $3092 pro Kino. Gerade in einem Jahr mit Horror-Überraschungshits wie Lights Out oder Don’t Breathe ist es ein sehr schwaches Ergebnis, auch wenn der Film dank seinem kleinen $5-Mio-Budget seine Kosten früher wieder einnehmen sollte.
Blair Witch Project ist bis heute eine Erfolgsgeschichte wie keine andere. Als erster Film, der virales Marketing im Internet intensiv nutzte und "Found Footage" als Stilmittel ins Horrorgenre einführte, erweckte er 1999 bei vielen Kinogängern den Eindruck, es handle sich um eine echte Dokumentation und keinen Spielfilm. Dank dem draus resultierenden Hype spielte Blair Witch Project am Startwochenende knapp $1,5 Mio von nur 27 Kinos ein. Als der Film dann zwei Wochen später auf 1101 Kinos ausgeweitet wurde, nahm er fantastische $29,2 Mio am Wochenende ein. Blair Witch Project beendete seine Laufzeit mit $140,5 Mio alleine in Nordamerika und ist bis heute einer der umsatzstärksten Horrorfilme aller Zeiten und angesichts von nur $60,000 Budget ist er der mit Abstand profitabelste. Doch die Wahrheit ist, dass der von der Kritik gelobte Film bei vielen Zuschauern nicht gut ankam, die sich von dem Streifen und dessen Marketingkampagne verarscht vorkamen. Das ein Jahr später schnell nachgeschobene Sequel Book of Shadows: Blair Witch 2 gehört bis dato zu den größten Box-Office-Enttäuschungen überhaupt. Direkt in mehr als 3300 Kinos gestartet, lief der Film mit lediglich $13,2 Mio an und verließ die US-Kinos mit $26,4 Mio, 81% weniger als sein Vorgänger nur ein Jahr zuvor.
Rückblickend erscheint diese Performance fast schon solide verglichen mit dem neuen Blair Witch. Natürlich waren die Erwartungen diesmal nicht annähernd so hoch wie ein Jahr nach dem Riesenerfolg des ersten Teils, doch sogar diese konnte Blair Witch nicht erfüllen. Besonders besorgniserregend ist der Box-Office-Verlauf des Films über das Wochenende. Am ersten Tag spielte Blair Witch noch $4,1 Mio ein, was am Ende etwa 42% von seinem gesamten Wochenende ausmachte. Das deutet einerseits auf schwache Mundpropaganda und andererseits auf extreme Frontlastigkeit hin. Mit einem furchtbaren "D+"-CinemaScore (äquivalent einer "4+"), wird der Film in den kommenden Wochen regelrecht implodieren und sollte nicht mehr als $20-21 Mio in Nordamerika erreichen.
Auch der drittplatzierte Film war eine reine Enttäuschung. Bridget Jones’s Baby nahm lediglich $8,2 Mio von 2927 Spielstätten ein ($2816 pro Kino). Es war der schwächste Start der Bridget-Jones-Reihe überhaupt und in diesem Fall haben nicht einmal deutlich positivere Rezensionen als für den Vorgänger Bridges Jones – Am Rande des Wahnsinns geholfen. Der zweite Bridget-Jones-Film lief vor 12 Jahren mit $8,7 Mio von nur 530 Kinos an, 2400 Kinos weniger als Teil 3. Am Ende erreichte er trotzdem nur $40,2 Mio, was wohl an den gemischten Reaktionen der Zuschauer auf den Film lag. Der erste Film, Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück war ein kleiner Überraschungserfolg und spielte 2001 $71,5 Mio in Nordamerika ein. Der Film war der große Durchbruch für Renée Zellweger und brachte ihr ihre erste Oscarnominierung ein. In den darauffolgenden Jahren wurde Zellweger zu einem der großen Stars Hollywoods mit Hits wie Chicago und Unterwegs nach Cold Mountain (für letzteren gab es auch einen Oscar), doch 2010 zog sie sich zurück und Bridget Jones’s Baby ist ihr erster Kinofilm seit sechs Jahren. In der Zwischenzeit haben die nordamerikanischen Zuschauer offensichtlich sowohl an ihr als auch an der Figur Bridget Jones Interesse verloren. Etwa 78% der Zuschauer am Startwochenende waren Frauen und 88% älter als 25. Der "B+"-CinemaScore (äquivalent einer "2+") verspricht immerhin gute Mundpropaganda und eine längere Laufzeit, doch sogar wenn man optimistisch bleibt, sollte man nicht mehr als $25-28 Mio für den $35 Mio teuren Film erwarten. International sind die Aussichten von Bridget Jones’s Baby deutlich besser, sodass der Film am Ende ordentlichen Profit für Universal abwerfen wird.
Auf Seite 2 verraten wir Euch, wie Oliver Stones Snowden aus den Startlöchern gekommen ist, wie gut sich Suicide Squad ohne jegliche direkte Konkurrenz gehalten hat und wie gut Don’t Breathe den Start von Blair Witch verkraftet hat.