Das Fantasy Filmfest ist wieder um die Ecke. Moment, was? Im Dezember? Allerdings! Das Team hinter dem sommerlichen Fantasy Filmfest und dem Frühjahr-Ableger, den Fantasy Filmfest Nights hat das deutschlandweit größte Genrefilmfestival um eine weitere Veranstaltung ausgeweitet, die Fantasy Filmfest White Nights. Diese finden dieses und nächstes Wochenende erstmals statt und wie bei den Nights im Frühjahr werden auch wieder zehn Filme aus der Horror- und Thrillerecke gezeigt, wobei das Fantasy Filmfest sich nie auf bestimmte Genres festgelegt hat, sondern es meist darauf abzielt, den Zuschauer die neusten interessanten Werke abseits des Mainstreams zu präsentieren.
Die zeitliche Platzierung im Dezember passt aus meiner Sicht perfekt. Als langjähriger FFF-Besucher und -Fan, bin ich in der Regel gesättigt und froh, wenn das Festival im Sommer vorüber ist (knapp 40 Filme im Kino innerhalb von 11 Tagen sind auch nicht ohne), doch spätestens nach 1-2 Monaten sehne ich mich wieder nach dieser einzigartigen Atmosphäre. Die Fantasy Filmfest Nights im Frühjahr machten zwar die Wartezeit auf der große Sommerfestival viel erträglicher und doch es vergeht schon viel Zeit zwischen dem Sommerfestival und den Fantasy Filmfest Nights. Für Ausgleich sollen jetzt die White Nights sorgen, im Rahmen derer dann u. a. Filme gezeigt werden können, die zuvor in der Rubrik Midnight Madness beim Toronto International Film Festival liefen und das noch bevor sie hierzulande anderweitig erscheinen. Angesichts der großen Popularität der beiden anderen FFF-Veranstaltungen und der Loyalität der Festivalbesucher, sollten auch sich die White Nights großer Beliebtheit erfreuen und werden sich hoffentlich als feste Größe etablieren. Denn was passt besser in den Weihnachtsstress als ein bisschen Horror, Gemetzel und Flucht in phantastische Welten?
Die erste Ausgabe der Fantasy Filmfest White Nights findet in sechs Städten statt. Alle üblichen Fantasy-Filmfest-Städte sind dabei, mit der traurigen Ausnahme von Hamburg, da das Wahlkino des FFF, das Savoy, aufgrund des aktuellen Blockbusterandrangs die einzige Leinwand des Hauses nicht freigeben konnte. Die FFF-Fans aus Köln, Frankfurt, Berlin, Stuttgart, München und Nürnberg können sich hingegen auf zwei Tage mit zehn Filmen, produziert von insgesamt zehn unterschiedlichen Ländern freuen. Ganz genau, diese Nights werden sehr international. Nur drei der zehn Filme sind reine US-Produktionen, ansonsten erwarten die Zuschauer Werke aus Spanien, Frankreich, Polen und aus der Türkei – letzteres meines Wissens nach eine Premiere für das Fantasy Filmfest!
Was Euch bei den White Nights erwartet, erfahrt Ihr unten bei der kurzen Vorstellung der jeweiligen Filme. Natürlich werden wir später auch von den Fantasy Filmfest White Nights selbst berichten und Euch erzählen, welche der gezeigten Filme besonders sehenswert sind und welche getrost ausgelassen werden können.
Baskin
Wenn es um türkische Filme geht, gibt es in Deutschland hauptsächlich zwei Kategorien. Einerseits sind es die türkischsprachigen Dramen und Komödien, die in den deutschen Kinos laufen und sich fast ausschließlich an das hierzulande lebende türkischstämmige Publikum richten oder es gibt wiederum die wenigen türkischen Prestigefilme, wie den Cannes-Gewinner Winterschlaf, die es in unsere Programmkinos schaffen. So oder so bleibt dem Großteil der deutschen Kinogänger das türkische Kino meist verschlossen. Erst recht gilt das für Horrorfans. Umso mehr ragt also Baskin heraus, eine abgefuckte Splattergranate, die bereits das Toronto Filmfestival gerockt hat und dem Rest der Welt zeigen soll, dass man auch in der Türkei weiß, was Horrorfans sehen wollen. In dem Film werden fünf Polizisten zu einer abgelegenen Fabrikhalle gerufen. Wenn sie dort eintreffen erwartet sie wahrhaftig die Hölle auf Erden. Wer noch nicht ganz überzeugt ist – und das war ich ursprünglich ehrlich gesagt auch nicht – dem sei der verstörende Trailer unten ans Herz gelegt. Dieser ist nichts für Zartbesaitete und der Film sicherlich auch nicht. Hoffentlich läutet Baskin eine neue Ära des türkischen Genrekinos mit einem Paukenschlag ein. Regisseur Can Evrenol wird übrigens in Berlin und Köln vor Ort sein und seinen Film vorstellen.
