Nach zehn Filmen in zwei Tagen war ich froh, dass es am siebten Tag des Festivals in Köln mit zwei Filmen etwas ruhiger zuging. Das filmische Highlight des Tages war allerdings keiner der beiden Filme vom FFF, sondern die Pressevorführung des überraschend gelungenen und extrem spaßigen Remakes von Die glorreichen Sieben, das ich mir nicht entgehen lassen wollte und das zeitlich perfekt vor die beiden Filme passte, die ich auf dem Festival sehen wollte. Doch Die glorreichen Sieben, so gut wie er war, ist eine Geschichte für ein anderes Mal. Auf dem Festivalprogramm standen für mich diesmal zwei kurze Filme (ist noch jemandem aufgefallen, wie viele Filme dieses Jahr weniger als 90 Minuten Laufzeit haben?!). In Night of the Living Deb erleben die Zuschauer eine klassische Boy-Meets-Girl-Romcom vor dem Hintergrund der Zombie-Apokalypse und The Crew bietet rasante Action aus Frankreich, wie sie häufig beim Fantasy Filmfest zu sehen ist.
Tag 7
So richtig rund läuft es für die junge Deb (Maria Thayer) gerade nicht. Als Kamerafrau beim lokalen Fernsehsender in Portland, Maine hofft sie, irgendwann als Nachrichtensprecherin vor der Kamera zu sitzen, doch es mangelt ihr an Selbstbewusstsein. Dieses muss sie sich auch in einer Bar erst antrinken, bevor sie sich traut, den Traummann Ryan (Michael Cassidy) anzusprechen, ohne zu ahnen, dass er mit der zickigen Stacy (Syd Wilder) verlobt ist. Ein Drink führt zum nächsten (und übernächsten) und dann wacht sie schon mit einem Filmriss im Bett ihres Schwarmes auf. Dieser will die leicht schrullige Deb möglichst schnell loswerden, was sich jedoch als gar nicht so einfach erweist. Kaum auf der Straße, offenbaren sich Deb Szenen der Apokalypse: die Einwohner ihres Städtchens haben sich in blutrünstige Zombies verwandelt! Da Ryan als umweltbewusster Bürger kein Auto besitzt, ist er plötzlich auf Debs Hilfe angewiesen, um zur Villa seines Vaters zu gelangen, ohne unterwegs gefressen zu werden. Deb wittert wiederum ihre Chance, ihren Traumprinzen doch noch für sich zu gewinnen.
Wieder ein Zombiefilm! Wie jedes Jahr geizt auch die diesjährige Ausgabe des Fantasy Filmfests nicht mit Filmen über die allseits beliebten Untoten. Nachdem The Girl with All the Gifts und Here Alone recht nüchterne Angelegenheiten waren, ist Night of the Living Deb was für die Lachmuskeln, die hier allerdings auch nicht überstrapaziert werden. Nachdem Regisseur Kyle Rankin mit seiner Riesenkäfer-Horrorkomödie Infestation das Fantasy Filmfest vor einigen Jahren gerockt hat, leistet er mit Night of the Living Deb einen Beitrag zu einer Kategorie von Zombiefilmen, die erst 2004 durch Shaun of the Dead popularisiert wurde – der "Rom Zom Com", also einer romantischen Komödie mit Zombies. Noch mehr als bei Shaun of the Dead steht der romantische Aspekt bei Night of the Living Deb im Vordergrund, denn im Prinzip ist es eine klassische Mädchen-trifft-Junge-Geschichte, bei der die beiden Protagonisten im Laufe des Films ihre Differenzen überwinden und zueinander finden. Die Zombie-Apokalypse bildet hier bloß den Hintergrund, vor dem sich der Plot abspielt. Wer also einen Fun-Splatter mit Gag-Stakkato erwartet, wird von dem Film möglicherweise enttäuscht werden. Während die erste halbe Stunde durchaus einige gute Lacher zu bieten hat, wird das Tempo deutlich gedrosselt, wenn wir im Haus von Ryans Vater (Ray Wise) ankommen, auch wenn Wise und Chris Marquette als Ryans schießwütiger Bruder (beide spielten schon in Rankins Infestation mit) ihre Momente haben. Auch blutige Splatter-Einlagen halten sich in Grenzen (was vermutlich auch dem niedrigen Budget geschuldet ist).
