De l’autre côté du périph, F 2012 • 96 Min • Regie: David Charon • Mit: Omar Sy, Laurent Lafitte, Sabrina Ouazani, Lionel Abelanski, Youssef Hajdi • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 21.03.2013 • Deutsche Website
Handlung
Ousmane (Omar Sy) ist dem ersten Anschein nach nicht gerade ein Vorzeigepolizist. Mit Kapuzenjacke und Jeans bekleidet, ermittelt er am liebsten undercover. Als Beamter des Betrugsdezernats des berüchtigten Pariser Banlieue Bobigny ermittelt er verdeckt gegen einen illegalen Glücksspiel-Ring, im festen Glauben, dass er dabei auch einen gesuchten kriminellen Politiker schnappen kann, den die meisten längst außer Landes glauben. Als in seinem Revier eines Tages die Leiche der Ehefrau des Vorsitzenden des Arbeitgeberverbands aufgefunden wird, kreuzt sich Ousmanes Pfad mit dem des Pariser Schnöselcops François (Laurent Lafitte) von der Mordkommission. Dieser wittert in dem Fall seine große Chance, die Karriereleiter aufzusteigen. Dass Ousmane mit seinen ungehobelten Vorstadt-Manieren auch mitmischen will, kommt dem humorlosen Snob so gar nicht gelegen. Doch er muss einsehen, dass Ousmanes bisherige Ermittlungen wohl im direkten Zusammenhang mit dem Mord stehen und seine beste Chance, den Fall aufzuklären, darin besteht, mit ihm zusammenzuarbeiten. Leichter gesagt als getan. Zwischen dem triebgesteuerten Großstadtbullen und dem großmäuligen aber prinzipiengetreuen Banlieue-Cop fliegen andauernd die Fetzen und die Ermittlungen drohen zu scheitern…
Kritik
Über Jahrzehnte schien Hollywood das Subgenre der sogenannten Buddy-Cop-Komödien für sich gebunkert zu haben, obwohl deren (nicht wirklich komödiantischen) Ursprünge auf Akira Kurosawas Ein streunender Hund zurückgehen. Es war jedoch der Eddie Murphy/Nick Nolte-Streifen Nur 48 Stunden, der das Genre popularisiert hat. Filme wie Tango & Cash, Bad Boys, Lethal Weapon, Rush Hour und unzählige andere folgten dem Muster, bei dem zwei möglichst gegensätzliche Kerle (meist Polizisten, jedoch nicht immer) widerwillig miteinander zusammenarbeiten müssen, wobei die Gegensätze (häufig durch unterschiedliche Ethnien der Darsteller betont) als Humorquelle dienen. Obwohl Axel Foley (Eddie Murphy) in den Beverly Hills Cop-Filmen hauptsächlich solo ermittelt, wird der Film wegen der ähnlichen Machart dennoch häufig zu diesem Subgenre der Actionkomödien dazugezählt. Spätestens nach der zehnten Variante des gleichen Aufbaus waren jedoch die Thematik und das Repertoire an den möglichen Witzen größtenteils ausgeschöpft, weshalb uns auch im letzten Jahrzehnt müde Abklatschfilme wie National Security und Hollywood Cops serviert wurden. Die Vorherrschaft Hollywoods bei dieser Art von Filmen wollte die europäische Filmindustrie aber scheinbar nicht ewig auf sich sitzen lassen und das britische Trio Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost lieferten 2007 mit Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis eine 1A-Persiflage auf das gesamte Genre, wobei der Film zugleich auch als ein toller Vertreter eben dieser Filmgattung funktioniert. Auch aus Frankreich kommen seit Jahren Annäherungen an das Genre. Die Taxi-Trilogie ist letztlich nichts anderes, als Frankreichs Antwort auf die Buddy-Cop-Filme, wobei hier nur einer der Hauptcharaktere ein Polizist ist. Auch der mehr actionbetonte und in Deutschland unglücklich „Ghettogangz“ betitelte Banlieue 13 schlägt in dieselbe Kerbe. Es war also nur eine Frage der Zeit bis das cinematisch Hollywood in seiner Vielfalt und seinem Mainstream-Appeal ähnlichste Land des europäischen Festlands einen waschechten Vertreter des Buddy-Cop-Genres abliefern würde. Vorhang auf für Ein Mordsteam!
