Everest, GB/US 2015 • 122 Min. • Regie: Baltasar Kormákur • Mit: Jason Clarke, Josh Brolin, John Hawkes, Jake Gyllenhaal, Sam Worthington, Keira Knightley, Robin Wright, Emily Watson • FSK ab 12 Jahren • Kinostart: 17.09.2015 • Deutsche Website
Mit 8848 Metern liegt die Spitze des Mount Everest gleich auf mit der Flughöhe einer Boeing 747. Die Luft ist dünn, der Wind ist kalt – der Everest ist der Star unter den Bergen. Passend dazu schickt Regisseur Baltasar Kormákur (2 Guns) ein wahres Star-Ensemble auf die gefährliche Reise zur Spitze des höchsten Berges der Welt. Jason Clarke (Zero Dark Thirty) darf als Bergsteiger Rob Hall eine Gruppe leiten, die unter anderem Josh Brolin (Inherent Vice) und John Hawkes (American Gangster) umfasst. Mit von der Partie: Jake Gyllenhaal (Nightcrawler), der eine andere Bergsteigergruppe unter seinen Fittichen hat und auch Sam Worthington (Avatar) taucht immer mal wieder im Geschehen auf. Besetzt ist Everest bis in die Nebenrollen fantastisch. Und obwohl der Großteil zwangsläufig wenig zu tun bekommt, fühlt sich das Schauspieleraufgebot nie wirklich verschwendet an. Das liegt daran, dass fast jeder seinen kleinen Moment zugesprochen bekommt. Im Aufbau der Figuren geht man dann zwar doch wieder etwas verschwenderisch mit dem riesigen Cast um, aber zumindest Clarke, Brolin und Hawkes bekommen Zeit, um ihre Charakterambitionen genügend auszuspielen.
Wider Erwarten ist Everest größtenteils nicht als großes Spektakel inszeniert, sondern zeigt sich als bodenständiges Drama über die Träume und Problemflüchte der Hauptfiguren. Die Motivationen der Charaktere sind nichts Neues oder Weltbewegendes und vor allem der Klimax um Jason Clarkes Geschichte wird zum Ende relativ klischeehaft inszeniert (daheim wartet seine von Keira Knightley gespielte schwangere Frau auf ihn), aufgrund der wahren Geschichte, auf der Everest basiert, vermag man das aber nicht wirklich als Negativpunkt anzukreiden. Ganz ohne Kitsch geht es letztendlich aber doch nicht.
Nebendran thematisiert Kormákur auch die mystische Seite des Mount Everest. Beim Einführen des Berges als "Antagonist" des Films wird jedoch ziemlich dick aufgetragen und richtig bedrohlich wirkt die eisige Landschaft auch nie. Dafür sieht sie schön aus und das CGI fügt sich organisch in die realen Bilder ein. Generell ist Everest aber alles andere als ein Werbefilm für eine Bergsteigerreise, sondern konzentriert sich vor allem auf die gefährlichen Aspekte des Traumes vieler Herausforderungslustiger. So wird am Anfang mit Statistiken über die Todesopfer der Ton des Films klargemacht und auch vor abgefrorenen Gliedmaßen nicht zurückgeschreckt.
Unterhalten will man natürlich trotzdem – nicht umsonst wird der Film in Amerika auch als Everest 3D angepriesen. Im Finale dürfen dann auch noch mal ordentlich die Lautsprecherboxen wummern und dunkle Wolken aufziehen. Trotzdem fällt das langgezogene Ende doch recht unspektakulär und spannungsarm aus. Ein, zwei große Momente sind auf der großen Leinwand aber dennoch ziemlich beeindruckend.
Fazit
Everest weiß sein Staraufgebot gut einzusetzen und überzeugt tatsächlich mehr in seinen ruhigen Momenten, als mit spektakulären Bildern oder Actionszenen. Ein gewisser visueller Wow-Faktor ist dem Film trotzdem nicht abzusprechen. Das zigmalige Schwenken zur Spitze des Mount Everest verliert jedoch relativ schnell seinen Reiz und wirkt nie wirklich bedrohlich. Auch das 3D hätte nicht sein müssen.
Da schließe ich mich der Kritik an: Anfangs war ich sehr positiv überrascht, wie viel Zeit sich der Film mit dem Aufbau lässt…nur um dann leider in der zweiten Hälfte auf ein hastiges und lautes Actionspektakel umzuschwenken, während welchem man aufgrund der Vermummung und düsteren Bilder teilweise nicht mal erkennen kann, wer da gerade vom Berg gerutscht oder am Boden festgefroren ist. Sehr schade. Und wenn man bedenkt, wie perfekt das 3D für die Höhe/Tiefe hätte eingesetzt werden können, war das hier echt verschenkt. Da hab ich mich bei Cliffhanger damals fester in meinen Sitz gekrallt …
[…] Filmfutter 3/5 […]