The Conjuring 2, USA 2016 • 134 Min • Regie: James Wan • Drehbuch: Carey Hayes, Chad Hayes, James Wan, David Leslie Johnson • Mit: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Frances O’Connor, Madison Wolfe, Simon McBurney, Sterling Jerins, Franka Potente • Kamera: Don Burgess • Musik: Joseph Bishara • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Warner Bros. • Kinostart: 16.06.2016 • Deutsche Website
If there’s somethin' strange in your neighborhood … who you gonna call? – selbstverständlich Lorraine und Ed Warren! Nach einem überaus erfolgreichen Einstand in James Wans „Conjuring – Die Heimsuchung“ (2013), darf das zweifellos populärste reale Dämonologen-Paar der Welt einen weiteren ihrer spektakulären Fälle auf der Leinwand lösen. „Conjuring 2“ lautet der wenig originelle Titel des Nachschlags, der mit rund 134 Minuten Laufzeit zu den längsten Genreproduktion der jüngeren Vergangenheit gehört. Lang bedeutet hier nicht zwangsläufig langweilig – aber leider auch nicht unbedingt gut. Schon der Vorgänger bot mit authentischem Retro-Feeling, seinem True Story-Joker und etlichen Zitaten aus Horrorklassikern enttäuschend wenig Innovation und begeisterte das Mainstream-Publikum wohl vor allem durch die Tatsache, dass er sich als handwerklich sauberes Resultat mit Best Of-Charakter ohne unangenehme Ecken und Kanten präsentierte. Teil zwei funktioniert nun nach der altbekannten Formel der Traumfabrik: Ist ein Film ein Hit, wage nicht zu viele Experimente bei der Fortsetzung. Erneut wird zunächst der Haupthandlung ein anderer Vorfall vorangestellt, der beim Erstling gar in den müden Ableger „Annabelle“ (2014) gemündet ist, und hier die mysteriösen Vorgänge im berühmten Amityville-Spukhaus Ende der Siebziger anreißt.
The Clashs „London Calling“ verlegt die Geschichte schließlich stilsicher in Englands Hauptstadt. Es sind jedoch nicht etwa Fish and Chips oder Mary Poppins, die die Warrens (wieder lassen Vera Farmiga und Patrick Wilson eine echte Chemie zwischen dem Paar entstehen) über den großen Teich locken, sondern das Schicksal der zerbrochenen Familie Hodgson, deren Tochter Janet (ein Highlight: Madison Wolfe), wie von einer übersinnlichen Macht geführt, schlafwandelt und mit der Stimme eines alten Mannes eigenartige Dinge von sich gibt. Ein übler Frosch im Hals wird ausgeschlossen und die Polizei vor Ort ist ratlos, als auf einmal sogar Gegenstände ein Eigenleben entwickeln. Zusammen mit einem kleinen Team wollen die Spezialisten herausfinden, was mit dem Mädchen nicht stimmt. Doch Lorraine ist besorgt: Eine dunkle Vision hat ihr den gewaltsamen Tod ihres Mannes vor Augen geführt – eine eindeutige Warnung davor, die Nachforschungen in dem Fall aufzunehmen?
Der sogenannte „Enfield-Poltergeist“, auf dem die Story basiert, gehört zu den bestuntersuchten paranormalen Phänomenen überhaupt – das erklärt vorsichtshalber auch nochmal eine Tafel im Abspann. Ausreichend Quellen halten die damaligen Geschehnisse jedoch auch für puren Hokuspokus und schreiben sie Streichen der beiden Hodgson-Töchter zu. „Conjuring 2“ nimmt selbstverständlich erneut die publikumswirksame Horror-Position ein, weshalb auch nur für einen Moment lang der Einfluss aus dem Jenseits kritisch in Frage gestellt wird. Im Verlauf werden Decken weggezogen, Objekte schwirren durch die Luft, Kruzifixe drehen sich um und eine mit CGI recht lächerlich in Szene gesetzte Entität aus einer Musikbox erschreckt die Protagonisten und vielleicht sogar zartbesaitete Zuschauer. Nach seinem wirklich effektiven Low-Budget-Schocker „Insidious“ (2010) hat sich James Wan mit den „Conjuring“-Filmen leider einem reichlich konventionellen Grusel verschrieben, der in seiner Vorhersehbarkeit auch nicht so recht unter die Haut gehen will: Mit nur ein wenig Genrekenntnis kommt hier kein Schreckmoment überraschend (der Regisseur setzt z.B. exakt denselben Spiegeltrick aus dem Vorgänger wieder ein) und das laute Tamtam im letzten Drittel ermüdet eher, als dass es verstört. Da muss das Sounddesign von Geisterhand bewegte Kinderspielzeuge schon mit extra viel Getöse unterstreichen, damit das beabsichtigte Unbehagen beim Publikum überhaupt ankommt.
Auf der Haben-Seite des Films stehen die diesmal noch sympathischer gezeichneten Figuren, die atmosphärische Arbeit von Kameramann Don Burgess (u.a. „Flight“) und einige trocken-humoristische Einlagen, die sich vermutlich durch das britische Setting in die US-Produktion geschlichen haben. Und nicht zu vergessen: Patrick Wilson macht den Elvis! Nein, „Conjuring 2“ ist kein Ärgernis, aber leider auch keine echte Steigerung zu einem der wohl überschätztesten Horrorwerke der letzten Jahre. Nicht ganz so beliebig wie beispielsweise Ole Bornedals „Possession“ (2012), aber auch nicht so gemein wie das Blumhouse-Produkt „Sinister“ (2012) funktionieren diese sicherlich in Zukunft zum Franchise ausgebauten Filme als nette Unterhaltung für den nicht zu aufregenden und nicht zu schwülstigen Kinoabend. Hier ein paar Gotcha-Momente, da ein wenig Drama, ein wenig Humor, ein wenig Action und Romantik – James Wan deckt professionell das gesamte Feld ab und für jeden ist etwas dabei. Wer jedoch ernsthafte Genrekost mit Anspruch und keinen leichten Snack für zwischendurch sucht, ist mit Robert Eggers' Juwel „The Witch“ (2015) aktuell definitiv besser beraten.
Anhängern des ersten Teils wird diese schematisch fast identische Fortsetzung mit deutlichen Anleihen bei „Der Exorzist“ (1973) und „A Nightmare on Elm Street“ (1984) wahrscheinlich erneut zusagen – ich für meinen Teil bleibe in diesem Fall jedoch lieber bei den Originalen. Schimpft mich meinetwegen einen Nostalgiker …
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