Am dritten Tag auf dem Fantasy Filmfest 2013 erwarteten mich fünf weitere Filme verschiedenster Genres – es wurden Action, Horror, schwarzer Humor, Vampire und Nazi-Monster (nicht der menschlichen Sorte) geboten. Diese Breite an unterschiedlichen Themen hat dabei geholfen, dass trotz der Tatsache, dass ich nun 16 Filme innerhalb von drei Tagen im Kino gesehen habe, immer noch keine Langeweile und Abstumpfung aufkam. Anstrengend bleibt es aber nichtsdestotrotz.
TAG 3
John Cusack als knallharten Actionhelden zu sehen, fällt ungemein schwer. Manche Schauspieler haben eben nicht die entsprechende Ausstrahlung, um überzeugend Profikiller zu spielen. In Ein Mann, ein Mord (OT: Grosse Pointe Blank) hat das noch funktioniert, weil der Film sich nicht ernst nahm. Das tut The Numbers Station aber schon. Darin spielt Cusack Emerson Kent, einen Agenten der CIA mit Lizenz zum Töten, der nach einem Auftrag, der aus dem Ruder geraten ist, nach England versetzt wird. Dort soll er, mitten in der einsamen Natur auf dem Gelände einer ehemaligen US-Armeebasis, die nun zu einem Zahlensender umfunktioniert wurde, auf eine begabte Kryptografin (Malin Akerman) aufpassen. Von dort sendet sie mittels Zahlenreihen verschlüsselte Botschaften an verdeckt operierende Agenten in allen Teilen der Welt. Alles läuft nach Plan und der traumatisierte Mann kommt langsam der schönen, aber etwas naiven Frau näher. Bis eines Tages eine Gruppe von Söldnern den Zahlensender attackiert…
The Numbers Station ist eine solide Sonntagnachmittag-Unterhaltung, wenn gerade nichts anderes im Fernsehen läuft und man zu faul ist, eine DVD/BluRay von einem besseren Film einzuwerfen. Wie gesagt, den Actionhelden kauft man Cusack einfach nicht ab, einen gebrochenen Mann schon eher, doch dazu hat der Charakter einfach nicht genug Tiefe, um wirklich mit ihm mitzufühlen. Auch Malin Akerman bleibt die ganze Zeit blass (und ich meine nicht nur die Hautfarbe). Einen Pluspunkt bietet das klaustrophobische Setting im Sende-Bunker, doch obwohl der ganze Film mehr oder weniger ein Rennen gegen die Zeit darstellt und unsere Hauptcharaktere in stetiger Gefahr sind, kommt trotzdem nie viel Spannung auf. Am Ende bleibt der Film relativ überraschungsfrei und zum Teil auch zu simpel, um aus der Masse ähnlicher Filme wirklich herauszuragen. 2,5/5
Mein erster Gedanke nach der Sichtung von Haunter war: "Warum ist Vincenzo Natali immer noch kein erfolgreicherer Regisseur?!". Seit seinem fehlerbehafteten aber dennoch faszinierenden Regiedebüt Cube, hat der Kanadier mit dem Sci-Fi-Spionage-Thriller Cypher und dem Bioethik-Horrorfilm Splice – Das Genexperiment zwei richtige Genre-Perlen abgeliefert (seinen Nothing habe ich leider noch nicht gesehen). Auch mit Haunter bestätigt er sein Image als ein innovativer Genre-Filmemacher, der spannende Geschichten auf interessante Art und Weise erzählt und altbekannte Themen und Motive im neuen Gewand präsentiert.
In Haunter spielt Abigail Breslin die junge Lisa, die einen Tag vor ihrem 16. Geburtstag steht. Zu blöd nur, dass es sich so bereits seit vielen Jahren verhält. Lisa und ihre Familie sind nämlich tot, in ihrem Haus gefangen und erleben denselben Tag immer wieder aufs Neue. Sie versucht jedoch, hinter das Geheimnis ihrer Situation zu kommen und kontaktiert dazu die Welt der Lebenden. Mit Schrecken stellt sie fest, dass ihr Mörder immer noch da draußen ist und obwohl sie bereits tot ist, ist sie von ihm nicht sicher.
