Die Wartezeit zwischen den alljährlichen Fantasy Filmfests kann ganz schön lang sein. Damit die Genrefans nicht allzu sehr unter Entzugserscheinungen leiden müssen, veranstaltet das Team von Rosebud seit nunmehr über zehn Jahren im Frühjahr in den FFF-Städten die Fantasy Filmfest Nights (anfangs noch bekannt als Die Nacht der 1000 Schreie). Da sich über die Zeit der Erfolg der Nächte etabliert hat, wuchs stetig die Anzahl der gezeigten Filme, die mittlerweile bei zehn liegt und damit sehr nahe am Maximum, das man an den beiden Wochenendtagen zeigen kann.
Die Fantasy Filmfest Nights 2015 stehen vor der Tür und wie schon in den letzten Jahren, werden wir wieder mit unserem FFF-Tagebuch von den gesehenen Filmen berichten. Den Auftakt machen bei den Nights kommendes Wochenende (14.-15. März) Köln und Stuttgart. Weiter geht es am 21.-22. März mit Berlin, Hamburg und Nürnberg. Frankfurt und München bilden am Wochenende des 28.-29. März den Abschluss. Ausführliche Informationen zu den Uhrzeiten, Kinos und Tickets findet Ihr hier, auf der offiziellen Website. Wir würden Euch gerne derweil unsere eigene Vorschau auf die zehn Filme präsentieren, die dieses Jahr auf den FFF Nights laufen werden. Es ergab sich bei der Filmauswahl eine ganz bunte Mischung, sowohl was Genres angeht, als auch die Herstellungsländer.
A Girl Walks Home Alone at Night
Bei A Girl Walks Home Alone at Night handelt es sich vermutlich um den ungewöhnlichsten Beitrag dieses Jahr, der sicherlich die Zuschauer spalten wird und nicht die Masse des FFF-Klientels anspricht. Doch gerade dafür, dass ein solcher Film von den Veranstaltern ins Programm genommen wurde, gebührt an dieser Stelle Lob. A Girl Walks Home Alone at Night ist ein Vampirfilm. In Schwarzweiß. In Farsi (iranische Sprache). Beschrieben wurde der Film bei seiner Premiere im Rahmen des Filmfestivals von Sundance vergangenes Jahr als "erster iranischer Spaghetti-Western mit Vampiren". Dass hier nicht das Mainstream-Publikum angesprochen wird, dürfte jetzt jedem klar sein, doch das tat der schwedische Vampirfilm So finster die Nacht auch nicht und gehört bis heute zu den besten Werken, die ich beim Fantasy Filmfest gesehen habe. Regisseurin Ana Lily Amirpour, geboren in England und aufgewachsen in den USA, drehte ihren Debütfilm in Kalifornien und erschuf dabei einen Ort, der zeitlos und jenseits unserer Realität wirkt – Bad City. Dort regieren Kriminalität, Verfall und Gesetzlosigkeit. Und dann gibt es noch die titelgebende junge Dame mit Kopftuch, die nachts ihre Opfer sucht – aber meistens die, die es verdienen. Im jungen Arash findet sie gewissermaßen einen Seelenverwandten. Doch kann diese Romanze gut gehen? A Girl Walks Home Alone at Night will den Zuschauern beweisen, dass es auch nach Hunderten von Vampirfilmen allen möglichen Einschlags immer noch interessante Wege gibt, die Blutsauger in Szene zu setzen. Manche werden den Film sicherlich lieben, andere hassen, doch bei allen wird er mit Sicherheit für Diskussionen sorgen.
Automata
Post-apokalyptische Streifen gehören seit jeher zum Standardangebot des Fantasy Filmfests und der diesjährige Vertreter bei den Nights heißt Automata, eine englischsprachige amerikanisch-spanische Koproduktion, die mit einem großen Namen lockt – Antonio Banderas. Der spanische Superstar und einstiges Sexsymbol war schon länger nicht mehr in einem wirklich guten Film zu sehen (obwohl seine Performance in The Expendables 3 zu den wenigen Highlights des Films gehörte). Wird Zeit es zu ändern, oder? Vielleicht schafft es ja Automata, ein Film des Hierro-Regisseurs Gabe Ibáñez, für den auch Banderas' berühmter Landsmann und Oscarpreisträger Javier Bardem rekrutiert wurde, jedoch nur als Stimme. Doch worum geht es eigentlich? Es ist Dystopie, in der die verbleibenden Reste der Menschheit auf die Hilfe von Millionen von Robotern angewiesen sind, Robotern, in denen bestimmte Regeln fest verankert sind (Asimov lässt grüßen). Oder vielleicht doch nicht so fest, wie der Versicherungsagent der Herstellerfirma ROC feststellen muss. Clevere Science-Fiction ist Mangelware im Kino und ich hoffe, dass Automata in eben diese Nische fallen wird.