Was den Film letztlich rettet und über den Durchschnitt hebt, ist die wunderbare Maria Thayer, deren leicht abgedrehte Performance erfolgreich auf dem schmalen Grat zwischen nervtötend und extrem liebenswert wandelt. Es ist eine Darstellung, die sehr an Emma Stone in Einfach zu haben und Amy Adams in Verwünscht erinnert (okay, vielleicht spielte auch die Haarfarbe eine Rolle). Als charmant-tollpatschige Deb ist sie zum Verlieben und ich hoffe, dass sie in Zukunft noch mehr Hauptrollen ergattern wird. Ohne sie wäre Night of the Living Deb leidlich eine weitere von unzähligen austauschbaren Zombiekomödien, doch Thayer und der Kontrast zwischen ihrer ausgelassenen Deb und dem ernsten Ryan bilden das Herzstück des Films. Allerdings hätte der Film von mehr Humor in der zweiten Hälfte und einer besseren Rolle für den immer gerne gesehenen Ray Wise profitiert. 3/5
"Vergiss Geld oder Frauen. Gepanzerte Trucks zu überfallen, ist das, wovon ich einen Ständer bekomme" Das erklärt Gang-Anführer Yanis (Sami Bouajila) seinem Sprengstoffexperten Eric (Guillaume Gouix) nach einem weiteren präzise durchgeführten Überfall. Letzterem geht es auf jeden Fall ums Geld, möchte er sich doch endlich vom kriminellen Leben, das ihm bereits sieben Jahre im Knast und weg von seiner Angebeteten und ihrem gemeinsamen Kind einbrachte, distanzieren. Dafür braucht er die Kohle und eigentlich soll es mit dem letzten Überfall auch gewesen sein, hätte doch nur Yanis' jüngerer Bruder, unzufrieden mit seinem kleinen Anteil, eine Waffe, die er eigentlich entsorgen sollte, nicht stattdessen an eine andere Gang verkauft. Damit setzt er eine Kettenreaktion in den Gang, die Yanis und seine Leute zu einem weiteren Job zwingt, doch diesmal läuft nicht alles so glatt wie gewohnt.
Rasant inszenierte Actionszenen können unsere gallischen Nachbarn (scheinbar im Gegensatz zur hiesigen Filmindustrie) wirklich gut und haben das bereits mehrfach beim Fantasy Filmfest auch bewiesen. In diesem Punkt enttäuscht The Crew nicht, dessen Überfallszenen in ihren besten Momenten an Michael Manns Heat und Ben Afflecks The Town erinnern. Es ist aber alles drumherum, das bei The Crew keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Bis auf den sehr charismatischen Bouajila, bleiben keine weiteren Darsteller aus dem Film in Erinnerung und bei nur 80 Minuten Laufzeit fällt es schwer, mit den privaten Konflikten und Problemen diverser Charaktere mitzufühlen. Das führt letztlich dazu, dass wenn sich Tragödien ereignen, sie den Zuschauer kalt lassen. Lediglich in seinen temporeichen Actionszenen erwacht der Film zum Leben. 2,5/5
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Auch am nächsten Tag wird es für mich beim Fantasy Filmfest 2016 mit nur zwei Filmen ruhig zugehen. In diesen werden Menschen von Handys und einem Bett (!) bedroht. Ihr könnt Euch auf Kurzrezensionen zur lange erwarteten Stephen-King-Verfilmung Cell und dem Splatter-Feuerwerk Bed of the Dead freuen. Ich mache mir keine großen Hoffnungen auf hochwertige Filme, aber vielleicht werden ja gerade die niedrigen Erwartungen dem Genuss der Streifen zugute kommen.
Bisherige Ausgaben:
Tag 1 (Swiss Army Man, Carnage Park)
Tag 2 (The Ones Below, Deep in the Wood, Abattoir, Yoga Hosers, Trash Fire)
Tag 3 (Psycho Raman, The Girl with all the Gifts)
Tag 4 (Antibirth, Here Alone, Imperium)
Tag 5 (Kidnap Capital, Happy Birthday, The Devil’s Candy, The Eyes of My Mother, Follow)
Tag 6 (Toro, Havenhurst, Desierto, Scare Campaign, Don’t Grow Up)