Der erste Akt des Films erinnert sehr an eine Mischung aus Und täglich grüßt das Murmeltier und The Others , später kommen noch deutliche Elemente aus Nightmare on Elm Street zum Tragen. Dennoch erschafft der Film sich seine eigene Identität und wirkt stets frisch. Einen (ernsthaften) Film wie diesen, in dem das gesamte Geschehen aus dem Blickpunkt eines Geists erzählt wird, habe ich bislang nicht gesehen. Beetlejuice, Ghost und Casper haben sich dem Thema zwar auch schon angenähert, doch es waren allesamt keine wirklichen Horrorfilme. Es gibt natürlich noch The Others, doch im Gegensatz zu dem Film ist dem Hauptcharakter von Haunter ihre Situation immer bewusst. Damit hat Natali tatsächlich dem altbackenen Geisterhaus-Genre neue Aspekte abgewonnen und dem Ganzen auch eine sehr unheimliche Gruselatmosphäre verliehen. Nur das Ende wirkt dann doch etwas zu "einfach" und klischeehaft, doch dem Gesamtvergnügen tut es keinen Abbruch. Breslin beweist in der Hauptrolle, dass sie ihre Little-Miss-Sunshine-Tage hinter sich hat und ein großes Potenzial als junge erwachsene Darstellerin besitzt. 4/5
Trish (Kristy Oswald) freut sich auf ein romantisches Wochenende in der Normandie mit Mike (Jamie Parker). Dort will sie ihm die Nachricht verkünden, dass sie von ihm schwanger ist, in Hoffnung, dass ihre Beziehung nun endlich offiziell sein kann. Mike hat allerdings andere Pläne. Er hat eine Fähre früher von England genommen und im lokalen Supermarkt schon mal eine Schaufel und eine Spitzhacke besorgt, um das Verhältnis zu Trish auf eine wenig versöhnliche Art zu beenden. Er ist nämlich verheiratet, seine Ehefrau erwartet ebenfalls ein Kind von ihm und zu allem Übel ist er auch noch Trishs Lehrer. Im Ferienhaus angekommen, finden die beiden einen bewusstlosen (aber quicklebendigen) Kriminellen vor und neben ihm eine Tasche voller antiker Goldmünzen. Mike wittert eine Chance auf Reichtum, Trish die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft und schnell wird die Schaufel dazu eingesetzt, ein Grab für den (totgeglaubten) Räuber auszuheben. Jener ist aber über die Entwicklung gar nicht begeistert. Als wäre das Ganze nicht kompliziert genug, entpuppt sich der Verbrecher als ein ganz ansehnlicher junger Kerl, der Trish schöne Augen macht. Außerdem haben es auch die örtlichen Gendarme auf das Gold abgesehen.
Allein vom Lesen merkt man, dass das Rezept für eine schwarze Komödie hier perfekt ist und dass bevor der Film vorüber ist, der eine oder andere Charakter ins Gras beißen wird. Das Problem ist aber, dass bei all der Kurzweiligkeit man trotzdem stets das Gefühl hat, es bereits gesehen zu haben, und zwar besser und böser. Für eine schwarze Komödie kommt Dirty Weekend nämlich bis auf ganz wenige Momente doch ziemlich harmlos und "nett" daher und sehr schnell weiß man, wie alles ausgehen wird. Kurz vor dem Schluss bekommt man als Zuschauer das Gefühl, dass der Film einem das vermutete Ende doch vorenthält und eine deutlich düstereren Weg einschlägt, doch dann wird durch eine erzwungene Plotwendung alles wieder "zurecht gebogen". Die beiden Hauptdarsteller und Pierre Perrier asl Krimineller, dessen Wortschatz in der ersten halben Stunde nur aus "Merde!" besteht, machen ihre Arbeit ganz ordentlich, aber mehr Biss hätte dem Film gut getan. 3/5
Neil Jordan, der oscarprämierte Regisseur von Interview mit einem Vampir kehrt nach 18 Jahren mit Byzantium zur Vampirthematik zurück. Gemma Arterton und Saoirse Ronan spielen Mutter und Tochter, die sich als Schwestern ausgeben. Beide sind Vampire, über 200 Jahre alt. Den beiden sind Mitglieder einer geheimen Vampirgesellschaft auf den Fersen, die die beiden vernichten wollen. Denn die Vampire in dieser Welt sind eine Bruderschaft, ohne Zutritt für Frauen. Clara (Arterton) hat ihren Vampirismus im wahrsten Sinne des Wortes gestohlen. Ein noch größeres Verbrechen in den Augen der männlichen Vampire beging sie aber, als sie ihre Tochter Eleanor (Ronan) Jahre später auch "erschaffen" hat – denn Frauen ist es strengstens verboten, Vampire die "Gabe" weiterzugeben. So ziehen die beiden von Stadt zu Stadt, ohne Bindung, ohne Freunde. In einem Küstenstädtchen betreibt Clara in einem heruntergekommenen Hotel namens Byzantium ein Bordell. Eleanor lernt derweil einen todkranken Jungen (Caleb Landry Jones) kennen, dem sie sich nach und nach anvertraut. Ein fataler Fehler für alle Beteiligten…
