Quelle: Boxofficemojo
Man möchte meinen, dass vier vielversprechende breite Neustarts und ein Oscarkandidat, der nach einem überwältigenden limitierten Start in der zweiten Woche expandiert wurde, für neues Leben an den Kinokassen sorgen würden. Doch leider besteht die relative Box-Office Flaute weiter, die nach dem Start von The Dark Knight Rises im Juli eingesetzt hat. Ob es nun mit dem Amoklauf in Aurora zu tun hat oder einem generellen Desinteresse der Kinogänger an den neuen Filmen, kann man schwer sagen. Was ich jedoch sagen kann, ist, dass seit Anfang August nur ein einziger Film (Das Bourne Vermächtnis) die $100 Mio-Marke knacken konnte und auch das war kein großartiger Lauf. Wir haben viele Enttäuschungen seitdem gesehen und keine richtigen Überraschungshits. Seit dem starken Doppelstart von Ted und Magic Mike im Juni hat kein einziger Film in den USA die Erwartungen an den Kinokassen deutlich übertroffen. So auch nicht die vier neuen Filme letztes Wochenende. Keiner davon schaffte einen Start oberhalb von $15 Mio. In der Summe sorgten sie dennoch dafür, dass es für die Top 12 erneut bergauf ging, diesmal um 8,7%. Verglichen zum Vorjahr lagen die Zahlen jedoch wieder stark im Minus. Ganze 29,2% lagen die Wochenendzahlen der Top 12 unter dem letzten Jahr. Interessanterweise eröffneten auch letztes Jahr am vergleichbaren Wochenende vier neue Filme. Davon, ebenso wie dieses Jahr, ein Baseball-Drama. Doch damals haben zwei der vier Neustarts es auf über $19 Mio gebracht, während Der König der Löwen 3D die Charts zum zweiten Mal in Folge mit mehr als $20 Mio anführte.
Der Cop-Thriller End of Watch vom Training Day-Autor David Ayers verlor ganz knapp den Kampf um den Spitzenplatz am Freitag und am Samstag, konnte aber dank starken Sonntagszahlen die Pole Position der Charts für das Gesamtwochenende locker sichern. Der mit guten Kritiken empfangene Film spielte am Wochenende knappe $13,2 Mio von 2730 Kinos ein. Damit liegt der Start des Jake Gyllenhaal-Films auf einer Linie mit vergleichbaren Filmen wie Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest ($13,4 Mio) und Street Kings ($12,5 Mio). Der letzte wurde ebenfalls von Ayers inszeniert, der eindeutig ein Faible für einschlägige Themen hat. Wie schon bei vielen Filmen in letzter Zeit waren die meisten Zuschauer älter (63% über dem Alter von 25). Das Publikum vom Startwochenende vergab dem Film das höchste Publikumsrating von allen Neustarts diese Woche, was für gutes Mundpropaganda spricht. Allerdings muss angemerkt werden, dass die beiden vorhin genannten Vergleichsfilme nicht gerade durch Langlebigkeit glänzten. In der Tat erreichte keiner der beiden ein Gesamtergebnis von $30 Mio. Beide brachen am zweiten Wochenende um mehr als 65% ein. Dieses Schicksal wird angesichts mangelnder direkter Konkurrenz und einer wirklich guten Resonanz End of Watch erspart bleiben, doch ich sehe hier genrebedingt trotzdem keinen übermäßig guten Lauf. Der Film wird irgendwo im Bereich von $35-45 Mio landen, was für die nur $7 Mio teure Produktion natürlich ein großartiger Ausgang ist.
