Fantasy Filmfest 2012 Tagebuch – Tag 3

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 TAG 3

 

96 Minutes

96 Minutes erzählt die Geschichten zweier Leben, das einer Gruppe priviligierter College-Studenten und das von Schülern einer Highschool im Ghetto, die jeweils parallel, aber in unterschiedlichen Zeitebenen aufgegriffen werden. In der einen hetzen vier unserer Charaktere in einem Auto durch die Nacht, wobei ein College-Mädel mit einer Kopfschusswunde langsam auf dem Rücksitz verblutet. In der anderen wird einfach der Alltag beider unterschiedlichen Welten aufgezeigt.

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96 Minutes versucht wichtige Themen wie Rassismus, Ausgrenzung und Vernachlässigung zu zeigen, bietet aber nichts, was man nicht schon in anderen Filmen, wie L.A. Crash, gesehen hat. Dabei sind die Charaktere zum großen Teil leider uninteressant und die schauspielerische Leistung schwankt von solide bis sehr hölzern. Die dramaturgische Entscheidung, die Geschichte auf zwei Zeitebenen zu erzählen, die gegen Ende zusammenkommen, kann ich hier auch nicht begrüßen, denn sie nimmt noch mehr Spannung raus und trägt erzähltechnisch eigentlich nichts bei. Außerdem sind in dem Film einfach zu viele unnötige Charaktere und Nebengeschichten, die in Nichts verlaufen und gegen Ende einfach keine Rolle mehr spielen. 96 Minutes ist gut gemeint und in einigen (wenn auch wenigen) Momenten tatsächlich ergreifend, doch die Ausführungen ist in großen Teilen einfach zu amateurhaft und bemüht. 2,5/5

 

Violet & Daisy

Violet (Alexis Bledel) & Daisy (Saoirse Ronan) sind eigentlich ganz gewöhnliche befreundete junge Mädels. Die beiden quatschen gerne über Klamotten, beten ihr Musikidol Barbie Sunday an und sind begeistert, als sie erfahren, dass es bald eine Kleider-Kollektion von Sunday auf dem Markt gibt. Daneben verdienen sich die beiden ihre Miete als Auftragskillerinnen, eine Tätigkeit, der die beiden ohne großartige Überlegungen nachgehen bis sie eines Tages auf eine sehr sterbenswillige Zielperson (James Gandolfini) treffen…

Das Regiedebüt des oscarprämierten Autors von Precious könnte bei dem einen oder anderen Zuschauer von der Beschreibung her falsche Erwartungen wecken. Wer einen Streifen mit coolen Killerinnen erwartet, die sich jeder Menge Kerle entledigen, wird enttäuscht sein. Zwar gibt es durchaus einige blutige Momente (mein Favorit: "Internal Bleeding Dance"), aber der Film hat eine langsame, märchenhaft esoterische Erzählweise und wendet sich ziemlich schnell ernsten Themen zu, auch wenn diese oft auf eine überspitzte Art und Weise abgehandelt werden. Ronan, Bledel und Gandolfini sind allesamt wunderbar in ihren Rollen und der Film ist stilsicher und flüssig erzählt. Vieles ist einfach der großartigen Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen zu verdanken. Nur das Ende vermag nicht ganz zu überzeugen und lässt leider einige Fragen offen. 3,5/5

 

Beasts of the Southern Wild

Wohl kaum ein Film beim diesjährigen Fantasy Filmfest wurde so sehnsüchtig erwartet und gehypt wie Beasts of the Southern Wild, der diesjährige Sundance-Gewinner und heißer Anwärter auf eine Oscarnominierung für den besten Film. Auch vor der Vorstellung wurde der Streifen von den Veranstaltern als der schönste Centerpiece-Film, den es beim FFF je zu sehen gab, angekündigt.

Der schönste war er vielleicht, der beste nicht. Da gehört der Thron (in meiner FFF-Zeit) immer nich So finster die Nacht. Doch sehr gut war Beasts of the Southern Wild trotzdem. Die magische Geschichte von Hushpuppy, die mit ihrem strengen, impulsiven und dennoch sehr liebenden Vater in einer wassernahen Kommune namens Bathtub lebt, welche von einem Sturm komplett versenkt wird, zieht den Zuschauer von der ersten Minute an in den Film hinein. Es ist ein überwältigendes Feuerwerk (auch im wahrsten Sinne des Wortes) von Musik, Licht und unglaublich kreativer Set-Ausstattung, die scheinbar komplett auf dem Schrottplatz zusammengebaut wurde. Nach den ersten fünf Minuten glaubt man, dass der Film sein Pulver verschossen hat, doch dem is nicht so. Auch wenn der Film als ein Ganzes nicht unglaublich konsistent ist und gegen Ende leider etwas abschweift, so bietet er einige der schönsten, magischsten und unvergesslichsten Filmmomente des Jahres. Man kann über Beasts of the Southern Wild sagen, dass hier die einzelnen Teile besser sind als deren Summe. Dabei ist der ganze Film schon ziemlich gut, nur eben nicht meisterhaft, wie einige seiner Elemente. Die Filmmusik ist die schönste, die ich dieses Jahr bislang gehört habe, die Bilderkomposition ist atemberaubend und die schauspielerische Leistung der fünfjährigen Quvenzhané Wallis ist einfach nur phänomenal. Die Jungdarstellerin wird absolut zu Recht für die kommende Oscar-Verleihung als jüngste nominierte Nebendarstellerin aller Zeiten gehandelt. 4/5