Die Vampirthematik ist heutzutage wirklich abgedroschen, deswegen gebührt Jordan hier Respekt, dass er dem Stoff tatsächlich noch einige wenige interessante Seiten abgewinnen konnte. Mit Ronan und insbesondere Arterton hat er bei der Besetzung einen Volltreffer gelandet. Wie schon in The Disappearance of Alice Creed kann Arterton hier zeigen, was sie drauf hat, wenn sie nicht gerade als Augenweide im neusten Hollywood-Blockbuster eingesetzt wird. Im Gegensatz zu Interview mit einem Vampir fokussiert sich Byzantium auf die Frauen und deren Rolle im Vampirmythos. Damit fungiert der Film als ein wenig subtiles Emanzipationsstück, bei dem eine Frau ihr Schicksal nach langer Unterdrückung endlich in ihre Hände nimmt. Die größte Stärke zeigt Jordan bei der visuellen Gestaltung des Films. Die Bilder von blutroten Wasserfällen auf einer nebligen Insel gehören zu den beeindruckendsten, die ich dieses Jahr im Kino gesehen habe. Leider bleibt der Film über lange Strecken zäh und distanziert und Caleb Landry Jones' Charakter überzeigt nie genug, dass man Eleanors Entscheidung sich ihm zu öffnen wirklich nachvollziehen kann. Dennoch ist es ein solider Film, doch mit einer anderen dramatischen Vampir-Perle vom Fantasy Filmfest, So finster die Nacht, kann er nicht mithalten.
3/5
Wer denkt, im "Found Footage"-Bereich der Horrorfilme schon alles gesehen zu haben, wird von Frankenstein’s Army eines Besseren belehrt. Wie wäre es denn mit einem "Found Footage"-Film aus der Sicht eines sowjetischen Armeetrupps auf dem Vormarsch im Nazi-Deutschland, bei dem sie auf Kreaturen eines Nachfahren von Dr. Frankenstein stoßen?! Es muss wohl auch ein Zeitreisefilm sein, denn bei der Bildqualität und der offensichtlichen Handlichkeit der Kamera, muss sie aus moderner Zeit stammen!
Leider könnte die Entscheidung, diesen Film mit Handkamera zu drehen und im "Found Footage"-Format zu präsentieren, nicht falscher sein und kostet dem Film mindestens einen halben Punkt. Nicht nur, dass es bei Frankenstein’s Army noch weniger Sinn als sonst macht, dass jemand die Geschehnisse immer mitfilmt, die Wackelkamera schadet auch dem Gesamterlebnis hier und es gibt wirklich keinen Grund, warum man den Steifen nicht einfach auf ganz altmodische Art und Weise präsentieren konnte. Ansonsten handelt es sich bei Frankenstein’s Army um einen überraschend gelungenen Nazi-Horror-Vertreter, mit Karel Roden als durchgeknallten Wissenschaftler. Wer einen neuen Dead Snow erwartet, wird enttäuscht sein, denn Frankenstein’s Army nimmt sich, bis auf einige wenige Momente, durchaus ernst. Umso schockierender, dass er tatsächlich funktioniert. Schließlich ist es ein Film, in dem Kreaturen mit Propellern statt Köpfen durch die Gegend taumeln. Dennoch baut der Film in einigen Momenten (nicht wegen, sondern trotz "Found Footage"-Herangehensweise) genuine Spannung auf. Die Schauspieler sind, bis auf Roden, alle entbehrlich und keine Erwähnung wert, denn die wahren Stars sind hier die überaus kreativen Monster, die genau so gut dem Silent-Hill-Universum entstammen könnten. Das Beste an der Sache – auf CGI-Effekte wurde fast vollständig verzichtet, sodass hier gute handgemachte Arbeit zum Einsatz kommt, was angesichts der wirklich zahlreichen Monster-Variationen besonders gut kommt. Ein Bohrer statt Gesicht? Propellerkopf? Zangenarme? Ein Topf mit menschlichen Beinen? Hier wurden den Machern beim Kreaturen-Design wirklich keine Grenzen gesetzt – viel Lob dafür. Wenn jezt doch nur das dämliche "Found Footage" nicht wäre… 3,5/5
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