Fast & Furious Presents: Hobbs & Shaw, USA/GB 2019 • 136 Min • Regie: David Leitch • Mit: Dwayne Johnson, Jason Statham, Vanessa Kirby, Idris Elba, Eiza González, Eddie Marsan • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 1.08.2019 • Deutsche Website
Handlung
US-Bundesagent Luke Hobbs (Dwayne Johnson) wird von der CIA auf eine neue Mission nach Großbritannien geschickt. Er soll die abtrünnige MI6-Agentin Hattie (Vanessa Kirby) ausfindig machen, die vermeintlich ihr ganzes Team getötet und mit einem hochgefährlichem Virus untergetaucht ist, das bei Freisetzung Millionen von Menschen weltweit grausam töten würde. In London angekommen, stellt er fest, dass er dabei gezwungen ist, mit seinem einstigen Widersacher Deckard Shaw (Jason Statham) zusammenzuarbeiten, einem ehemaligen Elitesoldaten, der zum Söldner wurde und Hobbs einst eine Tracht Prügel verpasste. Obendrein ist Hattie Shaws jüngere Schwester, die ihn für einen Landesverräter hält. Nachdem Hobbs Hattie mit Mühe und Not dingfest machen kann, erklärt sie, dass ein Terrorist namens Brixton (Idris Elba) im Auftrag der mächtigen kriminellen Organisation Etheon hinter dem Virus her ist. Er hat ihre Kollegen getötet und ihr alles in die Schuhe geschoben. Um die Superwaffe vor ihm zu bewahren, hat sich Hattie das Virus selbst injiziert und hat nur noch 36 Stunden, bis es sie tötet und freigesetzt wird. Widerwillig müssen also Hobbs und Shaw zusammenarbeiten, um einen Weg zu finden, das Virus aus Hattie herauszubekommen und unschädlich zu machen. Brixton, der dank Hightech-Ergänzungen mehr Cyborg als Mensch ist und übermenschliche Kräfte besitzt, und seine Privatarmee machen es dem Trio jedoch nicht leicht und verfolgen sie rund um die Welt.
Kritik
Ihr sucht nach einem knüppelharten, bodenständigen Actionfilm? Dann solltet Ihr einen weiten Bogen um Fast & Furious: Hobbs & Shaw machen. Wer seinem Hirn aber eine Auszeit gönnen möchte und sich auf dieses völlig ausgelassene, alberne und mit mehr One-Linern als ein Arnie-Film zu dessen besten Zeiten gespickte Popcorn-Abenteuer einlässt, kann sich zwar nicht auf die besten, aber womöglich die kurzweiligsten 136 Filmminuten dieses Jahres freuen.
Es lässt sich nicht abstreiten, dass sich das Fast-&-Furious-Franchise seit ihren bescheidenen Anfängen als ein Gefährliche-Brandung-Abklatsch mit getunten Autos und illegalen Straßenrennen massiv verändert hat. Den Machern wurde bewusst, dass sich diese Prämisse nur bedingt lange auf weitere Fortsetzungen strecken lässt. Wenn man den Wendepunkt im Franchise benennen müsste, dann ist es vermutlich der erste Auftritt von Dwayne "The Rock" Johnson als Luke Hobbs in Fast & Furious Five. Der samoanische Thor mit einer großen Vorliebe für Babyöl war anfangs ein Widersacher für Dom (Vin Diesel) und sein Team, wurde aber in weiteren Fortsetzungen zum Verbündeten, der sie auf gefährliche Missionen rund um den Globus schickte. Die einnehmende Leinwandpräsenz des Profi-Wrestlers und inzwischen eines der bestbezahlten Schauspieler der Welt verlieh der Reihe ein neues Flair. Eine ähnliche Wandlung vom Antagonisten zum widerwilligen Teamplayer machte auch Jason Statham als Deckard Shaw durch. Am Ende meiner Rezension zu Fast & Furious 8 attestierte ich beiden großartige Chemie miteinander, die viel vom Spaß des letzten Films ausgemacht hat.
Das sahen Universal und die Filmemacher ähnlich, sodass den beiden ein eigener Film auf ihre durchtrainierten Leiber geschrieben wurde. Als erstes (aber sicherlich nicht letztes) Nebenkapitel der Fast-&-Furious-Reihe macht Hobbs & Shaw dem Haupt-Franchise alle Ehre. Völlig absurde Actionsequenzen? Check. Schnittige, getunte Autos (mit besonderem Augenmerk auf McLaren- und Chevrolet-Logos)? Check. Fette Beats? Check. Familie als zentrales Thema der Protagonisten? Check. Viel Selbstironie verpackt in coole Sprüche? Check. Co-Autor Chris Morgan, der seit Tokyo Drift jeden Teil der Reihe geschrieben hat, sorgt dafür, dass auch der Ableger auch exakt demselben Holz geschnitzt ist wie die anderen Filme. Mehrere Referenzen und namentliche Erwähnungen betten den Film außerdem fest in den Kanon der Reihe ein.
Trotz gleicher DNA ist der Ableger dennoch nicht einfach nur ein weiteres Fast-&-Furious-Sequel mit abgewandeltem Titel. Sind die Filme der Hauptreihe inzwischen stets Ensembleabenteuer, ist Hobbs & Shaw im Kern ein waschechter Buddy-Film ganz im Geiste des Achtziger-Kinos à la Tango & Cash. Wir haben zwei gegensätzliche Muskelprotze, die sich über die gesamte Laufzeit einen verbalen Schlagabtausch abliefern, den Testosteronspiegel durch die Decke gehen lassen und natürlich im Laufe ihrer Abenteuer lernen, einander zu vertrauen. Ihnen steht ein übermächtiger, größenwahnsinniger Schurke gegenüber, den sie nur besiegen können, wenn sie ihre Differenzen beilegen.