Cub
Bei nahezu allen unseren europäischen Nachbarn gedeiht das astreine Horrorgenre – auch bei den Belgiern. Von dort kommt Cub, ein Film, dessen Titel mit "Welpe" ins Deutsche übersetzt wird und in Kombination mit der Horrorbezeichnung einen Werwolf-Film nahelegt? Doch gibt es wirklich einen Werwolf in diesen Wäldern, wo unsere junge Pfadfindertruppe aus Antwerpen ihr Lager aufschlägt? Der Legende zufolge lebt ein wilder Junge in diesen Wäldern, ein Monster. Doch es sind keine übernatürlichen Wesen, vor denen die Pfadfinder und deren erwachsene Leiter sich fürchten müssen. Und sie müssen sich fürchten, denn es geht ihnen bald an den Kragen.
Leute kommen in den Wald, erzählen sich eine Lagerfeuer-Legende und dann geht’s zur Sache. Es ist ein altbekanntes Set-Up für einen Horrorfilm, doch "altbekannt" muss keinesfalls langweilig oder schlecht bedeuten. Allein schon die Tatsache, dass hier auch Kinder vor einem brutalen Tod nicht sicher sind, unterscheidet den Film von seinen (unbestreitbaren) US-amerikanischen Vorbildern.
German Angst
Der deutsche Film feiert seine Rückkehr zum Fantasy Filmfest! Erstmals seit dem Sommer-FFF von 2013 läuft wieder ein deutscher Beitrag im Rahmen des Festivals und dieser soll es wirklich in sich haben. Erst beim zweiten Anlauf erhielt German Angst von der FSK seine FSK18-Freigabe. Die Underground-Filmer und enfants terribles Jörg Buttgereit (Nekromantik), Michal Kosakowski (Zero Killed) und Andreas Marschall (Masks) haben sich zusammengetan, um zu zeigen, dass das deutsche Horrorkino nicht tot ist. Sie machten es Horror-Anthologien à la V/H/S (ohne die "Found Footage"-Optik) nach und präsentieren uns in German Angst drei Kurzgeschichten, von denen jede darum wetteifert, die anderen in puncto Brutalität und Schockfaktor zu überbieten. Mal sehen, ob der Film das so bitter nötige frische Blut in die Venen des deutschen Genrekinos pumpen kann. Die drei Regisseure werden in den meisten Städten des Festivals auch zu Gast sein, den Film vorstellen und dem Publikum Rede und Antwort stehen.
The Guest
The Guest könnte sich als einer der größten Publikumsfavoriten bei den diesjährigen Fantasy Filmfest Nights entpuppen. Zahlreiche Fakten sprechen für den Film. Adam Wingard hat bereits mit seinem cleveren Slasher You’re Next, der als Abschlussfilm des Fantasy Filmfests 2013 lief, eine Spaßgranate sondergleichen abgeliefert. Die Ausgangslage hier ist ein eher konventioneller Thriller. David (Dan Stevens) ist ein ehemaliger Soldat, der die Familie seines in Afghanistan gefallenen Kumpels Caleb besucht, um ihr die letzten Grüße ihres Sohnes zu überbringen. Schnell nistet sich David in der Familie ein und entpuppt sich natürlich als waschechter Psychopath. Doch so konventionell der Plot vielleicht beim Lesen klingen mag, wenn Adam Wingard und Simon Barrett für Regie und Drehbuch verantwortlich sind, wird es sicherlich alles andere als konventionell und auf jeden Fall stylisch, spaßig und auf beste weise altmodisch. Als Bonus gibt es den "Downton Abbey"-Gentleman Dan Stevens in einer Rolle, die von Matthew Crawley kaum weiter entfernt sein könnte, und die schnuckelige Maika Monroe, die bereits letztes Jahr beim FFF als Protagonistin von It Follows überzeugte und hier als Kick-Ass-Heroine sich weiterhin auf dem Vormarsch befindet, Hollywood zu erobern. Aus all den genannten Gründen ist The Guest mein persönlicher meisterwarteter Film aus der diesjährigen Auswahl.
