Eye in the Sky, USA 2015 • 102 Min • Regie: Gavin Hood • Drehbuch: Guy Hibbert • Mit: Helen Mirren, Alan Rickman, Aaron Paul, Barkhad Abdi, Phoebe Fox, Iain Glen • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universum Film • Heimkinostart: 16.09.16 • Deutsche Website
Wenige Worte fallen in den ersten fünf Minuten von Eye in the Sky. Schon diese ersten Augenblicke deuten an, was für eine dichte Atmosphäre Regisseur Gavin Hood (Ender’s Game – Das große Spiel) entfalten könnte, würde er sich auf seine Bilder verlassen. Etwas bemüht versucht er, die Charaktere in in einem menschlichen Fundament zu erden, die wir über die nächsten knapp 90 Minuten hinweg in einem ganz und gar nicht menschlichen Szenario begleiten werden. Lieutenant General Frank Benson (Alan Rickman) steht in kompletter Uniform in einem Laden und sucht nach der richtigen Puppe für sein kleines Mädchen, bevor er seinen Platz an einem Konferenztisch einnimmt, an dem über Leben und Tod entschieden wird; Pilot Steve Watts (Aaron Paul) tauscht sich mit seiner neuen Kameradin Carrie Gershon (Phoebe Fox) in einem ungezwungenen Zwiegespräch aus und nimmt dann seinen Platz in der Fernsteuer-Zentrale ein, von wo aus er die tödliche Waffe bedient. Über dem ganzen steht Colonel Katherine Powell (Helen Mirren) als kalt berechnende Manifestation der entmenschlichten Kriegsmaschinerie, die über die britischen Drohnen eine terroristische Gruppierung in Kenia beschattet. Als sie Jama Farah (Barkhad Abdi) vor Ort einen Auskundschafter in Form eines mechanischen Insekts den Unterschlupf infiltrieren lässt, offenbart sich dort die Vorbereitung für ein Selbstmordattentat.
An den etablierten Standpunkten entbrennt die Frage nach einem Luftangriff, um den bevorstehenden Anschlag zu verhindern. Es wird diskutiert, Telefonate geführt und die Verantwortung immer eine Position weitergeschoben. Dreh- und Angelpunkt des moralischen Dilemmas und anschließenden Spannungs-MacGuffin bildet ein kleines Mädchen, das nahe des anvisierten Ziels Brote verkauft – zu nah, als dass sie bei einem Zugriff unverletzt bleiben würde. Aus den voyeuristischen Kameraeinstellungen der Drohnen und versteckten Kameras können wir nur über die Bilder entnehmen, was vor sich geht, der Dialog wird dabei ausgeblendet. Atmosphärisch könnte Gavin Hoods beklemmende Inszenierung Kathryn Bigelows betäubendem Thriller Zero Dark Thirty in diesen Momenten zumindest aus einiger Entfernung zuwinken, würde er diese nicht viel zu oft durch unangebrachte Exposition und stilistisch brechende Schnitte entschärfen. Spannungstechnisch geht der Film besser in seiner klar konstruierten Form auf. Eye in the Sky funktioniert als stringent vorangetriebener Thriller, sein moralischer Diskurs gewinnt jedoch erst in den letzten Szenen an etwas Ambivalenz und thematischer Konsequenz.
Man könnte über den einsetzenden Diskurs einen Vergleich Sidney Lumets Die zwölf Geschworenen ziehen, doch der Diskurs in Gavin Hoods Film bezieht sich schon längst nicht mehr auf grundlegende Fragen über das Abwiegen von Leben oder das Töten selbst. Das Ziel ist reine Schadensregulierung, die bitteren könnten lediglich Überlebende sein. Um Stefan Zweig (Josef Hader) aus Maria Schraders großartigem Vor der Morgenröte zu zitieren: "Es gibt keine Opposition gegen den Krieg als solchen […]"
Fazit
Warum es Eye in the Sky nicht auf die deutschen Kinoleinwände geschafft hat, ist in Anbetracht seiner hochkarätigen wenn auch in ihren schauspielerischen Freiheiten reduzierten Besetzung und der hochwertigen Produktion sicherlich nicht auf seine oberflächlichen Qualitäten zurückzuführen. Gavin Hood inszeniert einen spannenden, konsequenten Thriller, der thematisch aber viel Potenzial liegen lässt.
Informationen zur Veröffentlichung
Ab dem 16. September 2016 ist Eye in the Sky im Verleih von Universum Film in deutscher und englischer Sprachfassung auf Blu-ray und DVD erhältlich.
Neben dem Hauptfilm enthält die Blu-ray- und DVD-Veröffentlichung folgende Extras:
• 2 Featurettes
• B-Roll
• Interviews mit Cast und Crew
(Cover ©Universum Film)