Was den Film jedoch am meisten zu einer Hommage an jene simpleren Zeiten im Actionkino macht, ist die schiere Unmenge an bissigen Sprüchen und One-Linern, die gefühlt mehr als die Hälfte der gesamten Dialoge in dem Film ausmachen. Es ist als ob Chris Morgan und sein Co-Autor Drew Pearce beim Schreiben ein Programm nebenbei laufen hatten, das auf Kommando einen neuen One-Liner ausspuckte. Der Humor deckt die gesamte Palette von clever ("Game of Thrones" wird besonders getrollt) bis schamlos vorpubertär ab. Mein junggebliebenes Ich war köstlich amüsiert. Dazu trugen auch zwei sehr überraschende Gastauftritte bei, die man sich vorher auf keinen Fall spoilern lassen sollte.
Das hätte auch schnell peinlich werden können, funktioniert aber dank den beiden Hauptdarstellern, deren Charisma sie vielleicht nicht zu den besten Schauspielern der Welt, aber dennoch zu echten Stars macht. Mehr für ihre Actionrollen bekannt, haben sowohl Johnson als auch Statham ausgeprägtes komödiantisches Gespür, dem sie in diesem Film freien Lauf lassen. Ihre zum Teil sehr kreativen Sticheleien ziehen sich von ihrer allerersten gemeinsamen Szene bis nach dem Abspann des Films durch (also sitzen bleiben!). Aber keine Sorge, sie verprügeln auch wieder viele, viele böse Buben. Gerade dem wendigeren und flinkeren Statham schaut man bei seinen Kampfszenen immer gerne zu. Johnson hingegen lässt mehrfach den voluminösen Bizeps spielen, macht Liegestützen, drückt Gewichte auf der Bank, zieht wieder eine Augenbraue hoch und bezeichnet sich selbst als Muskelberg. Es sieht genau so absurd aus, wie es klingt, und das völlig bewusst.
Was den Film jedoch von dem Testosteron-Kino der Achtziger unterscheidet (neben den völlig abgedrehten Actionsequenzen, die nur dank modernen Computereffekten umsetzbar sind), ist Vanessa Kirby, die dem Männer-Duo als eine nicht minder effektive Partnerin beisteht. Kirby, die bereits in Mission: Impossible – Fallout die Luft des Spionage-Actionkinos geschnuppert hat, macht als ultracoole, agile Agentin mit einem trockenen Spruch auf den Lippen eine verdammt gute Figur und bietet ein gutes Gegengewicht zum Männerakt. Ihr Auftritt in dem Film erinnert mich an den Augenblick, als ich Scarlett Johansson erstmals als Black Widow in Iron Man 2 in Aktion gesehen habe und wusste, dass die Schauspielerin, von der ich das zuvor nicht angenommen hätte, definitiv eine Zukunft im Actionkino hat. Dass ihre Figur im Film nur wenige Jahre jünger als Jason Stathams sein soll, sollte man vielleicht nicht zu sehr unter die Lupe nehmen.
Nicht ganz so gut kommt der großartige britische Schauspieler Idris Elba als Schurke weg. Der selbsternannte Black Superman ist simpel gestrickt und eigentlich ein Mittel zum Zweck, um die Handlung von A nach B voranzutreiben. Er spielt die Rolle natürlich nicht schlecht (das könnte Elba sicher gar nicht), aber das Talent des "Luther"-Stars ist hier eindeutig unterfordert. Sein Motiv, der Genozid an schwächeren Menschen der Welt, damit die stärkeren durch technologische Zusätze zu einer neuen Rasse von Supermenschen werden wie er, ist ziemlich dünn und nicht gerade originell.
Regisseur David Leitch, der mit John Wick und Atomic Blonde zwei der besten Actionfilme der letzten Jahre drehte, inszeniert Hobbs & Shaw extrem temporeich. Der Film steigt direkt mit einer Actionszene ein und nimmt danach den Fuß nie vom Gaspedal. Es vergehen keine zehn Minuten ohne eine weitere, in der Regel zunehmend haarsträubende Actioneinlage, sei es eine unrealistischste, aber ultraspaßige Auto-Verfolgungsjagd durch die vollen Straßen Londons, eine Verfolgungsjagd durch ein explodierendes Kraftwerk in Russland, ein waffenloser Kampf zwischen Brixtons Söldnern und Hobbs' samoanischer Familie mit traditionellen Stammeswaffen, oder eine Szene, die sich kaum anders beschreiben lässt als Johnson, der einen Helikopter an einer Stahlkette Gassi führt. Leitch lässt nie Langeweile aufkommen. Er weiß genau, was die Fans der Reihe erwarten, und bedient sie entsprechend. Hobbs & Shaw ist ein Film, der albern, übertrieben und auf eine selbstironische Weise blöd ist. Doch im Unterschied zu wirklich dummen Filmen, die sich ernst nehmen, wie dem Großteil des Transformers-Franchises, ist das allen Beteiligten jederzeit klar, und das macht ihn wirklich sympathisch. Erfolg und eine Fortsetzung sind bei dem Film vorprogrammiert, sodass dieser wohlwissend das Fundament für den nächsten Teil legt.