Die qualitative Durststrecke ging leider auch am achten Tag des Fantasy Filmfests 2016 weiter und erreichte ihren vorläufigen Tiefpunkt. Seit dem überraschend starken fünften Tag, an dem mir drei der gezeigten Filme außerordentlich gut gefallen haben, habe ich keinen weiteren Film beim Festival gesehen, den ich als wirklich gut (maximal mit geringfügigen Abstrichen), bezeichnen würde. Mit einer lange verschobenen Stephen-King-Verfilmung und einem splattrigen, aber letztlich belanglosen Horrorfilm über ein Bett des Todes war Tag 8 der bislang schwächste Tag des diesjährigen Festivals.
Tag 8
Noch lange bevor der Begriff Smombie (Smartphone-Zombie) überhaupt existierte, veröffentlichte Bestsellerautor Stephen King den Roman "Puls", in dem ein mysteriöses Signal über das Mobilfunknetz verbreitet wird und alle Menschen, die versuchen, ihre Handys zu nutzen, augenblicklich des Verstandes beraubt und extrem gewaltbereit macht. Im Prinzip verfasste er eine Kritik an der übermäßigen Handynutzung als eine Variation von George A. Romeros The Crazies. Nicht lange dauerte es nach der Publikation, bis Hollywood sich die Filmrechte schnappte und Hostel-Regisseur Eli Roth für das Projekt verpflichtete. Doch obwohl die Thematik der Abhängigkeit von unseren Mobilgeräten immer aktueller wurde, zogen mehrere Jahre ins Land und Eli Roth verließ das Projekt. Erst 2014 ging Cell (so der Originaltitel des Romans) mit John Cusack in der Hauptrolle und mit dem Paranormal-Activity-2-Macher Tod Williams im Regiestuhl vor die Kameras. Doch es sollten mehr als zwei weitere Jahre nach der Fertigstellung des Films vergehen, bis er endlich das Licht der Welt erblickte. Das ist eigentlich selten ein gutes Zeichen und ist leider auch bei Cell aussagekräftig für die mangelnde Qualität des Films.
Cusack spielt im Film den Comicautor Clay, der nach Boston anreist, um seine entfremdete Ehefrau und seinen Sohn wiederzusehen und von der Beziehung zu retten, was noch zu retten ist. Schon bald hat er ganz andere Sorgen, wenn das Chaos losbricht. Zusammen mit dem Bahnfahrer Tom (Samuel L. Jackson) und der jungen Alice (Isabelle Fuhrman) macht er sich auf eine gefährliche Reise durchs Land auf, auf der Suche nach seiner Familie.
Aus irgendeinem Grund fällt es Filmemachern meist sehr schwer, eine vernünftige Stephen-King-Adaption auf die Beine zu stellen. Auf jede gute kommen mehrere schlechte und Cell gehört leider zur letzten Kategorie. Dabei ist gerade "Puls" eigentlich ein sehr filmtaugliches Buch, weshalb die Abänderungen von der spannenden, wenn auch nicht furchtbar originellen Vorlage besonders in der zweiten Filmhälfte wenig Sinn ergeben. Cusack und Jackson spielten bereits gemeinsam in einer guten King-Adaption mit, Zimmer 1408. Vielleicht war damit auch schon ihre Quote an guten Stephen-King-Verfilmungen erfüllt. Seinem absolut lustlosen, gelangweilten Schauspiel in Cell nach zu urteilen, war Cusack offensichtlich nicht sehr erpicht darauf, in dem Film mitzuspielen. In diesem Sinne erinnert er leider an die jüngsten Rollen von Nicolas Cage, der ebenfalls gelegentlich zu vergessen scheint, in welchem Film er gerade mitspielt. Bei Samuel L. Jackson verhält es sich leider wenig besser und wenn Cusacks Clay zu Jacksons Tom in einer Szene sagt, er sei der beste Freund, den man sich im Angesicht der Apokalypse wünschen kann, klingt das in etwa so überzeugend wie Denise Richards als Nuklearwissenschaftlerin. Lediglich Isabelle Fuhrman, vor einigen Jahren noch so unheimlich in Orphan, scheint sich in der Rolle der traumatisierten Alice etwas Mühe zu geben, doch auch das interessanteste Detail ihres Charakters aus der Romanvorlage wurde im Film entfernt.