Bone Tomahawk
Bone Tomahawk ist vielleicht einer der konventionellsten Filme im White-Nights-Programm – wenn sich das über einen Western mit Kannibalen sagen lässt – aber für mich auch einer der vielversprechendsten. Die Gründe dafür sind eigentlich schon im Satz zuvor genannt – es ist ein Western mit Kannibalen! In den USA erntete der Film bereits blendende Rezensionen und wurde kürzlich sogar für zwei begehrte Indpeendent Spirit Awards nominiert. Es gibt auch einen weiteren Grund, sich mächtig auf Bone Tomahawk zu freuen – Kurt Russell (und seinen mächtiger Schnauzer), der vermutlich von diesem Set einfach zu Quentin Tarantinos The Hateful Eight rüberspaziert ist. Russell spielt in dem Film Sheriff Franklin Hunt, der sich gemeinsam mit einem Trupp Freiwilliger auf die Suche nach einer entführten jungen Krankenschwester begibt, ohne zu ahnen, dass sie es mit extrem unangenehmen Zeitgenossen zu tun haben. Wer von den Kannibalen in Eli Roths The Green Inferno enttäuscht war, soll hier auf seine Kosten kommen. Horrorwestern ist ein interessantes Subgenre, in dem allerdings nur zu selten gute Filme produziert werden. Das macht Bone Tomahawk umso erfrischender. Als Bonus gibt es neben Kurt Russell diverse andere namhafte Darsteller wie Matthew Fox, Richard Jenkins, Patrick Wilson und Horrorikone Sid "Captain Spaulding" Haig.
Demon
Der Dibbuk dürfte mittlerweile vielen Horrorfans ein Begriff sein. Der böse Totengeist aus dem jüdischen Volkglauben wurde in den letzten Jahren von Hollywood als beliebtes Horrorfilm-Monster instrumentalisiert und machte bereits den Protagonisten in erfolgreichen Horrorstreifen wie Possession, The Unborn und Drag Me to Hell das Leben schwer. Nachdem die Horrorindustrie die westliche Mythologie bereits zu Genüge abgegrast hat, musste ein frisches Wesen mit einem exotischen und beängstigend klingenden Namen herhalten. Die Ergebnisse waren allerdings nicht immer positiv und entsprachen auch meist nicht wirklich der Dibbuk-Mythologie. In Demon, einer polnisch-israelischen Co-Produktion, die teilweise in jiddischer Sprache (!) gedreht wurde, wird der Dibbuk endlich von jemandem aus dem Kulturkreis inszeniert, in dem das Wesen tief verwurzelt ist. Die Geschehnisse nehmen hier ihren Anfang, nachdem ein junges Paar, das kurz vor der Hochzeit steht, auf dem Grundstück des geerbten Hauses des Großvaters der Braut menschliche Überreste findet, dies jedoch für sich behält, damit die Traumhochzeit glatt über die Bühne gehen kann. Diese Entscheidung entfesselt daraufhin den besagten Dibbuk. Die Ausgangsgeschichte könnte jedem x-beliebigen Horrorfilm entstammen (Paar findet Leiche/Knochen, trifft falsche Entscheidung, üble Konsequenzen folgen), doch was Regisseur Marcin Wrona (der sich im September tragischerweise das Leben nahm) hier zum Leben erweckt, soll weit abseits der oben genannten Hollywood-Horrors liegen und einige durchaus schwierige Fragen aufwerfen, ohne jedoch auf den Grusel-Faktor zu verzichten. Beim Fantastic Fest in Austin gab es dafür die Auszeichnung als "Bester Film".
Auf Seite 2 stellen wir Euch sieben weitere Filme der FFF-White-Nights vor.