Inbred

Schwer erziehbare Jugendliche fahren mit zwei Aufsehern mitten aufs Land ins triste Yorkshire, um dort ein produktives Wochenende zu verbringen und die Jugendlichen zu resozialisieren. Dabei haben sie aber nicht mit den degenerierten, sadistischen Einheimischen gerechnet, die sich über die Neuankömmlinge ganz besonders freuen.

Hillbillies gibt es eben überall und nicht nur im Süden der USA. Auch in Nordengland treiben sie ihr Unwesen und stehen in Brutualität und schlechter Zahnhygiene ihren Vorbildern aus den Staaten in nichts nach. Und so wirkt hier typischer Redneck-Horror abgeliefert mit Torture-Porn-Elementen à la Hostel. Doch leider ist das Ganze für einen echten Horrorfilm zu spannungsarm und albern, für eine Trash-Perle aber auch nicht einfallsreich oder witzig genug. Wer hier auf einen neuen Evil Aliens hofft, wird enttäuscht sein. Vor allem die erste Hälfte ist ziemlich öde und zieht sich lange hin. Mit Gewaltakten in der zweiten Hälfte wird wahrlich nicht gegeizt, doch hier sind es einfach Ekeleffekte um der Ekeleffekte-willen und mehr wird nicht geboten. Die Protagonisten sind nämlich allesamt so uninteressant, dass deren Ableben einen in keinster Weise berührt. Der beim FFF anwesende Regisseur riß vor der Vorstellung einen Witz, man solle nicht meinen, es handle sich bei dem Film um eine Dokumentation über Yorkshire. Schade, diese wäre wahrscheinlich interessanter gewesen. 1,5/5

Piranha 3DD

Alexandre Ajas Piranha 3D war vor zwei Jahren eine der Spaßgranaten des Fantasy Filmfests. Als dann bekannt wurde, dass an dessen Stelle der Feast-Regisseur  John Gulager trat, waren die Befürchtungen, dass das Sequel vom Original weit abfallen würde. So ist es auch gekommen, aber auch dem zweiten Film kann der Genrefan durchaus das eine oder andere abgewinnen.

In der Fortsetzung gelangen die gefrässigen Urzeitpiranhas durch Abwassersysteme am Eröffnungstag in einen riesigen Wasserpark. Der gierige Betreiber des Wasserparks will diesen trotz diverser Warnungen seiner Stieftochter, die auch noch eine Meeresbiologin ist, nicht schließen. Es kommt wie es kommen muss und den Zuschauern wird ein Blutbad präsentiert, welches es eindeutig mit der chaotisch-brutalen Endszene aus Ajas Film aufnehmen will, doch kaum mehr ist als eine mäßige Kopie.

Der erste Film war eine wahre und bewusste Trashperle, der zweite ist in großen Telen einfach nur Trash. War die Nacktheit im ersten in Form eines unvergesslichen Unterwasser-Ballets noch irgendwie interessant verpackt, wird sie hier einfach plump präsentiert, Hauptsache dem DD-Zusatz des Titels wird entsprochen. Mit Freunden, Nachos und einer guten Reserve an Bier ist dies trotzdem durchaus genießbar. Die Auftritte von Christopher Lloyd, Ving Rhames und insbesondere David Hassellhoff sorgen für einige wohlverdiente Lacher und an Gore wird wieder nicht gespart, auch wenn die CGI-Effekte hier eine Spur schlechter sind als im ersten Teil. Auch bei den 3D-Effekten verhält es sich nicht anders, wobei die dritte Dimension hier trotzdem in einigen Szenen lobenswert ist. Insgesamt wird hier genau das geboten, was man nach der Sichtung des Trailers erwartet. Das hier ist American Pie meets Gore-Horror. Wie der erste Film, nur eben schlechter. 2,5/5

Bisherige Ausgaben:

Tag 1

Tag 2

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