The Lazarus Effect
Dass man Menschen nicht von den Toten zurückbringen sollte, haben schon mehr als genügend Horrorfilme eindrucksvoll gezeigt. Wer kann schon die unheimliche Katze oder den kleinen Jungen aus Friedhof der Kuscheltiere vergessen? Doch die Protagonisten von The Lazarus Effect haben diesen Film offensichtlich nie gesehen, als sie ihre Experimente, bei denen Verstorbenen eine neue Lebenschance gegeben wird, von Tieren auf Menschen ausgeweitet haben. Kann das gut gehen? Natürlich nicht. Diese Antwort weiß jeder Zuschauer scheinbar noch vor den Protagonisten. Diese werden von namhaften Schauspielern dargestellt: Olivia Wilde ("Dr. House"), Mark Duplass ("The League"), Evan Peters ("American Horror Story"), Donald Glover ("Community"), Sarah Bolger ("Once Upon a Time") und Ray Wise ("Twin Peaks"). Der Trailer verspricht einen Hochglanz-Horrorthriller aus Hollywood, der vermutlich nicht viele vom Hocker reißen wird, aber dennoch solide abendliche Unterhaltung bieten sollte.
Marshland
Zwei Polizeiermittler untersuchen in den achtziger Jahren in einer sumpfigen Gegend das Verschwinden von zwei jungen Mädchen und geraten dabei an ein Geflecht aus Lügen und Geheimnissen. Was nach "True Detective" klingt, ist der große Gewinner der diesjährigen Goyas (spanisches Äquivalent zum Oscar). Zehnfach ausgezeichnet, ist Marshland jetzt schon ein Anwärter auf den Klassikerstatus im Genre. Wer auf dichte Atmosphäre, stilsichere Inszenierung und eine wendungsreiche Geschichte steht, sollte bei Marshland gut bedient werden.
Spring
A Girl Walks Home Alone at Night ist nicht der einzige Film in der diesjährigen Auswahl, in der ein unglückseliger, entfremdeter junger Mann sich in eine Frau mit einem blutrünstigen Geheimnis verguckt. Spring, von den Regisseuren Justin Benson und Aaron Moorhead, ist die deutlich zugänglichere Variante dieser Geschichte, doch das soll nicht bedeuten, dass der Film konventionell und überraschungsarm ist. Ganz im Gegenteil – je weniger man sich zum Streifen im Vorfeld informiert, desto besser…
Tusk
Dass Kevin Smith, der Regisseur von Kultkomödien wie Clerks, Chasing Amy und Dogma sich eines Tages voll und ganz dem Horrorgenre zuwendet, hätte ich nicht erwartet. Doch es ist und bleibt Kevin Smith und auch wenn er Horrorfilme macht, fehlt da nicht sein ganz eigener Touch, wie er bereits beim Genre-Mischmasch Red State vor einigen Jahren beim Fantasy Filmfest bewiesen hat. Tusk ist Kevin Smiths Antwort auf The Human Centipede. Darin wird Justin Long als arroganter Journalist in die Falle eines eigenartigen alten Weltenbummlers und Abenteurers (Michael Parks) gelockt, der ganz besondere Pläne für ihn hat. Wie es im Film, der bereits seit einiger Zeit in Genrekreisen für viel Aufmerksamkeit sorgt, weitergeht, wissen bestimmt viele Horrorfans bereits, doch ich werde nicht derjenige sein, der es hier verrät. Lasst Euch am besten überraschen, doch zart besaitete Zuschauer sollten lieber fernbleiben.
Wyrmwood: Road of the Dead
Es ist das Fantasy Filmfest und auf dem Fantasy Filmfest dürfen Zombies schlicht und ergreifend nicht fehlen. Schließlich sorgt kein anderes Horror-Subgenre beim Festival Jahr für Jahr für Jahr so sehr für volle bis ausverkaufte Säle, wie der gute, alte, splattrige Zombiefilm. Letztes Jahr war es Dead Snow 2: Red vs. Dead, der für Begeisterungsstürme sorgte und der diesjährige Vertreter kommt aus Australien und heißt Wyrmwood: Road of the Dead. Auch Down Under wissen sie ganz genau, worauf der herkömmliche Splatter-Fan steht und liefern mit Wyrmwood einen Film mit eben all den Elementen ab, die bei FFF-Screenings im Publikum für Beifall sorgen: Blut, Gedärme und eine deftige Portion Absurdität und Selbstironie. Die Geschichte ist schnell erzählt: Ein Meteoritenschauer verwandelt viele Einwohner Australiens in blutrünstige Untote. Ein Mechaniker macht sich auf, seine Schwester aus den Fängen eines wahnsinnigen Arztes und eines Soldatentrupps zu retten und zur Unterstützung hat er einen durchgeknallten Aborigine an seiner Seite. Was kann da schon schiefgehen? Aus der Sicht der FFF-Besucher vermutlich nicht viel. Also Bierchen schnappen, dazu Popcorn oder Nachos und der Spaß kann losgehen!