Ex Machina, GB/US 2015 • Laufzeit: 108 Min • Regie: Alex Garland • Mit: Oscar Isaac, Domhnall Gleeson, Alicia Vikander, Sonoya Mizuno • FSK: ab 12 Jahren. • Kinostart: 23.04.2015 • Deutsche Website
„Never met a wise man. If so it’s a woman“ – Diese Zeilen aus der Feder des Nirvana-Idols Kurt Cobain beschreiben das Erlebnis von „Ex Machina“ treffend. In diesem vier Leute starken Kammerspiel entfaltet sich die künstliche Intelligenz in einem weiblichen Roboter. Wer hier eigentlich wen verarscht, ist nicht offensichtlich. Dabei stellen sich Fragen, in wie weit oder ob künstliche Intelligenz menschlich sein kann oder ob das Produkt nicht im Endeffekt Limitierungen, Unzulänglichkeiten und Restriktionen des Programmierenden in sich trägt. Beeindruckend, was Erstlings Regisseur Alex Garland (Drehbuch für „Alles, Was Wir Geben Mussten“ und „28 Days Later“) hier aus kleinem Budget zaubert. Die Inszenierung sitzt passgenau, die Schauspieler machen sich vortrefflich, stylisher Look, keine unnützige Sci-Fi-High-End-Bombastik, nein – eher kühl und mit Understatement, statt aufdringlichen und Antworten-lieferndes Moralisierens. Daher ist der Film auch ein Hauch mehr Art House als Mainstream, da weitestgehend beruhigtes und intensives Erzählen im Vordergrund steht.
Als junger Programmierer arbeitet der 24-jährige Caleb (Domhnall Gleeson) für einen Internetgiganten. In der hauseigenen Lotterie des Konzerns gewinnt er die Einladung für eine Woche in dem abgelegenen Domizil des öffentlichkeitsscheuen Firmenchefs Nathan (Oscar Isaac) unterzukommen. Er hat neben BBQ und Biertrinken mit dem Boss die einmalige Chance zusammen mit Nathan an einem Experiment zu arbeiten: Künstliche Intelligenz. Die künstliche Intelligenz trägt den Namen Ava (Alicia Vikander), ist als „weiblich programmiert“ und steckt in einem weiblichen Roboter. Calebs Aufgabe ist es, mit Ava zu menscheln: Eine Verbindung aufbauen, Kommunikation, Flirten oder Scherzen. Im Prinzip ist es eine Art Turing-Test, um festzustellen, ob Caleb ein Mensch oder eine Maschine vorgesetzt wird. Doch nach einigen Sitzungen mit Ava entwickelt sich die Beziehung in Richtung Misstrauen, Manipulation und sogar Eifersucht.
Da wo Filme wie „A.I. – Künstliche Intelligenz“ aufhören, fängt „Ex Machina“ erst gar nicht an. Dieser Film sucht sich seinen eigenen Weg, weg von kitschigen Drehbuchkniffen, um kein hölzernes, zu rundes Ergebnis zu präsentieren. Allein aus finanzieller Sicht, ging Sparsamkeit vor. Das heißt zum Glück nichts Schlechtes. Unprätentiös werden hier Fragen aufgeworfen und der Zuschauer darf selbst entscheiden, ob ihm die Inhalte als Rohkost schmecken. Das Zukunftsszenario ist so dargestellt, dass es gar nicht so weit weg ist von unserer heutigen Lebenswelt. So wurde Robo-Lady Ava vom Äußeren so geschaffen, dass für Caleb von ihr nicht nur eine technische Faszination ausgeht. Er findet sie attraktiv, da sie ohne Calebs Wissen mit der Hilfe seiner heimlich überwachten „exotischen Online-Bildersuche“ maßgeschneidert wurde. Hier zeigt sich in kleinen, wirkungsvollen Gesten, ein unaufdringlicher Denkanstoß. Teilweise fühlt es sich so an, als würde dem Status-Quo der Jetztzeit ein Spiegel vorgehalten; quasi eine Anbahnung einer unvermeidbaren Dystopie. Verklärte Verschwörungstheoretiker dürfen hier gerne weiter dran werkeln; gläserner Mensch und so. Technik- und Wissenschaftshörigkeit sind in dem Film genauso vage Konstrukte wie tradierte Ethik- und Moralvorstellungen. Ein Spannungsverhältnis, welches Filme wie „Lucy“ oder der gescheiterte „Transcendence“ („Ex Machina“ ist das, was „Transcendence“ hätte sein können) im Ansatz oder gar nicht präzise Nachzeichnen.
Die Atmosphäre des Settings spielt diesem angespannten Verhältnis gekonnt in den Lauf. Nathans Rückzugsort in der unberührten Natur Alaskas mit all dem fast schon heimeligen Holzbauten und doch ebenso vorhanden sterilen Forschungsräumen, ist an sich ein unpassendes und gleichzeitig passendes Stück Architektur. Die Ambivalenz zieht sich auch durch das Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler durch. Oscar Isaac und Alicia Vikander sind ebenbürtige Gegner. Er spielt vordergründig einen von der Öffentlichkeit zurückgezogen lebendes Genie. Im ersten Augenblick will man mit ihm abhängen, weil er niederschwellig, lässig und gesellig rüberkommt. In Gestik, Mimik und Nebensätzen offenbart sich schnell, dass er etwas im Schilde führt und nicht mit offenen Karten spielt. Eine latent, subtile Bedrohung geht von ihm aus. Bisher ist es Isaacs beste Darbietung. Alicia Vikander gibt sich aufgeschlossen, zurückhaltend und zunehmend neugierig. Ihre Bewegungsabläufe sind so choreografiert, dass es nur manchmal minimal nach Maschine aussieht, um weiterhin die Frage offen zu lassen, ob es echte künstliche Intelligenz gibt, oder was sie damit zeigen möchte. Hinter ihrer träumerischen, gedankenversunkenen und sympathischen Art versteckt sich jedoch auch viel mehr. Nicht nur von ihrem Erbauer geht Listigkeit aus. Die sexuelle Komponente bringt Caleb letztlich hinein, wenn er Ava immer näher kennenlernt. Es entstehen kleine Eifersüchteleien und er ergreift Partei für die attraktive Ava. Allerdings trumpft Domhnall Gleeson nicht so sehr auf wie Isaac und Vikander, da er irgendwie nicht mehr als der Spielball der beiden Figuren bleibt. Die stumme Robo-Hausdienerin Kyoko (Sonoya Mizuno) fügt dem ganzen Ensemble eine surreale und eine schlüssel-Komponente hinzu, aber seht selbst. Kleinere interessante Fragen bleiben leider unbeantwortet, wie sich Ava zum Beispiel das erste Mal fühlt, wenn sie echte Natur sieht, riecht, schmeckt. Dafür war vermutlich keine Zeit und soll Jammern auf hohem Niveau bleiben. Der Film schließt, indem er sich klassischen Final-Kniffen entzieht, sehr cool ab. Und zwar: Ein paradoxes, wuchtiges Statement einer vermeintlich zu rettenden „Disney“-Prinzessin auf die Emanzipation.
Trailer