Der zweite Platz ging mit $12,3 Mio von 3012 Locations an House at the End of the Street. Ganz im Gegensatz zu End of Watch wude der Film von den Kritikern verschmäht und richtete sich an ein primär weibliches (61%) und junges (70% unter 25) Publikum. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass solche PG-13-Teenie-Thriller sich in der Regel an ein junges weibliches Publikum richten und dass außerdem der Star des Films Jennifer Lawrence ist. Lawrence ist nämlich auch der Star des Überblockbusters Die Tribute von Panem – The Hunger Games, der mit $408 Mio Einspiel in den USA eine der beeindruckendsten Performances aller Zeiten hingelegt hat. Auch bei The Hunger Games war das Publikum primär weiblich (wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie bei den Twilight-Filmen). So ist diese Zusammenstellung des Publikums von House at the End of the Street wenig überraschend. Deutlich überraschender hingegen kommt die Tatsache, dass etwa 52% der Zuschauer dieses Films Latinos waren und somit deutlich mehr als bei End of Watch (32%), der sich eigentlich mehr an ein Publikum mit lateinamerikanischen Wurzeln richtet. In jedem Fall wird dem Film kein langes Leben in den Charts beschert sein und der Verleiher Relativity sollte sich bereits mit einem Gesamtergebnis von $30 Mio glücklich schätzen angesichts der Produktionskosten von nur $10 Mio.
Knapp dahinter lag Back in the Game mit $12,2 Mio, die der Film von 3212 Kinos einnahm. Für Clint Eastwoods Rückkehr vor die Kameras hätte man auch ein besseres Ergebnis erwarten können – hat doch sein letzter Leinwandauftritt Gran Torino in 2009 mehr als $148 Mio in den USA eingespielt. In Back in the Game stehen Eastwood sogar noch Amy Adams und Justin Timberlake an der Seite, was dem Film aber kaum half, ein jüngeres Publikum anzusprechen – die Hälfte der Zuschauer war älter als 50! Ironischerweise startete am gleichen Wochenende letztes Jahr Moneyball (man könnte sagen, Back in the Game sei thematisch eine Art anti-Moneyball), ein weiterer Baseball-Film, der aber $19,5 Mio zum Start einbringen konnte. Gutes Mundpropaganda und die für den Film reservierte Niche älterer Kinogänger wird dem Durchhaltevermögen helfen, sodass der Streifen irgendwo im $35-40 Mio-Bereich landen könnte. Für eine Legende wie Eastwood, der hier seinen ersten Auftritt seit 1993 in einem Film absolviert, bei dem er nicht selbst Regie geführt hat, ist es dennoch ein enttäuschendes Ergebnis.
Trotz vier Neustarts gab es keine nennenswerte neue Konkurrenz für die Familienfilme. Deshalb konnte sich die 3D-Wiederaufführung von Findet Nemo mit einem Rückgang von 42,2% relativ solde halten (Die Schöne und das Biest 3D fiel um mehr als 50% am 2. Wochenende) und besetzte mit $9,6 Mio den vierten Platz der US-Charts letztes Wochenende. Insgesamt kamen bislang $30,2 Mio für die 3D-Version zusammen, sodass Findet Nemos Gesamteinspiel (inkl. der Erstaufführung) bei etwa $370 Mio liegt. Die $400 Mio-Marke wird dem Film wohl letztlich verwehrt bleioben. Zu stark ist dafür die 3D-Animationskonkurrenz in den kommenden Wochen mit Hotel Transsilvanien und Frankenweenie, die beide ihr Publikum finden werden und wenig für Findet Nemo übrig lassen werden. Insgesamt wird sich die Wiederaufführung mit etwa $43 Mio begnügen müssen.