Die Ausgangslage ist so konventionell, dass Hollywood mal ausnahmsweise nicht in Versuchung geraten sollte, sofort ein Remake aufzusetzen. Schließlich wurde diese Story bereits gefühlte Dutzende Male in der Traumfabrik verfilmt. Ein schwarzer Cop mit großer Klappe aus einem Großstadtghetto (hier durch die jenseits der Grenzen Frankreichs berüchtigten Banlieues vertreten) trifft auf einen herablassenden Paragraphenreiter. Stress ist vorprogrammiert, die beiden hassen sich, sind gezwungen miteinander zusammenzuarbeiten, erwärmen sich langsam für einander, erfahren Rückschläge und Krisen und sind am Ende doch ziemlich beste Freunde. Alle Differenzen sind überwunden (zumindest bis sie in einem Sequel wieder aus der Kiste geholt werden müssen). Falls hier jemand befürchtet, dass zu viel von der Handlung verraten wurde, hat diese Person wohl noch nie eine Actionkomödie gesehen (und wird daher kaum ein Interesse an Ein Mordsteam haben). Viele Hollywood-Filme (alle bisher in dieser Kritik genannten und mehr) folgen diesem Schema und die Macher von Ein Mordsteam sahen nie ein, von diesem abzuweichen. Vielmehr wird im Film der Bezug zu den klassischen Actionkomödien sogar betont, indem François in Ousmanes Filmsammlung Nur 48 Stunden und Lethal Weapon findet, während Ousmane selbst Eddie Murphys Axel Foley aus Beverly Hills Cop zu seinem filmischen Vorbild erklärt und der Klingelton seines Handys die Titelmelodie eben dieses Films ist. Auf einer gewissen (bewussten oder unbewussten) Meta-Ebene findet hier eine amüsante dieses amerikanischen Genre-Klassikers mit einem der bekanntesten Vertreter des französischen Actionkinos statt. François‘ Favorit ist nämlich der von Jean-Paul Belmondo gespielte Josselin Beaumont aus Der Profi (dessen geniale Musik von Ennio Morricone wir im Film ebenfalls an einer Stelle zu hören bekommen).
Da sich der Film in seiner Erzählstruktur und seinem Humor von seinen Vorbildern nicht unterscheidet und daher größtenteils überraschungsfrei daherkommt, liegt es an den Hauptdarstellern, daraus etwas Besonderes zu machen. Das gelingt den beiden auch zum Glück. Omar Sy hat seinen zwangslosen Vorstadt-Charme und seine Fähigkeit zu Situationskomik in Ziemlich beste Freunde vor beinahe 9 Millionen deutschen Kinogänger unter Beweis gestellt und er enttäuscht auch in Ein Mordsteam nicht. Auch wenn er die durch das Drehbuch relativ eng ausgelegten Grenzen seines Charakters nicht sprengt, macht er dank seinem natürlichen Comedy-Talent das Beste daraus und steht in seinen besten Momenten Eddie Murphy zu seiner Glanzzeit in nichts nach. In Laurent Lafitte hat er einen sehr guten Gegenspieler. Obwohl dank dem Erfolg von Ziemlich beste Freunde Sy deutlich mehr Aufmerksamkeit seitens der Zuschauer erhält, verdient Lafitte mindestens genau so viel Beachtung. In einem Punkt werden nämlich die ansonsten typischen Rollenbilder aufgebrochen. Der vorlaute und ansonsten coole Vorstadt-Cop ist kein Weiberheld, sondern eher schüchtern und verklemmt, während Lafitte sichtlich Spaß daran hat, François als einen dauergeilen, übertrieben charmanten Aufreißer zu spielen. Beide werfen sich ständig den Ball zu und die Komik des Duos lässt den Zuschauer die unnötig komplizierten Ermittlungen leichter verschmerzen. Eine besondere Erwähnung verdient auch die Filmmusik des für The Artist oscarprämierten Komponisten Ludovic Bource, die sich von den ersten Tönen an perfekt in das Genre hineinpasst.
Überzeugt der Film im Bereich „Komödie“, erfüllt er den „Action“-Part seines Genres eher weniger. Neben einer kurzen Autoverfolgungsjagd zu Filmbeginn und einer großen Schießerei in der Filmmitte wartet man vergeblich auf richtige Action. Auch die Bösewichte sind sehr blass angelegt und absolut uninteressant. Die Macher haben sich eindeutig für die Komödienkomponente entschieden, die auch blendend funktioniert. Hätte man jedoch Comedy und Action noch besser ausbalanciert, wäre Ein Mordsteam womöglich zu einem neuen Dauerbrenner des Genres geworden. Doch auch so braucht sich der Film nicht seinen modernen Vorbildern wie Rush Hour zu verstecken und ist dank erfrischender Chemie zwischen seinen Akteuren um Einiges besser als vieles von dem, was Hollywood in diesem Bereich in letzter Zeit geliefert hat.
Fazit
Ein Mordsteam ist eine lockere Actionkomödie mit gut aufgelegten Hauptdarstellern in der Tradition seiner unzähligen US-amerikanischen Vorbilder, welche sie mit großer Hingabe imitiert – mit allen ihren Stärken und Schwächen.