Es gibt Augenblicke in Cell, in denen die erhoffte Intensität spürbar ist, insbesondere in den ersten Szenen, in denen das Blutbad in chaotischen, teilweise wirklich fiesen Szenen am Flughafen losbricht. Leider werden diese Szenen auch immer wieder durch unfreiwillig komische Momente oder schwache CGI-Effekte unterbrochen. Hier ein Rat an alle angehenden Filmemacher: wenn man kein Geld hat, um einen Flugzeugcrash überzeugend zu inszenieren, sollte man lieber darauf verzichten. Der Film hat auch einige interessante Ideen für die Darstellung der "Besessenen" und deren besonderen Eigenheiten, doch damit kann er sich auch nicht retten. Insgesamt bewegt sich Cell selten über unteres Mittelmaß hinaus. Mit motivierteren Darstellern, einem besseren Regisseur, mehr Treue zur Vorlage und einem höheren Budget hätte Cell ein solider B-Movie werden können. Wer seit zehn Jahren auf die Adaption des Romans wartet, wird bitter enttäuscht sein. 2/5
Dank George Romeros Zombiefilmreihe ist "XY of the Dead" die beliebteste Titelvariante im Horrorgenre geworden und wird in letzter Zeit hauptsächlich mit immer absurder werdenden Zombiekomödien assoziiert, wie Dance of the Dead, Juan of the Dead oder Goal of the Dead. Jetzt also ein Film über ein Bett mit Zombies? Oder ein Zombiebett?! Nichts dergleichen! Trotz seines kaum ernstzunehmenden Titels, ist Bed of the Dead ein durch und durch ernster Horrorfilm und Zombies kommen darin überhaupt nicht vor. Stattdessen handelt der Streifen von vier jungen Leuten, die sich ´zum Zweck einer Sexorgie in das letzte verfügbare Zimmer eines schmuddeligen Sexhotels einmieten. Doch sobald sie sich auf dem imposanten Bett einfinden, verfliegt jegliche Lust auf Intimitäten. Höllische Visionen suchen die vier heim und wer versucht, das Bett zu verlassen, stirbt eines grausamen Todes. In einem parallelen Handlungsstrang untersucht der abgewrackte Polizist Vigil (Colin Price) die Tode der Protagonisten im besagten Hotelzimmer und erhält plötzlich eine SMS aus der Vergangenheit, von Sandy (Alysa King), einem der Opfer auf dem Bett. Er hält zu ihr Kontakt, doch kann er verhindern, was bereits passiert ist?
Wie Ihr merkt, ist die Geschichte zu Bed of the Dead ziemlich abgedreht und um einiges verschachtelter, als man bei dem kuriosen Filmtitel vermuten würde. Tatsächlich hätte dem bierernsten Film ein Anflug von Humor nicht geschadet, ebenso wie etwas interessantere und weniger eindimensionale Figuren. Andererseits ist es eben auch Teil der Geschichte, dass größtenteils unsympathische Charaktere auf dem Bett des Todes landen und dafür in bester Saw-/Hellraiser-Manier bestraft werden. Beim Fantasy Filmfest kam Bed of the Dead insgesamt nicht sonderlich gut weg, was mich ein wenig überrascht, handelt es sich dabei doch um einen durchweg passablen Genrevertreter, dessen Grundidee gar nicht so blöd ist, wie der Titel vielleicht vermuten lässt. Die Dialoge lassen zu wünschen übrig und gerade Colin Prices Detective Vigil ist ein Potpourri aus Klischees über kaputte Cops in Filmen. Doch der Film punktet dort, wo es zählt, und das sind die einfallsreich grausamen Todesszenen, bei denen Splatter-Fans dank liebevoll handgemachten Effekten auf ihre Kosten kommen. Auch den einen oder anderen netten Jump Scare gibt es zwischendurch und der zusätzliche Twist der zwei Zeitebenen macht die Sache interessanter und weniger gradlinig als sonst. Bed of the Dead ist kein Film für die Ewigkeit oder eine Genreperle, doch als solide Fast-Food-Genrekost taugt er allemal. 3/5
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Nach Tag 5 ging die durchschnittliche Qualität der gesehenen Filme beim Fantasy Filmfest kontinuierlich runter und ich hoffe sehr auf eine baldige Umkehr des Trends. Mit dem provokativen Ultratrash-Beitrag The Greasy Strangler und War on Everyone – Dirty Cops, dem neuen Film des großartigen irischen Regisseurs von The Guard und Am Sonntag bist du tot, haben die Filme am 9. Tag gute Chancen, mich aus meiner sich langsam einstellenden Lethargie zu reißen.
Bisherige Ausgaben:
Tag 1 (Swiss Army Man, Carnage Park)
Tag 2 (The Ones Below, Deep in the Wood, Abattoir, Yoga Hosers, Trash Fire)
Tag 3 (Psycho Raman, The Girl with all the Gifts)
Tag 4 (Antibirth, Here Alone, Imperium)
Tag 5 (Kidnap Capital, Happy Birthday, The Devil’s Candy, The Eyes of My Mother, Follow)
Tag 6 (Toro, Havenhurst, Desierto, Scare Campaign, Don’t Grow Up)
Tag 7 (Night of the Living Deb, The Crew)