Der Nanny, D 2015 • Laufzeit: 111 Min • Regie: Matthias Schweighöfer • Mit: Matthias Schweighöfer, Milan Peschel, Joko Winterscheidt, Arved Friese, Andrea Osvart, Paula Hartmann, Veronica Ferres, Jan Bülow, Tim Sander, Friedrich Liechtenstein • FSK: ab 6 Jahren. • Kinostart: 26.03.2015 • Deutsche Website
„Vaterfreuden“ war als Film keine Freude. „Der Nanny“ ist besser, aber auch nicht viel. Zuschauergarant Matthias Schweighöfer tut es schon wieder! Regie, Hauptdarsteller, Co-Autor, Produzent und höchstwahrscheinlich Zewa-Tuch-Spender beim Catering; Matthias Schweighöfer ist all das. Wie schon nach Sichtung des müden Ritts auf den lahmen Eseln namens Kitsch und Klischee in „Vaterfreuden“ beschenkt Multifunktionstool Schweighöfer die deutschen Kinoleinwände mit maßgeschneiderten, risikobefreiten und unbeschwerten Zelluloid. Einiges ist lau aufgewärmtes, wiedergekäutes Material, anderes/weniges ist zum Glück mal ein wenig frische Luft durch die angestaubten Farbfilter und orchestralen Streicher so wie die klavierten Dudelstücke. Spaß und Herz merkt man dem Cast bei „Der Nanny“ zumindest an, wenn sie den Trog der Massenabfertigung für die Fans mit zusammengedampften Einheitsbrei befüllen.
Der Baulöwe Clemens Klina (Matthias Schweighöfer) hat einen guten Lauf mit seiner Firma und seinem Partner August (Joko Winterscheidt). Den Erfolg verdanken sie ihrer zielstrebigen Skrupellosigkeit. Das nächste große Millionen- Projekt will aber erst noch gestemmt werden: Abriss der Siedlung „Fischerkiez“ und deren Mieter vertreiben. Natürlich fordert dieser Stress seinen Tribut. Seine Kinder Winnie (Paula Hartmann) und Theo (Arved Friese) verschleißen eine Nanny nach der anderen. Die neueste Tagesmutter ist Rolf Horst (Milan Peschel), welcher eigentlich auf Rache sinnt, weil er Mieter im „Fischerkiez“ ist. Nach und nach integriert sich Rolf in die Familie und stößt dabei allerdings vorerst auf massive Gegenwehr der beiden Kinder. Winnie und Theo sind Profis wenn es um das Vergraulen von einer oder einem Nanny geht.
Für eine annehmbare deutsche Komödie braucht es Namen. Moderatoren- und Entertainmenttalent Joko Winterscheidt macht einen auf öligen Baugesellschafter. Veronica Ferres lässt mal kurz die zugeknöpfte Nanny raushängen. YouTube-Star Friedrich Liechtenstein (zur Erinnerung: Mr. Supergeil) spielt seinen Seebären wortkarg und verschmitzt. Universaleinsatzkraft (bald gehen die Metaphern wie die Ideen des Regisseurs aus) Schweighöfer kehrt sich vom tapsigen, unfreiwilligen Womanizer ab und versucht sich an einer unsympathischeren Variante seiner Bandbreite. Hervorzuheben ist, dass er somit keine klassische romantische Komödie fabriziert. Keine Sorge, der Film verläuft trotzdem so, wie es jeder von Beginn an vermutet. Neues auszuprobieren steht ihm gut, doch fehlt es weiterhin an Wagemut, um wirklich zu überraschen. Wozu auch? Zuschauerzahlen bestätigen ihn und Mr. Sepia-Farbfilter und Nuschel-Ikone himself Til Schweiger immer wieder auf das Neue. Die These lautet jedoch: Ein erfolgreicher Film ist nicht zwangsläufig ein guter. Antithesen werden hierbei nicht geduldet. Milan Peschel ist schon zuvor bei Zusammenarbeiten mit Matthias Schweighöfer (z.B. „Der Schlussmacher“) in Erscheinung getreten. Als männliche Aushilfs-Nanny macht er eine gute Figur und bietet alles von trottelig, herzensgut, fürsorglich und natürlich rachsüchtig. Ein guter Schauspieler mit den besten Momenten des Films, der auch schön mit den teuflischen Kinderdarstellern harmoniert.
Die Fehler sind kalter Kaffee. Binsenwahrheiten, Semi-Philosophie und Alltagswissen werden mit einem poppigen Soundtrack (im Wechsel zu ad-hoc Klavier-Geklimper wenn es traurig werden soll) und dem ausgelutschten Farbfiltern (Til Schweiger, verdammt!) zu einem zähflüssigen, prätentiös-psychologischen Zuckerguss zusammengerührt. Erneut nimmt sich Schweighöfer dem Thema Vaterschaft an und versucht die Alltagswahrheiten, dass man sich kümmern muss etc. (Ego-Trip-Vater, Wohlstandsverwahrlosung etc. etc. etc.), mit einer beinahe-Kritik an Raubkatzen-Bauprojekten auszubalancieren. Funktioniert lediglich aufdringlich und oberflächlich, kann aber getrost so hingenommen werden. Inszenatorisch entwickelt sich der Regisseur weiter und versteht es an markanten Stellen mit kleinen Schmankerln zu überzeugen. Nennenswert ist hier der überstilisierte, sexy Auftritt von Andrea Osvart als Investorin Helen Nielsen und eine „witzige“ Autounfall-Szene mit Milan Peschel. Das war es. Wie heißt es in der Welt der Werbung? „Unterm Strich – Zähl ich!“. Wie wahr, wie wahr, Herr Schweighöfer. Wie enttäuschend zugleich. Was muss geschehen, damit sich das deutsche Kino auf „Blockbuster-Niveau“ mal wieder aus dem Fenster lehnt?
Danke für den Satz "Erfolgreiche Filme müssen nicht gut sein! Siehe Schweiger & Schweighöfer 😉
Herzlich gerne. Wenn es so weitergeht, wird der Satz per Copy&Paste in Dauerschleife in der Heavy-Rotation verwendet.