The Danish Girl, DE/GB/USA 2015 • 120 Min • Regie: Tom Hooper • Drehbuch: Lucinda Coxon • Mit: Eddie Redmayne, Alicia Vikander, Ben Whishaw, Amber Heard, Matthias Schoenaerts, Emerald Fennell, Sebastian Koch • Musik: Alexandre Desplat • Verleih: Universal • Kinostart: 7.11.2015 • Website
Mit Eddie Redmayne (Die Entdeckung der Unendlichkeit) und Tom Hooper tun sich in The Danish Girl gleich zwei Oscar-Preisträger zusammen. Schon 2012 stand Redmayne unter Hoopers Regie für das historische Musical Les Misérables vor der Kamera. Dieser bewies bereits zwei Jahre zuvor sein Können und ergatterte mit The King’s Speech die begehrte goldene Trophäe der Academy. Wir treten nun mal wieder in die Oscar-Saison ein und wo vor einem Jahr gerade beispielsweise The Imitation Game startete, platziert sich 2016 The Danish Girl. Dies ist nicht die einzige Parallele zu Morten Tyldums Homosexuellen-Drama. Auch in The Danish Girl begleiten wir mit Einar Wegener (Eddie Redmayne) eine wahre Person, die in den damaligen Umständen unter der eigenen sexuellen Neigung leiden muss.
Im Gegensatz zu Alan Turing (Benedict Cumberbatch) in The Imitation Game bekommen wir aber den Übergang und die Entdeckung der Sexualität der Hauptfigur mit. Vom stets vorhandenen Sympathisieren mit der weiblichen Erscheinung bis zum Entscheid zur vollständigen Verwandlung sehen wir, wie Einar Wegener zu Lili Elbe wird. Dabei bekommen wir nicht nur die innere Tortur Einars/Lillis mit, sondern auch die Probleme der Ehefrau Gerda Wegener (Alicia Vikander), die ihren Lebenspartner zwar unterstützen möchte, damit aber auch den Verlust ihres Geliebten vorantreibt. Zur Verdeutlichung dieser inneren Konflikte, Probleme und Ängste brechen die Charaktere im gefühlten Zehn-Minuten-Takt in Tränen aus und Eddie Redmayne bemüht sich relativ erfolgreich Emotionen in sein monotones Auftreten zu bekommen, der Rolle zugutekommend spielt er auch seine feminine Seite authentisch aus und sieht in kompletter Montur zuweilen wirklich wie eine Frau aus. So wird ein Besuch im Erotikklub, in dem Redmayne als Lilli versucht, weibliche Bewegungen nachzuahmen, zum Gestikulations-Ballett statt zur potenziellen Lachnummer. Fast gleich auf heult sich aber auch die bezaubernde Alicia Vikander (Ex Machina) durch den Film. Das Schauspiel-Paar trägt die Handlung, dessen Verlauf weitestgehend eindeutig konstruiert ist, nichtsdestotrotz mit einigen starken Szenen aufwartet und in den Anfängen von Einars Verwandlung leicht esoterisch inszeniert ist.
Thematisch steht der Kurs unverkennbar auf Oscar, im Gegensatz leider zu The King’s Speech weiß Hooper seine Absichten nicht mehr unaufdringlich hervorzukehren, weswegen sich The Danish Girl zunehmend nach triefendem Oscar-Bait anfühlt; die Agenda hat, nicht mehr hauptsächlich einen wichtigen und guten Film zu inszenieren, sondern die begehrte Statue abzuräumen. Womit wir wieder bei den Parallelen zu The Imitation Game wären, der ebenfalls die typischen Oscar-Töne anstieß. Auch wenn sich Hoopers Film, besonders bezogen auf Körperlichkeiten, etwas mehr traut als sein geistlicher Bruder, geht auch dieser a) nicht in die Vollen und b) erweist sich im Endeffekt als ebenso glatt. Auch der Kitsch und die plakative Symbolik nehmen, nachdem sie anfänglich sehr gut in den Zeitgeist eingegliedert sind, in den letzten Minuten schnulzige Überhand. Was bis zum Ende bleibt sind die malerischen, gemäldegleichen Bilder, die Danny Cohen (The King’s Speech, Les Misérables) in teils märchenhaft schwebenden Kamerafahrten einfängt und Alexandre Desplats (The Imitation Game) ebenso märchenhaft klimpernder Score.
Fazit
Auch wenn der Kurs des Films offen klar ist und The Danish Girl etwas im schmalzigen Oscar-Sumpf einsinkt, wartet The Danish Girl mit einer inspirierenden Geschichte auf, dessen zunehmend unspektakulärer Verlauf durch seine Darsteller getragen wird. Redmayne heimst sich hiermit höchstwahrscheinlich eine weitere Nominierung ein und auch der Film selbst wird der Jury sicherlich noch in anderen Kategorien schmeichelhaft gefallen. Alexandre Desplat ist zudem eigentlich immer großartig, auch wenn der Score zu The Danish Girl keine großen, wiederkehrenden Motive hat, wie letztens erst The Imitation Game und Cohens malerische Bilder passen sich unverweigerlich schön in das altmodische Setting ein. Und um den Vergleich noch ein letztes Mal aufzugreifen: The Danish Girl ist der etwas schwächere Imitation Game von 2016.