Resident Evil: Retribution brach am zweiten Wochenende komplett ein und fiel um furchtbare 68,2% auf Platz 5 der US-Kinocharts. Sicher, keiner der Resident Evil-Filme hielt sich je gut am zweiten Wochenende und keiner schaffte einen Drop kleiner als 62%, doch so stark wie Retribution brach auch keiner ein. Dazu kommt natürlich noch, dass Resident Evil: Retribution auch schwächer als alle anderen Teile der Reihe startete mit der Ausnahme des ersten Films. Am zweiten Wochenende nahm die Videospielverfilmung mit Milla Jovovich nur noch $6,7 Mio ein (schlechtestes zweites Wochenende eines Resident Evil-Films auch in Absolutzahlen) und liegt mit $33,5 Mio Gesamteinspiel nach zehn Tagen mehr als $10 Mio hinter seinem direkten Vorgänger und lediglich $4,5 Mio vor em ersten Film (und das trotz zehn Jahren Inflation und des 3D-Aufschlags!). Looper und Taken 2 werden in den nächsten Wochen starke Konkurrenz zu dem Film bieten, sodass hier kaum mehr als $44 Mio drin sind. Zumindest in den USA scheint die Luft nun raus zu sein für die Serie. Weltweit geht es jedoch gut weiter, außerhalb von USA/Kanada spielte der Film bislang mehr als $100 Mio ein. Ein sechster Film ist somit garantiert.
Wenig wurde von der Comicverfilmung Dredd erwartet und in finanzieller Hinsicht hat der Streifen sogar die niedrigen Erwartungen nicht treffen können. Die $6,3 Mio, die der ultrabrutale 3D-Film von 2506 Kinos einspielen konnte, waren gerade genug für #6 der Charts. Viel ist hier auch dem schlechten Marketing durch Lionsgate verschuldet. Man hielt sich lange bedeckt bezüglich des Produkts und das, obwohl scheinbar ein grundsolider Film vorliegt. Der Start der $50 Mio-Produktion liegt fast 50% unterhalb des Starts von Judge Derdd vor 17 Jahren und sogar der Film wurde seinerzeit schon als Flop betrachtet! Hier werden mit Mühe und Not $13-15 Mio erreicht werden.
Paul Thomas Andersons The Master ging überraschend schon in der zweiten Woche in den breitel Release. Nach dem phänomenalen Start in fünf Kinos letzte Woche, weitete man den Film auf 788 Locations aus, von welchen er $4,4 Mio einnehmen konnte (insgesamt $5,5 Mio) und den besten Schnitt unter den Top 12-Filmen erzielte. So weit so gut, doch es war vielleicht zu voreilig, den Film so breit anlaufen zu lassen, denn The Master ist nicht sehr massenkompatibel und noch deutlich publikumsunfreundlicher als There Will Be Blood. Hier ist durchaus mit negativer Resonanz von den Mainstream-Zuschauern zu rechnen. Eine langsame Expansion mit dem Aufbau des Oscar-Hypes wäre im Fall von The Master weiser gewesen. Ein Endergebnis ist hier unmöglich vorherzusagen, da sehr viel vom Ausgang der Oscars abhängen wird.
Der Gewinner unter den älteren Filmen war eindeutig ParaNorman. Während alle anderen Top 15-Filme mehr als 40% verglichen zur Vorwoche verloren, überraschte ParaNorman mit einem hervorragenden 24,2% Rückgang. Nach einem $2,3 Mio-Wochenende steht der 3D-Animationsfilm von den Machern von Coraline bei $52,6 Mio. Zugegeben nach dem Start des Films war ich noch skeptisch bezüglich seines Erfolgs, doch mittlerweile überzeugt der Film voll und ganz und wird am Ende einen Multiplikator haben, der nicht weit von Coralines entfernt sein wird. Hier ist mit insgesamt etwa $57 Mio zu rechnen. Übrigens wurde ParaNorman zum erst fünften Film in der Geschichte von Focus Featurws, der die $50 Mio-Marke überschritt.
Eine neue Marke wurde auch von Das Bourne Vermächtnis erreicht. Obwohl der Film endgültig die Top 10 verließ, reichte ein $1,6 Mio-Wochenende, um das Quasi-Sequel an der $110 Mio-Marke vorbeizubringen. Ein solides Ergebnis, insbesondere für den Star Jeremy Renner, der in einer 12-Monats-Spanne drei $100+ Mio-Hits vorweisen kann (Mission Impossible – Phantom Protokoll, Marvel’s The Avengers, Das Bourne Vermächtnis).